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Das idyllische Dorf Beget
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  • Beitrag zuletzt geändert am:Januar 28, 2025
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Spanien 2021: Reisetagebuch

15. - 27. Juni

Figuères - Montagut - Camprodon - Figuères

 

Das Wichtigste in Kürze:

Wir versuchen in Empuriabrava vergeblich Geld zu wechseln und machen uns bereit, mit Hannibal den ersten Track quer durch denParc Natural de l’Albera“ unter die Räder zu nehmen. Wir treffen auf Tom, ein Hüne aus Friesland, der mit seinen 70 Lenzen so aussieht als wäre er Mitte Fünfzig und auf Christina, die mit ihrem breiten Lächeln Freundlichkeit ausstrahlt. Wir besuchen diverse mittelalterliche Dörfer in der Umgebung und kommen nach knapp einer Woche infolge schlechtem Wetter wieder nach Figueres zurück.

 

 

15. Juni, Figuères – Besalù
Wetter: Warm und gewittrig bei 30°C

Wir lassen Figuères nach drei Tagen hinter uns. Es waren drei gemütliche Tage. Bremsen und herunterfahren war die Devise … was uns einigermassen gelungen ist. Auf dem Campingplatz ist nicht viel los … ausser der leutseligen spanischen Familie, die auf der anderen Seite der grünen Hecke, ihre Zelte aufgeschlagen hat. Mensch sind sie laut. Generell fällt uns auf, wie hier in Spanien die Menschen laut miteinander kommunizieren … bis spät in die Nacht. Spanier scheinen auch eine Vorliebe für Hunde zu hegen. Auf dem Campingplatz kam es uns vor, als wären wir inmitten eines nationalen Hundetreffens: Vom Chihuahua quer durch sämtliche Trottoirmischungen bis zum deutschen Schäferhund gibt es alles zu bestaunen, was die Hundewelt zu bieten hat.

Wir nehmen uns Zeit unserem Ferienhobby – nämlich dem Beobachten von Anderen – nachzugehen. «Mich trifft der Schlag» kommt uns spontan von den Lippen, als wir am Zeltplatz eines Rentnerpaares aus Holland vorbeikommen: Vom Gartenzwerg bis zum 300l Kühlschrank ist alles dabei, was in einem durchschnittlichen Haushalt anzutreffen ist (vielleicht die Gartenzwerge ausgenommen!). Die gesamte ihnen zur Verfügung stehende Fläche ist zugestellt mit Gegenständen und Möbeln. Ja … so kann man auch Ferien verbringen.

Quer gegenüber von unserer Parzelle ist der Wohnwagen von Tom und Christina. Tom, braun gebrannt mit straffer Haut, ein Hüne aus Friesland, der mit seinen 70 Lenzen so aussieht als wäre er Mitte Fünfzig (er verrät uns, dass er in jungen Jahren viel Sport getrieben hat: Kniebeugen, Kreuzheben und Bankdrücken) und Christina, die mit ihrem breiten Lächeln Freundlichkeit ausstrahlt. Beide sind seit 9 Monaten in Spanien und befinden sich gerate auf dem Rückweg nach Deutschland.

Wir verlassen Figuères am Montagmorgen. Versuchen in Empuriabrava vergeblich Geld zu wechseln und machen uns bereit, mit Hannibal den ersten Track quer durch den Parc Natural de l’Albera unter die Räder zu nehmen. Die Fahrt führt uns zuerst über geteerte Strasse nach La Jonquera. Auf dem Weg dorthin beobachten wir (nicht ohne Überraschung) am Strassenrand unter der sengenden Sonne junge Frauen mit Tangaslip, Büstenhalter und Highheels «bekleidet» auf Kundschaft warten. Das Rätsel ist schnell gelüftet. La Jonquera scheint eine wichtige Drehscheibe für den Fernverkehr zu sein. Hier stauen sich unzählige Lastwagen, die von oder nach Frankreich unterwegs sind. Die Nachfrage nach «Abwechselung» scheint hier gross zu sein. Von La Jonquera aus bewegen wir uns in Richtung Cantallops, von wo die geteerte Strasse in eine Schotterpiste übergeht. Erstes Highlight: das Castell de Requenses: eine majestätische Burg, die für das Publikum leider geschlossen ist. Sie soll dem Film «Das Parfüm» als Kulisse gedient haben. Kurz danach reffen wir auf eine Truppe spanischer Soldaten und Soldatinnen, die zu Fuss an einer Militärübung teilnehmen und auf uns einen erschöpften Eindruck machen – kein Wunder bei dieser brütenden Hitze. Kurz darauf werden wir von einer vorbeifahrenden Patrouille freundlich aufgefordert, die Umgebung zu verlassen.

