Spanien 2021: Reisetagebuch
10. - 14. September
Cacerès - Cazorla
Das Wichtigste in Kürze:
Glauben, Kriegen und Konquistadoren haben Reichtümer angehäuft, die jenseits unserer Vorstellungskraft liegen. Die würden zur Finanzierung von Kirchen, Kathedralen und Städte eingesetzt. Was zurückbleibt sind die wunder-schönen Städten und Dörfer von Cacerès, Trujillo und Guadalupe.
In Trujillo degustieren zum ersten Mal wunderbaren Mandelgebäcks.
Freitag, 10. – Dienstag, 14. September: Cacerès – Guadalupe – Almagro – Cazorla
Wetter: Sonnig bei 22-32°C mit vielen schönen Wolken.
Es ist 03:00 Uhr nach Mitternacht und ich starre etwas entnervt die weisse Unterseite unseres Hubdaches an. Neben mir Sabine, die mit regelmässiger Atmung tief und ruhig schläft. Das laute Gebell eines Hundes hat mich aus dem Schlaf gerissen. Er kläfft ununterbrochen weiter und so tun es auch andere Hunde in der Nachbarschaft. Reden sie miteinander? Frage ich mich. Wenn man genau hinhört, gibt es unterschiedliche «Wau … Waus». Es gibt davon lange, eher wie ein Geheul, und kurze eher wie ein Hustenanfall. Lang … lang … kurz … kurz …. kurz etc. Es scheint eine Art Morse-Code. Da ich wach bin und es keinen Anschein hat, dass ich bald wieder einschlafe, lasse ich die letzten Tage wie die Perlen eines Rosenkranzes Revue passieren.
Cacerès ist der Wendepunkt. Wir wenden Hannibal’s Nase in Richtung Osten. Von hier werden wir uns langsam, aber stetig unserem Zuhause in Männedorf annähern. Wir möchten diverse Dörfer besichtigen und eine Piste befahren, die nord-östlich von Grenada beginnt und bis nach Teruel führen wird.
Wir verlassen Cacerès nachdem wir unserem Proviant wieder aufgestockt haben. Einen ersten Halt machen wir in Trujillo, dem Heimatdorf des Konquistadors Pizarro. Es ist eher Zufall, dass wir hier stoppen. Als wir uns dem Städtchen Trujillo von Westen her nähern, macht uns sein Erscheinungsbild neugierig. Es hat etwas «Biblisches» und erinnert mich an ein Bild, das bei meiner Grossmutter oberhalb des Bettes an der Wand hing. Es zeigte die Stadt Jerusalem auf einem Hügel, umgeben von Trockenmauern, prächtigen Gärten, Zypressen sowie Feigen- und Olivenbäumen. Wir laufen den Hügel hinauf und kommen aus der Bewunderung nicht mehr heraus. Welche prachtvollen Bauten! Diese wurden durch die Schätze, die Pizarro nach der Eroberung des heutigen Perus in seine Heimat zurückgebracht hatte, finanziert. Auf der «Plaza Mayor» thront er heute noch auf seinem Pferd in heroischer Pose.
Hätte ich fast vergessen! In einer Konditorei kaufen wir uns zwei typische Mandelgebäcke und staunen über dem Preis. Vier Leckereien für stolze 10 EU. Nachdem wir sie anbeissen, verstehen wir warum sie für spanischen Verhältnissen «teuer» erscheinen. Sie schmecken einfach himmlisch! Der Mandelteig ist zart und feucht, nicht allzu Süss und das Mandelaroma ist tiefgründig und gleichzeitig vielschichtig. Keine Spur von künstlichen Aromen. Das Handwerk hat auch hier in Spanien seinen Preis … unser Fazit.
Freitag, 10. September: Guadalupe
Wetter: Sonnig bei 22-32°C mit vielen schönen Wolken.
Gegen 14:00 Uhr verlassen wir Trujillo und peilen das Dorf Guadalupe in der «Sierrra der Villuercas» an. Hier wollen wir das prachtvolle Kloster «Real Monasterio de Santa Maria de Guadalupe» besichtigen, welches im 14 Jahrhundert erbaut wurde, nachdem einem Schäfer die heilige Maria in einer Vision erschienen war. Es handelt sich bis heute um eine der wichtigsten Pilgerstätten Spaniens. Wir ergattern noch zwei Eintrittskarte für die letzte geführte, einstündige Besichtigung um 18:00 Uhr. Was wir während der Führung zu Gesicht bekommen, macht uns sprachlos und gleichzeitig auch nachdenklich. Wir sind von den prachtvollen Dekorationen und den ausgestellten Reichtümern sowie Kunst- und Handarbeiten überwältigt. Uns bleibt die Spucke weg, als wir die mit Goldfäden durchwirkten und mit Diamanten besetzten Brokatstoffe der Priestergewänder, die feingearbeiteten Wandteppiche in einer Vielfalt und Vollendung, die ihresgleichen sucht, sowie die 50 kg schweren Gesangsbücher mit Seiten aus feinstem Kalbsleder bewundern.
Die Kehrseite … die ganze Pracht wurde Dank des Raubgutes, das aus kriegerischen Handlungen in der «Neuen Welt» stammte, finanziert. Ironie der Geschichte, die Reichtümer wurden später auch wieder veräussert, um Kriege zu bezahlen: Zur Optimierung der Kriegskasse wurden Edelsteine aus Talaren entfernt und verkauft und durch Halbedelsteine ersetzt.
