Unsere Route: Stand 16.08.2023
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Unterwegs seit: 15 Tagen
Gefahrene km: 758 km
Montenegro: Grenzübergang Bozaj – Zabljak – Bosnische Grenze
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04.08. – 09.08.23, Shkodra (Albanien) – Plav (Montenegro)
Das Wichtigste in Kürze:
Wir verlassen Albanien und betreten wieder einmal ein Land, das wir überhaupt nicht kennen: Montenegro. Am Rikavačko Jezero See staunen wir über die atemberaubende Berglandschaft. Das Wetter meint nicht gut mit uns. Während drei Tage regnet es in Kübel und wir suchen Schutz in einer kleinen Hütte auf dem Eko Katun Koljievka und frieren uns dabei die Knochen ab. In Plav sitzen wir in einem gemütlichen Holzhaus das schlechte Wetter aus.
04.08.23 Shkodra – Rikavačko Jezero See
Wetter: Sonnig und heiss.
Temperatur: 18 – 27°C
Wir verlassen Shkodra (Albanien) und betreten wieder einmal ein Land, das wir überhaupt nicht kennen: Montenegro. Um 10:00 Uhr morgens stauen sich bereits unzählige Personen- und Lastwagen vor den Schranken des montenegrinischen Zolls von Hani i Hotit. Die Formalitäten sind relativ schnell erledigt. Nach ca. 25 Minuten werden wir „frei gelassen“.
Die ersten Eindrücke entlang der Strasse: überall wilde Abfalldeponien, chaotische Siedlungen, viel Verkehr und das berühmte Doppelparken im Zentrum …
In Tuzi besorgen wir uns eine neue SIM-Karte und tanken Hannibal auf. dann geht’s ab auf eine von Fabrizio zusammengestellte Route. Unser heutiges Ziel ist der Rikavačko Jezero See, ein kleiner Bergsee, der an der süd-östlichen Grenzen des Nature Park Komovi liegt.
Östlich von Tuzi folgen wir dem Fluss Cijevna bis zum Dorf Korita. Im Dorf Seliste verlassen wir die schmale geteerte Strasse und tauschen sie mit einer steinigen und sehr holprigen Piste aus. Im Schritttempo überwinden wir auf den nächsten fünf Kilometern knapp 500 Höhenmeter. Die Natur um uns herum ist sehr trocken. Wir riechen diese Trockenheit förmlich. In Delaji zieht ein grosses Monument zur Ehre Mutter Theresas unsere Aufmerksamkeit auf sich: Ein gewaltiges weisses Kreuz und eine Jesus-Skulptur mit weit ausgebreiteten Armen (ähnlich der Christus-Statue vor dem Zuckerhut von Rio de Janeiro … nur wesentlich kleiner) verabschieden die Reisenden an der Dorfausfahrt.

Das wahre Highlight des Tages beginnt nach dem Dorf Korita, das aufgrund seiner Häuser mit farbigen Dächern uns stark an Island erinnert. Bald darauf tauchen wir tief ins hochalpine Karstgebirge ein, pflücken süsse Walderdbeeren und kommen entlang von sehr steinigen und holprigen Strassen immer wieder an gepflegten, noch bewirtschafteten Alpen vorbei.
Am Rikavačko Jezero (ein Bergsee) angekommen treffen wir auf eine belgische Familie, die mit einem riesigen Offroad-Wohnmobil unterwegs ist. Wir wundern uns, wie sie es auf dieser teilweisen sehr ausgewaschenen und holprigen Piste bis hierher geschafft hat. Im Gespräch bestätig uns Evan, dass es ein Kraftakt gewesen ist und sie dabei den hinteren Unterfahrschutz beschädigt haben. Er befragt uns zum Zustand der Piste bis Korita und ob sie mit seinem Wohnmobil zu bewältigen sei. «Aufgrund der Überlänge eures Fahrzeugs, des in den steilen Passagen sehr lockeren Pistenuntergrunds und der engen Kurven müssen wir euch davon abraten, darüber hinaus wird es morgen stark regnen, was das ganze Unterfangen noch erschweren wird», antworten wir.
Als wir uns später zu Bett legen, läuft eine Gruppe Fischer an Hannibal vorbei. Sie werden bis spät in die Nacht mit Taschenlampen und Köder versuchen etwas an den Hacken zu kriegen. Ob sie dabei von Erfolg gekrönt waren, werden wir nie erfahren.
