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  • Beitrag zuletzt geändert am:Januar 25, 2025
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Australien 2024: Reisetagebuch

6. - 12. Mai

Carnavon - Cheela Plains Station - Harmesley Gorge - Nullagine - Marble Bar

 

Das Wichtigste in Kürze:

Wir verlassen ungern Carnavon und erreichen in einem Kraftakt die Cheela Plains Station 550km nördlich. Hier verbringen wir zwei gemütliche Tage und geniessen die Kochkünste des Gastgebers. Der Karijini NP ist nur teilweise offen, so besichtigen wir die bildhübsche Harmesley Gorge und werden dort von Orden von gleichgültigen Touristen überrannt. In Nullagine nehmen wir die Skull Springs Road unter die Räder und tauchen währen 140 km in die Goldgräbergeschichte von 1886. Endlich in Marble Bar angekommen, versuchen wir erfolglos Gold zu suchen. Die Pioniere und die, die nach ihnen kamen haben leider eine saubere Arbeit geleistet.

 

 

6.5. – Carnavon – Cheela Plains Station
Wetter: Blauer Himmel bei 32°C

Hannibal voll zu tanken ist jedes Mal eine Grenzerfahrung … wenn uns der Tankwart die Rechnung in die Hand drückt. 180 Liter sind eine Menge Treibstoff und … die hinterlassen ein ansehnliches Loch im Portemonnaie.

550 km spulen wir heute ab, um zur Cheela Plains Station zu gelangen, die rund 170 km von Tom Price, dem Tor zum Karijini NP, entfernt liegt.

Neben dem schönen und gepflegten Camping soll es hier einen interessanten 4×4-Track durch das Farmgelände, das schlappe 188 501 ha gross ist (was 20% der Fläche der Schweiz ausmacht! … oder mehr als die Hälfte des Kantons Tessin), geben. 

Als wir um 17.15 Uhr müde ankommen, werden wir von einem älteren engagierten Herrn namens Toni warm empfangen. Da wir zwei Tage bleiben, wählt er für uns einen schattigen Platz und empfiehlt uns gleichzeitig ein Nachtessen im Café von Cheela Plains. Nach dem heutigen Kraftakt lassen wir uns nur allzu gern verwöhnen und gönnen uns am Abend ein sehr leckeres Nachtessen. Es hat definitiv das gewisse Etwas, das einen begabten Koch in der Küche vermuten lässt. 

Cheela Plains Station
Cheela Plains Station

 

7.5. – Cheela Plains Station – 4×4 Track
Wetter: Blauer Himmel bei 32°C

Mit etwas Zeit kann man die Geheimnisse der Natur auch in der sogenannten Einöde entdecken – und es lohnt sich.

Neben brachialen Wasserfällen führt unser Weg durch trockene Flussbetten mit dichter Vegetation und zum Teil hat es sogar etwas Wasser und ab und zu streckt uns eine Pflanze ihre Blüten entgegen. An einer Wasserpfütze herrscht ein reges Treiben unterschiedlicher Vögel.

Die Bäume der Auenwälder widerspiegeln sich hübsch mit den roten Felswänden im Wasser. Magische Bilder entstehen. Was ist echt, was nur eine Reflexion? Ein wunderbares Traumwandeln und was für ein Luxus, wir haben diese reiche Natur fast für uns alleine, während 6 Stunden treffen wir nur auf ein weiteres Paar.

Am Abend stossen Fabrizio und ich bei einem feinen Abendessen im Café der Station auf unseren 20-sten Hochzeitstag an, er hätte nicht schöner sein können.