Wir entscheiden uns spontan, nach Besalu zu fahren, um schneller in die kühlen Berge mit etwas angenehmeren Temperaturen zu gelangen.

Besalù, eine hübsche mittelalterliche Stadt, begrüsst uns mit seiner imponierenden und mit Türmen bewehrten romanischen Brücke – eine Augenweide. Im brütend warmen Zentrum drücken sich die wenigen mit einer Maske vermummten Touristen entlang der Schatten spendenden Häuserzeilen.  Viele Geschäfte und Restaurants sind geschlossen – ist dies, weil Montag ist oder weil die Pandemie ihre Spuren hinterlassen hat? Mit Mühe finden wir am Plaça de Sant Pere ein Restaurant, in dem wir unsere Körpertemperatur mit einem Café Helado con Leche herunterkühlen können – was für eine Wohltat! Die Hitze lässt eine gründliche Erkundung der Stadt nicht zu. Wir fahren zum ausserhalb im Wald gelegenen Campingplatz! Ausser ein paar Stammgästen mit Hunden, einem Schweizer und einem deutschen Paar ist der Platz leer, ebenso der Swimmingpool. Das Restaurant ist geschlossen und auch der Minimarket. Eine beklemmende Atmosphäre! Dennoch bleiben wir. Wir sind zu erschöpft.

Fazit: Wir müssen noch mehr entschleunigen und den Lifestyle der Einheimischen annehmen: Körperliche Aktivitäten sind auf die kühlen Morgenstunden bzw. auf den Abend zu verlegen. Die Mittagszeit verbringt man am besten mit Speis und Trank.

 

16. Juni, Santa Pau
Wetter: Warm und gewittrig bei 32°C

Obige Erkenntnis haben wir heute gleich umgesetzt. Nach dem Besuch des Weilers Dosquers, der aus einer Hand voll Häusern und einer Kirche besteht – die nicht besucht werden können, private property – fahren wir weiter nach Santa Pau, einem malerischen, mittelalterlichen Ort. Mit uns irren nur ein paar weitere verlorene Seelen durch die engen Gassen und wandeln unter den «Lauben» an der Plaça Major hindurch. Wir setzten uns an der Plaça in das einzig offene Café. Was für eine Enttäuschung, dabei wollten wir hier die Hitzestunden des Tages im Gourmettempel Cal Sastre verbringen. Die kleine Speisekarte des Cafés ist für uns keine Alternative, zumal wir uns in den letzten Tagen vor allem von Tomaten, Gurken und Frischkäse ernährt haben.

So fahren wir auch auf Anraten der Bedienung aus dem Städtchen hinaus Richtung Olot, wo es an der Hauptstrasse mehrere Restaurants geben soll. Nach ca. 7 km werden wir im Hostal Dels Ossos fündig. Knapp 50 Euro für zwei kostet das schmackhafte und üppige Menu in Begleitung einer Flasche Weisswein, Wasser und Kaffee. Nach einem knackigen gemischten Salat werden zwei enorme Servierplatten mit weissen Bohnen und Cicerones (frittierte Schweinehaut) sowie Maccarons (Penne lisce) an einem Hackfleischsugo aufgetischt, worauf die Hauptspeise «Schweinshaxen» an einer deftigen Gemüsesauce folgen. Was für ein Missverständnis: Anstelle von Haxen bekommen wir Füsse. Auf Nachbarn’s Tellern waren eben keine Haxen sondern … was lecker aussieht, bekommt nicht immer unserem Gaumen. Währendem unsere Nachbarn aufassen, war die Spezialität des Hauses für uns zu gewöhnungsbedürftig. Unsere Teller blieben mit einem Haufen aus Knochen und Fett zurück.