05.08.23 Rikavacko Jezero See – Eko Katun Koljievka
Wetter: Zu Beginn bewölkt, dann regnet es in Kübel.
Temperatur: 14 – 17°C
Die Nacht ist kühl gewesen. In regelmässigen Abständen haben starken Windböen uns aus dem Schlaf gerissen. Fabrizio steht sehr früh auf. Der Himmel ist bewölkt, die Berge sind bereits vom goldigen Licht der aufgehenden Sonne umhüllt. Diese perfekte Stimmung lässt nicht erahnen, dass knapp drei Stunden später sich die Himmelschleusen über uns öffnen werden. Im Bewusstsein, dass Regen im Anmarsch ist, bereiten wir schnell unser Frühstück vor, packen unsere Sachen ein und verlassen diesen sehr idyllischen Ort. Hinter dem Bergkamm donnert es bereit und einzelne Blitze kündigen an, dass etwas Nasses auf uns wartet.
Diese Wetterlage verlangt eine Planänderung. Wir entscheiden auf dem schnellstmöglichen Weg in die Zivilisation zurückzufahren. Nach etwa 1 1/2 Stunden erreichen wir ein schmales Teerband. Gerade als Fabrizio daran ist die Reifen wieder auf «Teerstrassen-Druck» aufzupumpen, beginnt es zu regnen. Der Regen wird immer heftiger und die Sicht verschlechtert sich stetig. Fast im Schritttempo erreichen wir die Hauptstrasse in Matesevo. Von hier folgen wir zuerst dem Fluss Drcka dann drehen wir links in Richtung Kralje ab. Der Regen lässt kaum nach und der Gegenverkehr auf dieser schmalen Bergstrasse ist heftig. Da die Montenegriner (wie die Albaner) kaum von der Strasse weichen, sind wir mit Hannibal gezwungen, an den Fahrbahnrand auszuweichen, was nicht ungefährlich ist, da neben der Trasse tiefe Entwässerungskanäle anschliessen…
Kurz nach Tresnjevik stoppen wir in einem kürzlich eröffneten Strassenkaffee. Wir bestellen zwei Cappuccinos und erhalten wenig später zwei Wienerkaffees mit Schlagrahm. «Das ist unser Special-Cappuccino» versichert uns der Besitzer als er unsere erstaunten Gesichter bemerkt. Speziell am Cappuccino ist am Ende nur der Preis, 5 Euro! Highlight des Strassen-Kaffees ist ein süsses Kätzchen (das Maskottchen des Hauses), mit dem wir gerne eine Runde Katz und Maus spielen.
Als wir in Kralje ankommen, haben wir unser heutiges Ziel noch nicht konkretisiert: Fahren wir bis nach Plav und suchen uns dort eine Übernachtungsmöglichkeit (mit diesem Regen ist Wildcampen wenig sexy) oder gehen wir irgendwo anders hin? Wir stoppen in einem Restaurant, das sich weit weg von der Hauptstrasse zwischen Forellenzucht-Becken versteckt hält. Wir sind die ersten Gäste. Wir bestellen Schweins- und Kalbssteak mit Pommes und bekommen je ein halbes Kilo Fleisch serviert.

Nach dem Mittagessen und mit vollen Mägen entscheiden wir, uns ein Zimmer auf einer Alp zu gönnen. Sabine recherchiert kurz im Internet und wir finden das Eko Katun Kolijevka, das nicht so weit weg von uns liegt. Kurz vor Berane fahren wir rechts weiter Richtung Lubnice. Nach knapp 5 km zweigt eine Piste rechts von der Hauptstrasse ab. Anfänglich ist sie geteert, danach wird sie holprig.
Die Gegend ist eine Augenweide, die Unterkunft sehr sehr einfach. Unser Häuschen ist knapp grösser als eine Hundehütte. Zwei Betten, ein Nachttischchen mit einer Batterie für die Versorgung einer Glühbirne und eine Tür mit Spalten, die dem eisigen Wind kaum Paroli bieten kann, bilden die vorhandene Infrastruktur. Eine gemeinsame Toilette und Dusche für die Gäste und die Gastwirtin (für Warmwasser muss vorher der Holzherd im Häuschen der Gastgeberin angefeuert werden) runden das Ganze ab. Eco im wahrsten Sinn des Wortes.