 

8.5.- Karijini NP – Hamersley Gorge
Wetter: Blauer Himmel bei 27°C

Wir sind noch unschlüssig, ob wir den Karijini NP besuchen möchten oder nicht. Auf der offiziellen Internetseite des Parkes sind 4 «Park Alerts» aufgeschaltet. Diverse Zufahrtstrassen und Lookouts sind zurzeit gesperrt. Unterhaltarbeiten sind im Gange und dauern voraussichtlich bis Ende Mai. In Tom Price versuchen wir uns, beim Visitor Centre über die Lage im Karijini NP schlau zu machen. Die Lage ist so, wie auf der Internetseite beschrieben. Da die Campingplätze rege besucht sind und sie nur telefonisch zu buchen sind, entscheiden wir uns, den Park links liegen zu lassen und uns auf die Harmesley Gorge zu konzentrieren.

Hier transportiren gewaltige Züge das Eisenerz bis nach Port Headland
Hier transportieren gewaltige Züge das Eisenerz bis nach Port Headland

Willkommen in der Spassgesellschaft!

Die Hamersley Gorge haben wir uns vor 20 Jahren gerade mal mit einem Paar geteilt. Heute ergattern wir uns den letzten Parkplatz, weil ein Besucher gerade hinausfährt. Auf dem mit Schwierigkeitsgrad 4 (enthält Kletterpartien und unstabilem Untergrund) gekennzeichneten steilen Pfad in die Schlucht hinunter, kommen uns schwer keuchende Touristen mit Strandschuhen und Pflipflops entgegen.

Unten in der Schlucht erquicken sich Touristen – natürlich vorschriftsgemäss ohne Sonnenschutz – in traumhaft schönen Pools oder befinden sich barfuss auf halsbrecherischen Kletterpartien. Wir beobachten eine Familie (Vater mit Flipflops ausgerüstet … BMI 35, Mutter barfuss mit zweijährigem Kind auf dem Arm. Beide versuchen vergeblich, von einem sehr steilen und ausgesetzten Felsen herunterzuklettern. Die Mutter hält sich notdürftig mit einer Hand an der Felskante und versucht, das Kind auf der ihr gegenüberliegenden Felsplatte zu deponieren, sodass sie sich aus dieser misslichen Lage irgendwie befreien kann. Ihr Mann hat sicherlich bessere Momente in seinem Leben erlebt. Eine unüberlegte Bewegung und beide samt Kind werden ihre künftige Zeit in den ewigen Jagdgründen verbringen. Mit Hilfe einer jungen Touristin gelingt es beiden von der Felsplatte herunterzukriechen … ohne Schrammen. Kaum vom Schrecken erholt, wird ein Gummiboot mit einem Kompressor aufgepumpt und zu Wasser gelassen und mit Kind auf dem Bauch, die Beine über dem Bootsrand gelegt genüsslich ein Bier geschlürft, der Inbegriff eines paradiesischen Aussie-Tages.

Trotz dem ganzen Rummel sind wir beeindruckt von den Kräften, die hier vor Jahrmillionen gewirkt haben: Die Sedimentschichten wurden unter hohem Druck einem Blätterteig gleich gefaltet. Angesichts dieser brachialen Natur fühlen wir uns klein und unbedeutend. 

Bei Wittenoom, einer ehemaligen Asbestmine, wurde die Strasse, die vor 20 Jahren noch durch das Minengebiet führte, definitiv abgeriegelt. Schon einige Kilometer vorher wird der Passant gut australisch mit einer Abfolge von Schildern gewarnt. Wären da nicht diese Warnschilder, kämen wir vor lauter Fotostopps kaum vorwärts. Die mit Spinifexgras durchsetzten dunklen Berge sind äusserst fotogen und das Licht bombastisch.