Um 16.00 Uhr machen wir uns auf die Suche nach unserem Lager für die Nacht. Zum Glück ist der nächste Zeltplatz nicht weit entfernt. Fabrizio benötigt dringend ein Verdauungsschläfchen in der Hängematte und ich eine Dusche. Nach einer halben Stunde Entspannung werden wir von einem kühlenden Platzregen überrascht und flüchten in den uns gerne aufnehmenden Bauch von Hannibal. Nach einem entspannten Abend, den wir allein auf dem Zeltplatz mit Schreiben und Lesen verbringen, ist nun Zeit, uns für den wohlverdienten Schlaf wiederum in Hannibal’s Innere zurückzuziehen.

Die erste Wanderung steht uns heute bevor. Von Santa Pau aus wandern wir zur einsamen Kirche von Santa Maria de Finestres. Eine Wanderung von knapp 4.5h durch dunkelgrüne Eichenwälder, die wie ein Teppich die Berge rund um Santa Pau bedecken. Wir geniessen den Schatten, den die Bäume uns spenden. Es ist angenehm kühl, der Weg jedoch, relativ steil. Um die Mittagszeit erreichen wir die Kirche. Sie wurde auf einem Felsenvorsprung errichtet. Was für ein Panorama! Die Luft ist klar und die Sicht reicht bis zum Horizont.

Der Abstieg stellt die Standfestigkeit unserer Knie unter Probe. Diese erste «Prüfung» meistern wir mit Bravour. Leicht ermüdet genehmigen wir uns am späten Nachmittag ein «Cortado con lece y hielo» auf der Terrasse eines Hostals in Zentrum von Santa Pau.

 

Donnerstag/Freitag, 17./18. Juni: Montagut
Wetter: Warm und schwül bei 27°C

Nach Santa Pau entscheiden wir uns, das Dorf Sadernes zu besuchen. Es liegt abgeschieden am Ende einer schmalen Strasse in einem Wald. Es ist ein beliebter Touristenort und wird in Sommer regelrecht von Besuchern überrannt. Als wir dort ankommen ist der einzige Campingplatz noch geschlossen. «Wir machen erst nächste Woche auf» sagt uns der Campingbesitzer. Schade! Wir fahren zurück nach Montagut und reservieren im dortigen Campingplatz (schön, grosszügig angelegt und sauber) 3 Nächte. Morgen planen wir, nach den heutigen Strapazen, einen Ruhetag ein.  Übermorgen beabsichtigen wir eine Wanderung entlang des Flusses llerca bis zur Kirche von Sant Aniol d’Aguja. Es wird eine unvergessliche, wunderbare Wanderung. Sie führt durch Eichenwälder dem Fluss llerca entlang, der sich durch das Kalkgestein in die Tiefe «gefräst» hat, von wo uns zusätzlich frische Luft erreicht. Horden von Kletterern messen ihre Fähigkeiten an den steilen Wänden dieser breiten Schlucht.

Kurz vor Mittag erreichen wir die Kirche von Sant Aniol d’Aguja. Sie ist inmitten einer Lichtung errichtet worden und strahlt eine unheimliche Ruhe aus. Wir gönnen uns im Schutz einer grossen Eiche unser wohlverdientes Mittagessen: frisches Brot, Käse, Wurst und als Nachspeise ein Apfel. Gesund muss es sein!