Das Gästehütten und das «Restaurant» werden während der Sommermonate von einer jungen Frau zusammen mit ihrem Sohn geführt. Sie ist ausgebildete Krankenschwester und arbeitet in diesem Beruf im Winter. Sie scheint von diesem Job genug zu haben, weil sie vom Leben auf der Alp (obwohl sehr anstrengend) nur so schwärmt.
06.08.23, Eko Katun Kolijevka – Tag 2
Wetter: Bewölkt und neblig, Regenschauer in regelmässigen Abständen
Temperatur: 10 – 15°C
Nach einer kühlen Nacht wird uns – wir sind immer noch in Decken eingepackt – ein deftiges Frühstück mit Wurst, Spiegelei und Käse draussen auf der Terrasse serviert. Die Sonne schaut ab und zu hinter ein paar nicht allzu dunkeln Wolken hervor und animiert uns zu einem kleinen Spaziergang zum idyllischen Pesica Jezero, einem Bergsee. Wir treffen auf Sportler, die scheinbar hier einen Bergmarathon absolvieren. Als sie an uns vorbeiflitzen nehmen wir kaum ihren Atem wahr.
Auf unserem Rückweg kommen wir nur sehr langsam vorwärts. Die süssen Blaubeeren sind eine zu grosse Verlockung.
Kaum sind wir bei unserem Häuschen zurück, beginn es kräftig zu regnen. Ein frischer Wind weht durch die mit etlichen Spalten versehene Tür. Wir verkriechen uns für den Rest des Tages unter die dicke Bettdecke.
07.08.23, Eko Katun Kolijevka – Plav
Wetter: Bewölkt und nebelig, am Nachmittag heftige Regenschauer
Temperatur: 10 – 25°C
Das Wetter hat sich kaum verändert. Heftige Böen fegen über die Bergkuppen. Wir sind verunsichert. Können wir unter diesen Bedingungen unsere geplante Almen-Tour «sicher» fortsetzen? Sind die Pisten nicht zu stark durch den Regen in Mitleidenschaft gezogen worden? Wir fragen die Gastgeberin, die uns von diesem Vorhaben abrät. «Sie haben die Pisten gestern gesehen … morgen können diese komplett anders aussehen» ist ihre plakative Antwort.
«Was machen wir jetzt?» fragen wir uns etwas aus dem Konzept geworfen. Wir müssen eine von den garstigen Witterungsverhältnissen besser geschützte Bleibe finden, um in Ruhe über die Weiterfahrt nachdenken zu können. In Berane machen wir uns auf die Suchen nach einer Bar mit WIFI. Nach einer langen «Irrfahrt» durch den starken Innenstadtverkehr und der vergeblichen Suche nach einem Parkplatz finden wir im Hotel Lukas einen angenehmen Ort, um in Ruhe einen Cappuccino zu trinken und mit Unterstützung der guten Internetverbindung einen Schlachtplan für die nächsten Tage zu entwickeln.
Wir entscheiden uns, nach Plav weiterzufahren, dort ein Ferienhäuschen zu mieten und das miserable Wetter auszusitzen. Vielleicht, wenn das Wetter wieder zu Vernunft kommt, werden die Pisten austrocknen und uns eine sichere Fahrt durch die wunderbare Landschaft erlauben.
Unterwegs besuchen wir das Monument of Victory (Spomenik na Jasikovcu). Eine ausserhalb von Berane liegende Gedenkstätte, die an die Tausenden von Soldaten und Zivilisten der Region erinnert, die während des Nationalen Befreiungskrieges (Zweiter Weltkrieg) ums Leben kamen.
08.08.23, Plav
Wetter: Dunkle Wolken am Morgen, Aufhellung gegen Mittag, Sonnenschein am Abend
Temperatur: 8 – 21°C
Das Ferienhäuschen ist für montenegrinische Verhältnisse sehr luxuriös und auch gemütlich. Der Blick über den Plavsko-See und die grünen Hügel hinweg ist magisch und beruhigend. Ebenso die im Garten gackernden Hühner.
So entscheiden wir am Morgen noch einen Tag länger zu bleiben und die Kochkünste der Gastgeberin zu testen. Sie wird uns am Abend eine Forelle zubereiten.
Nach einem gemütlichen Morgenessen machen wir uns zu Fuss zur etwa 4 km entfernten Kleinstadt Plav auf. Der Weg führt uns über bunte Wiesen am Waldrand und am blaugrünen See entlang. Im Zentrum angekommen herrscht das übliche Autochaos vor. Hochmotorisierte Montenegriner und Migranten verstopfen die Hauptstrasse, ein Schaulaufen der grossen Karren.