Das Outback bereitet uns einige Überraschungen
Das Outback bereitet uns einige Überraschungen

 

9.5.- Nullagine
Wetter: Blauer Himmel bei 28°C

Die 242 km Fahrt vom Auski Roadhouse nach Nullagine ist landschaftlich nicht spektakulär. Doch sie führt uns den Gigantismus des heutigen Bergbaus vor Augen. Wie Wühlmäuse bohren sich in Western Australia die Minengesellschaften durch die Erde. Aufgrund der hohen Rohstoffpreise findet aktuell ein eigentliches Revival des Minings statt. Wurden früher Gold, Kupfer, Asbest, Jade … abgebaut, ist es heute vor allem Eisenerz, das nach China exportiert wird. Riesige Arbeiter-Containersiedlungen und Flugplätze wurden „in the middle of nowhere“ aus dem Boden gestampft. Die Strassen wurden für die Roadtrains (bis zu 120 m lang) verbreitet, viele einstigen Pisten geteert oder in für zweirad-getriebene Fahrzeuge geeignete Gravelroads ausgebaut. Für den Transport des Erzes wurden neue Eisenbahnschienen verlegt. Es herrscht Bonanza-Stimmung!

Nullagine, eine Stadt, die während des Goldrushes (1895 – 1915) ihren Höhepunkt mit 3000 Einwohnern hatte und heute ein typisches Outback-Kaff mit nicht einmal 150 Einwohnern ist, hat sich im Vergleich zu unserem ersten Besuch (2004) herausgeputzt, so gibt es einen hübschen Picknick-Platz, ein fröhlich koloriertes Pub und sogar einen General Store. Profitiert es bereits vom Bergbauboom? 

Da der Campingplatz wenig einladend ist, um hier den Nachmittag zu verbringen, ziehen wir weiter und beginnen die Skull Springs Road.

 

9.5.- Skull Springs Road
Wetter: Blauer Himmel bei 28°C

Minengesellschaften sei Dank sind die ersten ca. 30-40 km Piste gut ausgebaut. Interessante Seitenstrassen sind mit einem No-Access-Schild versehen und nur für Minenarbeiter zugänglich. Doch auch von der Ferne ist die Landschaft äusserst pittoresk.

Und dann, was von weitem schön aussieht, wird bei näherem Hinsehen – juhu, die Zugangsstrasse zu einer aufgegebenen Mine ziert keine Verbotstafel – spektakulär und ein äusserst ergiebiges Fotomotiv.

Als wir die letzte aktuell betriebene Mine hinter uns lassen, wird die Piste schmäler, die Natur noch beeindruckender und unsere Fahrt zu einem ständigen Stop-and-Go. Dies ist unsere Idealvorstellung von Outback. 

Kurz vor Sonnenuntergang suchen wir uns einen geeigneten Platz für die Nacht – ca. 35 km vor unserem Tagesziel, der Skull Spring, der Quelle des gleichnamigen Flusses.

Nach einem grandiosen Sonnenuntergang zählen wir unter einem ebenso beispiellosen Himmelszelt die Satelliten. Innerhalb weniger Minuten ist Fabrizio auf 12, eine eigentliche Himmelsautobahn befindet sich überall uns.

 

10.5.- Skull Springs Road – Day 2
Wetter: Blauer Himmel bei 30°C

Früh am Tag brechen wir auf. Die Quellen des Skull Rivers und der dazugehörige wilde Stellplatz sind nicht so aussergewöhnlich, dass sich eine Nacht hier gelohnt hätte. Aussergewöhnlich ist jedoch, dass der Fluss noch so viel Wasser führt und dass das Gesamtbild der Natur sehr Grün ausfällt. Bis jetzt haben wir das Outback von Westaustralien vor allem mit rot bis dunkelroten Bergen, einmal mit mehr und einmal mit weniger gelbem Spinifex-Gras durchsetzt erlebt. Die Grundnote war Rot-Gelb.

Heute werden wir jedoch von sehr dunklen, beinahe vegetationslosen Hügeln und grauen wie an einer Kette aufgereihten Tafelbergen überrascht, ein Spektakel. Vor allem diese Gegensätze von üppig zu mager sowie von lieblich zu brachial machen den Reiz von Australien aus. Dazu kommen die für uns immer wieder überraschenden Distanzen und die dünne Besiedlung im Landesinnern. 86 % der 26 Millionen Aussies leben in Städten.