Ach … wir hätten es fast vergessen: Fabrizio tötet, kurz bevor wir die Kirche von Sant Aniol d’Aguja erreichten, unabsichtlich eine Viper. Die Schlange liegt in der Mitte des Wanderweges (gut getarnt von den ausgetrockneten Baumblättern) und versucht eine Kröte hinunterzuschlingen (die sie offensichtlich kurz zuvor getötet hat) als sie Fabrizio, abgelenkt vom Lesen des GPS-Geräts, mit einem Wanderstock aufspiesst. Wir wissen nicht, ob sie schlussendlich auch tatsächlich gestorben ist: denn nachdem die Viper die Kröte wieder ausgewürgt hat, bewegte sie sich nicht mehr.

 

Samstag/Sonntag, 19./20. Juni: Montagut – Camprodon
Wetter: Sonnig bei 22°C, es wird bald in Kübel regnen

Ziel des heutigen Tags ist die Fahrt nach Beget über Rocabruna bis nach CamprodonBeget wird als eines der schönsten Bergdörfer Spaniens angepriesen. Nicht zu Unrecht. Die Steinhäuser sind wunderbar renoviert und alle in Steinwurfweite um die Dorfkirche platziert. Parkieren müssen wir ausserhalb des Dorfkerns. An der Anzahl Parkplätze gemessen, müssen hier in Sommer Horden von Besuchern das Dorf überfallen. Wir schlendern durch di engen und steilen Gassen bis sich unser Magen bemerkbar macht. Hunger macht sich breit. Im Can Jeroni, einem modern eingerichteten Restaurant, werden wir mit «im Ofen geschmortem Gemüse» und «gemischtem Salat mit grilliertem Schafskäse» als Vorspeise und «Kaninchen mit Ratatouille» und «Poulet mit gedörrten Aprikosen» als Hauptspeise verwöhnt. Alles schmeckt vorzüglich.

Satt und zufrieden kurven wir mit Hannibal bis Camprodon. Ein dunkler Himmel heisst uns willkommen und verspricht nichts Gutes für die kommende Nacht. In Sant Pau de Segúries finden wir im überfüllten Campingplatz noch eine letzte Parzelle. Im Wald versteckt sind hier unzählige Wohnwagen mit angebautem Holzhaus oder Zelt dicht an dicht nebeneinander aufgereiht. Sie sind bis zu den Achsen im Boden eingegraben und von einer dicken Schicht verrotteter Blätter sowie feuchtem Moos umgeben, was darauf hinweist, dass sie wohl seit langer Zeit nicht mehr bewegt worden sind. Es sind die Zweitbehausungen von Spaniern, die an den Wochenenden, die überhitzten Städte fluchtartig verlassen, um hier die wohlersehnte Kühle zu geniessen. Kühl ist es allerding … aber auch sehr feucht. Auf uns wirkt diese Ansammlung von verstaubten Wohnwagen eher wie ein Autofriedhof als wie ein Campingplatz. Es hat etwas Morbides in sich … etwa … wie ein in der Natur zerfallendes Lebewesen. Es riecht auch danach … oder bilden wir uns diesen Modergeruch nur ein? Die sanitären Anlagen sind (ohne Scherz) die besten, die wir bis jetzt getroffen haben. Sauber, grosszügig angelegt und die Duschen …. mmmm … mit einer «Regenbrause» versehen … einfach spektakulär. So kann man sich täuschen!

Kurz nach Sonnenuntergang fängt es an zu regnen. Er wird uns mit Unterbrüchen die ganze Nacht begleiten. Am Morgen fegen in regelmässigen Abständen Gewitterzellen (mit Donner, Blitz und starkem Wind) über den Campingplatz. Die Bäume wanken wie Betrunkene hin und her. Gegen Mittag ist der Spuck vorbei. Der Himmel klärt sich auf und wir befreien Hannibal von einer dicken Blätterschicht, die ihn wie eine Decke umhüllt.