Schnellstmöglich flüchten wir in die Seitengassen auf der Suche nach dem historischen Wohnturm Redžepagića Kula, dessen Türe leider für uns verschlossen bleibt. Zuerst sichten wir aber den steil zum Himmel aufsteigenden Turm der Moschee Redzepagica, die wie der Wohnturm von den Osmanen errichtet wurde.
Vom historischen Plav, das bis 1913 zum osmanischen Reich gehörte, ist nur noch wenig erhalten. Die alten Häuser sind meistens unbewohnt, scheinen wenig Beachtung zu erhalten und sind von fertigen oder halbfertigen Neubauten umgeben.
Auf dem Weg nach Hause treffen wir auf die eine oder andere Kuriosität: Was hat der Gepard aus Beton bei der Eingangspforte zu suchen oder wie viele Waschmaschinen braucht ein Einfamilienhaus oder warum ziert den Geschäftseingang das Schild «Waffen tragen verboten»?
Jetzt sind wir Zuhause und warten gespannt auf die Forelle. имају добар оброк.

08.08. – 17.08.23, Plav – Kolesin – Zabljak
Das Wichtigste in Kürze:
Wir entdecken die Katun Road, ein Netzwerk von Pisten und Wanderwegen, das die Bergweiden (Almen) miteinander verbindet. Wir übernachten inmitten von wilden Kräutern (Origano, Salbei, Minze) und geniessen ein paar schüttelfreie Momente sowie einen schönen Sonnenuntergang. Wir fahren durch den Biogradska Gora National Park durch dichte Nadelwälder und treffen auf ein Holzercamp mit zwei mit Baumstämmen beladenen LKWs (was uns traurig stimmt). In Kolasin kämpfen wir uns hoffnungslos durch den wilden Verkehr und entdecken eine einsame Kirche hoch über den Wolken. Im idyllischen Camp Lipovo tanken wir unsere Kraftreserven auf und fahren danach in Richtung Zabljak und den Durmitor Nationalpark. Die Hochlandpisten rauben uns mit ihren Schönheit Sprache und Verstand.
08.09. – 10.08.23, Katun Road (Plav – Murino – Berane – Tresnjievik – Camp Janketic)
Wetter: Das Wetter bleibt unstabil. Am Morgen scheint die Sonne, am Nachmittag verdichten sich die Wolken. Glücklicherweise bleibt der Regen aus.
Temperatur: 6 – 20°C
Nach langem Warten wagen wir uns in die Berge. Das Befahren von Teilen der Katun Road, ein Netzwerk von Pisten und Wanderwegen, dass die Bergweiden (Almen) miteinander verbindet, steht bei uns hoch oben auf der Prioritätenliste. Unklar ist, ob diese Pisten nach den ergiebigen Regenfällen noch «sicher» befahrbar sind. Unsere «Schlammloch-Steckenbleiben-Erfahrung» von Albanien sitzt uns immer noch tief in den Knochen.
Wir verlassen Plav Richtung Murino und die Sonne scheint uns, «wünsche euch viel Glück!» zu sagen. Von Murino steigt eine Waldstrasse den Berg hinauf. Sie ist sehr eng und holprig, scheint aber den Regen gut überstanden zu haben. Wir treffen auf wenige Schlammlöcher (nicht tief und mit festem Untergrund). Auf knapp 1500 m ü. M. weichen die Wälder den Wiesen und die Sicht in die Ferne ist wunderschön. Bereits haben sich einige Schleierwolken gebildet. Die hohe Bodenfeuchtigkeit verdampft unter der Sonne sehr schnell. Wir treffen auf die ersten Katuns, alte Holzhäuser am Pistenrand. Menschen sind keine zu sehen. Das Gebimmel von Kuhglocken in der Ferne und frisch angelegte Heuhaufen zeugen davon, dass hier das Land noch bewirtschaftet wird.
Unternehmungsfreudige Bauern haben neue Holzhütten für die vorbeilaufenden Wanderer oder Offroader gebaut in der Hoffnung, dass jemand Halt macht. Die Umgebung erinnert uns wage ans Napfgebiet, hügelig und sanft. Hier fühlt sich Sabine ganz heimisch. Kindheitserinnerungen werden wach. Wie ein Schachtbrett alternieren sich Weiden und Wälder. Die Piste zieht sich wie ein riesiger Reissverschluss über den Bergkamm.