Nach 290 km kommen wir am späten Nachmittag in Marble Bar an, einem kleinen Ort, der auch zu den bekannten historischen Städten des Goldrushs Ende des 19. Anfang des 20. Jahrhunderts gehört. Auch hier ist die Bevölkerung seit ihren Glanzzeiten um mehr als 90% geschrumpft, aktuell 410 Einwohner.

Carawine Gorge
Carawine Gorge


10.5. – Carawine Gorge

Wetter: Blauer Himmel bei 30°C

Carawine Gorge, eine beeindruckende Schlucht mit einem gewissen Bekanntheitsgrad. Für unseren Geschmack haben bereits am frühen Nachmittag zu viele wilde Campers ihre Zelte aufgeschlagen. So geniessen wir die Schlucht, um uns die Beine zu vertreten und fahren dann weiter bis Marble Bar.

 

11.5. – Marble Bar – Golprospecting
Wetter: Blauer Himmel bei 30°C

Mit viel Hoffnung startet Fabrizio in den Tag.Diesmal bleibe ich beim Auto zurück, widme mich Polarsteps und der künftigen Reiseplanung.  Ab und zu schaue ich in die Ferne und suche Fabrizios Gestalt. Ich sehe ihn, aber höre keine Pickel- oder Grabgeräusche.

Was ist da los? Eben nichts verrät er mir, als er für eine Pause zurückkehrt, nicht mal Metallabfälle aus früheren Zeiten. Dies wird sich jedoch bei den nächsten beiden Standorten ändern. Die Antwort bei seinen nächsten Versuchen lautet auf meinen fragenden Blick „NICHTS, ausser dem allgegenwärtigen Abfall: Konservendosen, Bierdosen, Nägel, Fässer, Gewehrkugeln, Bleischrot … „

Ein klein wenig enttäuscht, aber dennoch glücklich kehren wir zum Campingplatz zurück, wo uns die Betreiber schon neugierig erwarten. Sie haben uns gezeigt, wo das für alle zugängliche Gelände zum Goldsuchen ist. „So ist das eben“ ist ihr Kommentar, „nicht jeder Tag ist ein Nugget-Tag!“ … und nicht jeder Morgen hat Gold im Mund unsere Schlussfolgerung. Und übrigens die professionellen Goldsucher sind fast immer skinny (mager), mit einem Bodymassindex unter 20. Dies sagt eigentlich schon fast alles über die Ergiebigkeit der heutigen Goldfelder in WA.

 

12.5. – Marble Bar
Wetter: Blauer Himmel bei 31°C

Sonntag – kein Ruhetag, sondern Putz- und Waschtag. Hannibals Innere ist verstaubt. Die vielen Bulldusts (feiner und pudriger Staub) dringen durch jede Ritze und haben sich vor allem im rückwärtigen Bereich festgesetzt. So räumen wir die Eingeweide aus, stauben alles in gut schweizerischer Manier gründlich ab, suchen nach dem „Staubleck“, finden es und dichten es mit einem Plastiksack und Panzertape ab.

Erst am späten Nachmittag schaffen wir es, uns die Beine etwas zu vertreten. Die „Hauptstrasse“ von Marble Bar ist bis auf ein paar Hunde und eine Aborigines-Familie verlassen. Das Pub im Iron Clad Hotel ist noch geschlossen und so ist wenig los. Die paar kurzen Strassen, die diesen heute verschlafenen Ort ausmachen, sind schnell erkundet. Von der einstigen Stadt mit 5000 Einwohnern ist wenig geblieben, nur das stattliche ehemalige Regierungsgebäude aus dem Jahre 1896 zeugt noch vom Glanz der vergangenen Zeiten.

Heute ist Marble Bar vor allem als heisseste Stadt Australiens bekannt. 

 

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