Was tun mit dem Rest des Tages? Wetterprognosen anschauen ist angesagt. Es kommt Nichts Gutes auf uns zu… S…sse. Die kommende Woche wird es in den Bergen nur noch regnen. Keine optimalen Voraussetzungen, um Offroad zu fahren. Die Pisten sind zwar ok, aber man hätte keine Sicht auf die wunderbare hochalpine Landschaft. Was nun? Bleiben wir in der Region? Suchen wir uns einen Alternativweg? Nach langem Abwägen und unzähligen Gesprächen entscheiden wir uns, wieder nach Figueres zu fahren, das ca. 80 km entfernt liegt, und … für welches die Wettergötter für den Rest der Woche Sonne vorgesehen haben. Alles andere wäre nur ein Erzwingen … und dies kommt bei uns meistens nicht gut heraus.

Um 16.00 Uhr nach einem ausladenden Mittagessen überwinden wir uns und machen uns auf die knapp vierstündige Wanderung der Via Romana del Capsacosta. Diese Strasse der alten Römer, die durch dichte Wälder führt, beeindruckt uns mit ihrer Baukunst. Nach 1’500 – 2’000 Jahren sind immer noch weite Strecken gut erhalten, vor allem die sogenannten Kehrplätze (Spitzkehren) sind noch voll in Takt. Mit ihnen konnten sie Höhenunterschiede bis zu 16m überwinden.

 

Montag, 21. Juni  –  Sonntag, 27. Juni: Figuères – Camping Mas Nou in Castello d’Empuries
Wetter: freundlich bei schwülen 25 – 30°C

Voller Neugierde fahren wir nach l’Hostalnou de Bianya (364m ü. Meer). Nichts deutet in diesem Kaff, das aus einem Wursthersteller, einem Konferenzzentrum und einem Restaurant besteht, auf die uns erwartenden Kulturgüter – die in den dichten Wäldern des Hausberges verstreut sind – hin. Zuerst schlendern wir entlang einer guten Nebenstrasse zu einem ehemaligen Kloster, das in ein Hotel umfunktioniert wurde – vorher erwartet uns jedoch eine andere Attraktion: ein sich über die Strasse schlängelndes Reptil, von Fabrizio in Windeseile mit seinem Handy dokumentiert.

Die Natur scheint hier noch einigermassen in Ordnung zu sein – Nach dem Kloster führt ein steiler Bergpfad vorbei an Quellen zum eigentlichen Highlight: der romanischen Kirche Sant Miquel del Mont (793m ü. Meer). Der Ausblick ist atemberaubend! Allerding verfügen wir nach diesem mörderischen Anstieg kaum noch über Puste. Erst nachdem wir den in Bächen fliessenden Schweiss abgewischt und uns mit einem Apfel sowie Müeslistengel gestärkt haben, können wir die Aussicht über die Pyrenäen (den Bassagoda, el Monte …) und die Garrotxa in vollen Zügen geniessen.

Beim Abstieg begegnen wir einem verlassenen Schloss, weiteren Quellfassungen sowie einem wunderbar in Stand gestellten Herrschaftshaus mit einem Nebengebäude, in dem wir ein altes Mühlwerk ausmachen.

Im Dorf angekommen belohnen wir uns mit einem erfrischenden «Cortado con Hielo» (Milchkaffe mit Eis) und machen uns dann auf den Weg zum Camping Mas Nou.

Reisen ist schon ein spezielles Erlebnis. Kaum steuert man ein Ziel zum zweiten Mal an, ist es wie ein nach Hause kommen. Zudem werden wir auf dem Platz auf Tom und Christina treffen, dem Hünen aus Friesland und seiner zierlichen und etwas scheuen Lebensgefährtin.

Nachdem wir uns gestern Abend für eine Woche eine Parzelle auf dem doch eher leeren Campingplatz gesichert haben, legen wir am Dienstag erstmal ein Tag Pause ein: am Morgen ist Tagebuch schreiben, Homepage auf Vordermann bringen und Waschen angesagt und beinahe hätte ich es vergessen, Kochen. Fabrizio lässt sich von seinem Heisshunger verführen und kauft ein knappes Kilo köstliche Gambas für weniger als 10 CHF.