Wir verlassen den Hügelkamm, nachdem wir weitere mehr oder wenig gut unterhaltene und entwickelte Katuns durchquert haben und fahren wir hinunter ins Tal. Ein dichter Buchenwald mit riesigem Baumbestand und Farnteppichen sowie das Rauschen von kleinen Bächen begleiten uns. Unten angekommen stoppen wir für das Mittagessen im Ethno village Oka i po. Rindssuppe, gemischter Salat, geschmortes Kalbsvoressen und eine gute Portion Wein bringen uns wieder auf Touren für die Weiterfahrt. Die Portionen im Restaurant sind auch so grosszügig wie im Luzerner Hinterland.
Vom Dorf Kaludra aus steigt rechts eine steinige, enge, steile und ausgewaschen Piste zu weiteren Katuns hinauf. Wir werden so richtig durchgeschüttelt, was dem Verdauungsprozess sicherlich zugutekommt.
Um 17:00 finden wir neben der Piste einen schönen Übernachtungsplatz. Ein Geruch von wilden Kräutern (Origano, Salbei, Minze) lieg in der Luft. Hier packen wir unsere Stühle aus und geniessen ein paar schüttelfreie Momente und den schönen Sonnenuntergang. Die letzten aktiven Fliegen und Bremsen surren vor dem Sonnenuntergang geschäftig um uns herum. Sowie die Fliegen und Bremsen weg sind … sinkt die Temperatur merklich unter unsere Wohlfühlgrenze. Die Standheizung wird eingeschaltet und wir freuen uns über die wohlige Wärme!
Die Nacht war ruhig. Nur die Hunde eines nahgelegenen Katuns haben sich nach Sonnenuntergang noch lange miteinander unterhalten. Irgendwann wurde es still. Nur der fein an unsere Canva prasselnde Nieselregen begleitet uns durch die Nacht.
Und weiter geht’s. Wir erreichen am frühen Morgen die Hauptstrasse M5, die uns wieder nach Berane führt. Hier stoppen wir für einen Kaffee und gehen unser Programm nochmals durch – während unserer Zeit am Shkodra-See konnten wir von unseren deutschen Nachbarn Karo & Matthias interessante Informationen über weitere Pisten ergattern. Der Cappuccino hilft, unsere Gedanken zu sortieren. Trotz Wolken werden wir einen weiteren Abschnitt der Katun Road erkunden. Zuerst kräftigen wir uns jedoch im bekannten Dubirok Perovič oberhalb von Andrijevika, dann fahren wir das enge und kurvenreiche Teerband bis zum Trackbeginn in Tresnjievik hoch und müssen immer wieder dem halsbrecherischen Gegenverkehr ausweichen.
Dann nehmen wir eine Piste unter die Räder, die uns durch den Biogradska Gora National Park führt. Sobald wir auf die Naturstrasse abzweigen, wird es einsam. Wir fahren an Katuns vorbei und durch dichte Nadelwälder und treffen nur auf ein Holzercamp mit zwei mit Baumstämmen beladenen LKWs. Ein Kellner hat uns gegenüber diesbezüglich seinem Unmut Luft gemacht: „Dies ist ein Ausverkauf unserer Heimat an ausländische Firmen. Was bleibt uns, wenn der Wald abgeholzt ist?“ Wir fragen uns, was haben Holzfäller in einem Naturpark zu suchen …
Erst als wir die Talstation des modernen Ski-Resorts von Kolasin erreichen, treffen wir auf ein paar Menschen, unterwegs zu Fuss, auf Pferden oder auch Quads. Die Pistenautobahnen haben wir jedoch schon von weitem erkannt. Das Bild hat uns traurig gestimmt. Schöne Wälder wurden gerodet und tiefe Wunden in der Bergflanke bleiben zurück. Dazu passen auch die mit überhöhter Geschwindigkeit an uns vorbeisausenden Quads.
Hannibal meistert den darauffolgenden Anstieg zur Bergstation des Skigebiets – von 1600 auf knapp 2000 Höhenmeter – mit Leichtigkeit. Wir folgen der Hochebene und es ist bereits spät am Nachmittag als wir eine Bleibe für die Nacht finden müssen. Der Zufall will es, dass wir am gut ausgebauten Camp Janketic vorbeikommen. Der Campingplatz ist schön angelegt und offeriert sogar eine saubere, warme Dusche. Die Besitzerin ist sehr freundlich und hilfsbereit. Aber was noch uns mehr Freude bereitet, ist der geheizte Gemeinschaftsraum. Ein garstiger, kalter Wind fegt unablässig die Bergflanke hinunter. Etwas Wärme tut uns gut.