So verdankt Trujillo seine Schönheit dem Verschwinden einer Kultur in Peru und das prachtvolle Kloster in Guadalupe ist den «Einkünften» aus kriegerischen Handlungen geschuldet. Zur selben Zeit lebten die meisten Bewohner der beiden Ortschaften in grösster Armut und Ignoranz.
Samstag, 11. September: Almagro
Wetter: Sonnig bei 22-32°C mit vielen schönen Wolken.
Dass wir in Almagro «vorbeigeschaut» haben, verdanken wir den schönen Bildern der «Plaza Mayor», die wir im Internet entdeckt haben. Sonst bietet die Stadt historisch und architektonisch gesehen nichts Nennenswertes. Aber die «Plaza Mayor» hat es in sich. Eine Reihe Gebäude mit grün eingerahmten Vorfenstern stehen der Plaza links und rechts Spalier. Sie sehen so aus wie die Seitenwände von alten Holzschiffen, die hier Aufgrund gelaufen sind. Es ist ein reger Personenverkehr auf der Plaza. Samstag ist «Ausgehzeit» und die Spanier haben sich «in Schale geworfen» und laufen in gemächliches Tempo die Plaza hinauf und hinunter. Insbesondere die Älteren tragen ihre besten «Stücke» zur Schau. Wir beobachten dieses Treiben wie üblich von einem Restauranttisch aus mit einem Glas Weisswein.
Da wir in Almagro sind, lassen wir uns die Gelegenheit nicht entgehen, die typischen Almagro Auberginen zu verkosten. Die Almagro-Aubergine ist eine geschützte geografische Bezeichnung für Auberginen der Sorte „De Almagro „, die in einigen Dörfern der Region Campo de Calatrava im Zentrum der Provinz Ciudad Real (Kastilien-La Mancha, Spanien) angebaut und in Konserven vermarktet werden (Wikipedia). Wie sie schmecken? Köstlich … what else!
Sonntag, 12. September: Cazorla
Wetter: Sonnig bei 22-32°C mit vielen schönen Wolken.
Heute Betreten wir andalusisches Territorium. Die Stadt Cazorla ist unser Ziel. Die Olivenhaine haben sich seit Langem angekündigt, aber je mehr wir uns Andalusien nähern, umso allgegenwertiger werden sie. Bis zum Horizont erstrecken sich die Plantagen. Bis hoch in die Bergflanken werden Olivenbäume angepflanzt. In der Provinz Jaen müssen es um die 60’000’000 sein. Die Bodegas haben in dieser Gegend den Ölmühlen Platz gemacht.
Mit knapp 8’000 Einwohner ist Cazorla als sog. «Conjunto histórico-artístico» anerkannt. Als solches wurden Spanien vom Kulturministerium (Ministerio de Cultura de España) z. B. historische Ortskerne oder auch Plätze klassifiziert, die ein geschichtlich bzw. künstlerisch bedeutendes Ensemble an Bauwerken oder sonstigen Einrichtungen aufwiesen und deshalb besonders schützenswert sind.
Die Stadt schmiegt sich, geschützt von der Ruine einer Burg aus dem Jahr 1200 n. C., wie eine Katze an die steilen Felsen der «Sierra de Cazorla». Die dominante Farbe der Häuser ist hier weiss, wie in vielen Städten Andalusiens. Wir lassen uns im «Camping Cortijo San Isicio», der ein Katzensprung vom Stadtzentrum entfernt ist, nieder. Inmitten von Mandeln- und Feigenbäumen finden wir ein Plätzchen für Hannibal. Was für eine Idylle. Der Campingplatz ist relativ klein aber oho! Sehr gepflegt und ruhig. Den ganzen Tag werden wir von arbeitsamen Eichhörnchen besucht, die beschäftigt sind, den Campingbesitzern die reifen Mandeln zu stehlen und im Boden für die Winterzeit zu verscharren. Spielerisch und flink klettern sie unermüdlich die Bäume hinauf und hinunter. Wir wundern uns, wie sie im Winter die versteckten Mandeln wieder finden werden. Jedenfalls … schreiben sie nichts auf!
Vom 14. bis am 19. September ist Dorffest in Cazorla. Gebäude, Terrassen, Bäume, Gärten und die Gassen sind mit Häkelarbeiten dekoriert, viele Geschäfte sind zu. Ein kleiner Markt, wo Plagiate von berühmten Sportschuhen und Designerklamotten zu einem Spottpreis verscherbelt werden, liegt am Ende der Hauptstrasse. Kinder mit Zuckerwatte in der Hand rennen auf dem Hauptplatz herum und naschen gleichzeitig an ihrer Süssigkeit. Mütter und Väter, die an einem der Restauranttische, die den Hauptplatz säumen, Cerveza trinkend und Tapas essen, beobachten mit scharfen Augen das Treiben ihrer Schützlinge. Ab und zu verlässt ein Elternteil den Tisch, um die übermütigen Kindern, die auf der Strasse Fussball spielen, wieder zur Vernunft zu bringen.
Da die Wetterprognose Regen vorausgesagt hat, bleiben wir drei Nächte in Cazorla. Wir wollen die Sehenswürdigkeiten der Wüste von Gorafe, unsere nächste Etappe, bei schönem Wetter geniessen.