11.09.23, Camp Janketic – Kolasin – Camp Lipovo
Wetter: Das Wetter bleibt weiter unstabil. Am Morgen scheint die Sonne, am Nachmittag verdichten sich die Wolken. Glücklicherweise bleibt der Regen aus.
Temperatur: 6 – 20°C
Es ist Freitag und viele Wanderer sind bereits in ihre Bergschuhe gestiegen und sind unterwegs zu den Berggipfeln. Die Fahrt ins Tal hat es in sich. 14 sehr enge Kehren, bei denen wir reversieren müssen, und die viele Wanderer, die mit uns die Piste teilen, verlangen hohe Aufmerksamkeit und Rücksicht. Und trotz unserer umsichtigen und langsamen Fahrweise gibt es Motzer, die sich durch uns gestört fühlen … und eine griesgrämige Mine aufgesetzt haben. Gemeinschaftssinn und gegenseitige Toleranz adieu!
Vom Plan den Biogradsko Jezero See zu erkunden, lassen wir sehr schnell ab. Ein Meer von Autos belegt bereits alle verfügbaren und nicht verfügbaren Parkplätze. Hier herrscht mehr Verkehr als in Zürich zu Stosszeiten. Nichts wie weg.
Auch aus unserem Plan in Kolasin unsere Vorräte aufzustocken, wird nichts. Wir «quetschen» uns mit Hannibal durch den sehr dichten Stadtverkehr. Nicht gekennzeichnete Einbahnstrassen und Baustellen sowie schlecht oder in Doppelreihe geparkte Autos bringen Fabrizios Nerven zum Glühen. Wir verlassen Kolasin schnellstmöglich und versuchen, den Trackeinstieg zu finden, der uns zu einer abgelegenen Kapelle führen soll. Nach langem Suchen werden wir fündig. Ca. 10 km ausserhalb von Kolasin kurz vor dem Jezerine Ski Center Car Park zweigt rechterhand die von uns gesuchte Piste ab.
Zuerst durch dichten Wald, dann über Bergwiesen klettern wir mit Untersetzungen eine steile Bergflanke hinauf. Was folgt, haut uns förmlich um. Nichts für zarte Gemüter. Die Piste ist teilweise sehr steil und der Untergrund ist lose. Hannibal «scharrt» sich seinen Weg nach oben (anscheinend ohne Mühe). Die Sicht über senkrechte Felsenwände ist einfach majestätisch. Die einspurige Piste «klebt» regelrecht am steilen Berghang. Wir haben ein mulmiges Gefühl im Magen. Einfach geradeaus schauen und sich nicht ablenken lassen … was mit diesem Panorama einfacher gesagt ist, als getan. Noch eine letzte sehr steile Passage und dann … dann erreichen wir die Kapelle, die Teil des Frauenklosters Cirilovak ist. Wow … einfach nur noch wow!
Obwohl der Wind uns fast von der Bergkuppe fegt, geniessen wir das 360°-Panorama in vollen Zügen. Mensch, die letzten drei bis vier Kilometer Piste sind etwas vom Schönsten, was wir je erlebt haben.
Ab der Bergspitze geht es talwärts nur sehr langsam vorwärts. Einerseits ist die Piste anfänglich sehr steil mit losem Untergrund und andererseits sind die mit reifen Himbeeren vollbeladenen Himbeersträucher eine zu grosse Versuchung. Wir stoppen und lassen uns nur allzu gern verleiten!
Der Rest der Piste ist nicht besonders attraktiv. Das Frauenklosters Cirilovak ist geschlossen und wir können die Anlage nur von aussen betrachten. Die knapp 15 km bis Kolasin sind schnell zurückgelegt.
Genug Nervenkitzel für heute. Zeit zum Mittagessen. Im Restoran Vodenica, eine alte Wassermühle, bekommen wir bodenständiges Essen zu einem vernünftigen Preis. Der Service ist schroff, aber nicht unfreundlich.
Nachdem wir uns mit Früchten und Milchprodukten eingedeckt haben, fahren wir zum Camp Pilovo (ca. 7.5 km von Kolasin entfernt), ein idyllischer Ort inmitten einer Waldlichtung. Die Besitzer, ein junges Paar aus Holland, haben hier volle Arbeit geleistet. Eine schöne, saubere Anlage mit Gemeinschaftsraum, Cottages und viel Liebe zum Detail begrüsst uns. Hier bleiben wir die nächsten Tage und laden unsere leeren Batterien mit Sonne auf.
12./13.08.23, Camp Lipovo
Wetter: Das Wetter bleibt weiter unstabil. Am Morgen scheint die Sonne, am Nachmittag verdichten sich die Wolken. Glücklicherweise bleibt der Regen aus.
Temperatur: 12 – 24°C
Im idyllischen Camp Lipovo tanken wir unsere Kraftreserven für die letzte Etappe unserer Reise auf – wir werden spätestens in einem Monat wieder zuhause sein.
Wir unternehmen nur gerade eine Wanderung zu einer Höhle, tauschen unsere Erfahrungen mit einem coolen holländischen Paar mit ihrem Landi Caspar aus, aktualisieren Polarsteps, erledigen etwas Haushalt und schwatzen viel mit den jungen engagierten Camp-Besitzern. Sie haben vor vier Jahren die ersten zwei Cabins errichtet, die COVID-Pandemie überstanden und an ihrer Zukunft bzw. weitere Ferienhäuser gebaut. Trotz der harten Arbeit spüren wir ihren Enthusiasmus. Sie begegnen ihren Gästen mit natürlicher Freundlichkeit und Wärme.
Hier fühlen wir uns wohl.
14.08.23, Camp Lipovo – Zabljak
Wetter: Die Sonne scheint und es gibt Postkartenwetter. Im Hochland bläst eine garstige Bise.
Temperatur: 15 – 20°C
Wir verlassen Camp Lipovo und seine herzenswarmen Besitzer. Heute steht uns eine, für unsere Verhältnisse, sehr lange Offroad-Etappe von rund 70 km bevor. Diesen Tag werden wir lang nicht mehr vergessen. Was wir im Hochland antreffen, übersteigt unseren kühnsten Erwartungen. Eine Landschaft wie aus einem Märchenbuch. Schroffes Karstgebirge und goldgelbe Prärie: Soweit das Auge reicht, sanft im Wind wiegende, gelb leuchtende Grashalme.
Wir fahren an gepflegten Katuns vorbei und an gesunden Kuh- oder Pferdeherden. Noch gesund … eine Kuh beobachten wir, wie sie an einer achtlos weggeworfenen Plastikflasche kaut, ohje. Den wenigen Schafen, die in der ständig wehenden Brise stehen, wird das Fell zünftig zerzaust. Und dann sichten wir auf einem Hügel eine für uns und die Gegend überdimensionierte Kirche. Bei näherer Betrachtung stellen wir fest, dass die letzten Menschen hier vor einigen Jahrzehnten begraben wurden.
Die Piste ist steinig und so kommen wir nur langsam vorwärts. Dafür werden wir bei jeder Kurve aufs Neue vom Panorama überrascht.
Ca. 15 km von Zabljak entfernt treffen wir auf die Hauptstrasse. Im Dorf angekommen übernachten wir im lieblosen Auto Camp Kod Boçe.
15.08.23, Zabljak – Capetanovo See – Eagle’s Nest Ethno Village
Wetter: Die Sonne scheint und es gibt weiterhin Postkartenwetter. Im Hochland bläst eine garstige Bise.
Temperatur: 9 – 20°C
Die Wetteraussichten sind trüb. Heute Nachmittag werden heftige Regenschauer erwartet. Dann nichts wie los. Wir fahren bis Savnik, von hier sind es noch knapp 15 km bis wir rechts auf eine schmale Bergstrasse abzweigen. Nach 7 km beginnt eine gut ausgebaute Piste, die links an einem im Jahr 2015 errichtetem Windpark, vorbeiführt.
Wie gestern ist auch hier die Landschaft atemberaubend. Durch das Lichtspiel, das von der Sonne und der aufziehenden Bewölkung verursacht wird, scheinen die Berge und die Graslandschaft wie von einem anderen Planeten. Nach weitere 7 km geht die Piste in eine Teerstrasse über. So wie es aussieht, wurde diese Strecke vor kurzem bis zum Capetanovo Jezero asphaltiert. Dennoch bleibt das Panorama wunderschön. Oben am Bergsee angekommen treffen wir auf eine improvisierte Siedlung. Jeder der hier oben ein Stück Land besitzt, hat ein Restaurant, ein Cottage oder irgendwelche Übernachtungsmöglichkeit gebaut oder ist daran einen zu bauen und versucht aus der einzigartigen Lage, Kapital zu schlagen. Kein ansehnlicher Anblick.
Kurz nach unserer Ankunft beim Bergsee verdichten sich die Wolken zusehends. Der Himmel wirkt bedrohlich schwarz. Erste Donnerschläge sind zu hören. So wählen wir den gleichen Weg für die Rückfahrt. Ursprünglich wollten wir über eine Seitenpiste zurück nach Zabljak, das unsichere Wetter mahnt uns aber zur Vorsicht.
«Wo werden wir heute Nacht übernachten?» stellen wir uns irgendwann die Frage. «Wollen wir wirklich wieder nach Zabljak auf diesen lieblosen Zeltplatz zurückkehren? Welche Alternativen haben wir?» Sobald wir wieder über Telefonempfang verfügen, schaut Sabine nach einer valablen Möglichkeit.
Die Eagle’s Nest Ethno Village nach Savnik scheint unseren Auswahlkriterien am besten zu entsprechen. Darüber hinaus wird der Zeltplatz mit 4.9 von 5.0 Punkten bewertet. Als wir dort ankommen, regnet es wie aus Kübeln. Ein Holztor am Eingang ist geschlossen. Sabine macht sich zu Fuss auf die Suche nach der Rezeption. Nach ca. 5 Minuten bringt sie mir die «gute Nachricht»: «Von einer Ethno Village ist nichts zu sehen, sie muss erst noch gebaut werden, das Restaurant ist aber bereits geöffnet, das Campieren kostet 20 EUR, duschen können wir nicht aber der Zugang zu den Restaurant-Toiletten wird uns gewährt … und die Sicht über den Nevidio Canyon ist fantastisch». Und jetzt … was machen wir? Angesichts des strömenden Regens und unserer Müdigkeit, entscheiden wir zähneknirschend zu bleiben. Wir genehmigen uns ein gutes Nachtessen und ziehen uns danach in Hannibals Bauch zurück. Während der Nacht regnet es weiter. Uns ist dies egal.
16.08.23, Eagle’s Nest Ethno Village – Zabljak
Wetter: Am Morgen dichter Nebel, das langsam aber stetig der Sonne Platz macht.
Temperatur: 9 – 20°C
Wir durqueren heute den Durmitor Nationalpark. Eine 19 km lange und gut ausgebaute Piste steigt knapp 500 m vom Eagle’s Nest Ethno Village den Berg hinauf und führt uns schon wieder durch sensationelle Landschaften. Und schon wieder können wir uns nicht satt sehen. Mensch … in dieser Gegen hat die Natur ihr Bestes gegeben und ein Moment der Inspiration erlebt.
17.08.23, Zabljak
Wetter: Am Morgen dichter Nebel, der erst am Nachmittag der Sonne Platz macht.
Temperatur: 11 – 21°C
Wir bleiben noch einen Tag in Zabljak, nicht weil uns das Dorf gefällt, sondern weil wir einen Tag Pause benötigen. Die Eindrücke der letzten Tage waren einfach überwältigend. So mieten wir uns ein kleines Häuschen. Bis zum Bezug um 13.00 Uhr vertreiben wir uns die Zeit mit einer kurzen Wanderung entlang des Crno jezero (Schwarzsee), der zum Durmitor Nationalpark gehört.
Obwohl die Berge verhangen sind und das Wetter sich aufgrund des Nebels unfreundlich anfühlt, ist der Touristenaufmarsch gross und die Strassenseiten sind völlig zugeparkt. Auf dem Weg zum See hat es Verkaufsstände, die grösstenteils lokale Naturprodukte wie Pilze, Beeren und Eingemachtes anbieten.
Der Schwarzsee liegt idyllisch in einer Talsenke und ist von dichtem, dunklem Nadelwald umgeben. Das Wasser leuchtet je nach Lichteinfall türkis bzw. tiefgrün. Ein Kranz von weissem Sand umgibt das Ufer und setzt sich im Wasser fort. Hübsch, zu magisch fehlt die Sonne. Leider zeigt sich uns diese nicht, so bleiben auch die Berge des Durmitor Nationalparks nur eine Andeutung im Hintergrund.