Nach einem Verdauungsschlaf treffen wir am blitzblanken Swimmingpool – überwacht von einem Safeguard – auf Tom und Christina. Wir verabreden uns auf ein Bier, aus dem zwei, drei werden und unterhalten uns intensiv. Die Chemie stimmt, die Gespräche werden schnell vertraut. Im Flug vergehen zwei, drei Stunden.

Am Mittwoch fahren wir mit dem Bus nach Figuères mit dem Ziel, das Dali Museum zu besuchen. Das Gebäude ist von aussen mit seinen Eiern, dem Planetarium und den zierlichen goldigen Skulpturen auf dem Dach ein Hingucker, das zu gründlichen Foto-/Filmstudien verleitet. Als wir dann um die Mittagszeit ein Ticket kaufen wollen, sind diese bis kurz vor Schliessung (14.45 Uhr) ausverkauft, also verzichten wir auf den Besuch von Figueres Hauptattraktion. Von einem Regenschauer überrascht retten wir uns ins nächste Restaurant. Obwohl es den Anschein einer Touristenfalle macht, ist das aufgetragene Essen in Qualität und Preis korrekt, Fabrizio’s Zanahoria-Mus (Karottenpüree) sogar vorzüglich.

Wir sind uns nicht sicher, glauben jedoch in Figuères, deutlich die Spuren von COVID zu erkennen.  Ein drittel der Geschäfte sind für immer geschlossen und die Lokale leer und verriegelt. Die Stimmung erscheint uns depressiv. Ausser beim Dali-Museum sind kaum Menschen auszumachen. Etwas enttäuscht verlassen wir die Stadt.

Unser Versuch am Abend den EM-Knaller Portugal gegen Frankreich an der Poolbar anzuschauen, muss schon bevor der Match richtig in Fahrt kommt, abgebrochen werden. Der Aussenfernseher muss vor einem heftigen Wolkenbruch in Sicherheit gebracht werden. Ströme fliessen von den schattenspendenden Terrassenüberdachungen. Die Gäste flüchten sich ins Innere. Zurück bleiben eine Gruppe Belgier, denen gerade das Essen serviert wurde, ein einsamer Diskjockey auf der Bühne und wir. Sobald der Regen etwas nachlässt, eilen wir zu Hannibal, um das Dach mit einem Regenschutz zu verhüllen … Die Ironie der Geschichte, die Nacht bleibt trocken.

 

Donnerstag, 25. Juni
Wetter: Sonne mit leichter Bewölkung, Temperatur 24 – 30°C

Die Wetterlage in den Pyrenäen bleibt unstabil. Regen und Gewitter sind weiterhin angesagt. Wir müssen feststellen, dass die Wetterprognosen ziemlich zuverlässig und genau sind. So bleiben wir hier auf dem Campingplatz zurzeit noch im «Standby» und machen Tagesausflüge in der näheren und weiteren Umgebung.

Am späten Nachmittag statten wir dem benediktinischen Kloster «Sant Pere des Rodes» einen Besuch ab. Es befindet sich im heutigen Naturpark Cap de Creus, innerhalb der Gemeindegrenzen von El Port de la Selva. Von Weitem dominiert es mit seiner imposanten und beängstigenden Grösse die ganze Gegend.

Lange Zeit wurde die Anlage sich selbst überlassen und verfiel schliesslich zu einer Ruine. Wir begreifen immer noch nicht, warum Regierungen solche Kulturschätze nicht retten wollen. Kulturschätze, die zur Geschichte und Entwicklung einer Nation gehören und zur heutigen Identität einer Bevölkerungsgruppe beigetragen haben. Die ausschweifende (und oft zu hörende) Entschuldigung «es gibt kein Geld dafür» lassen wir nicht gelten. Insbesondere wenn wir daran denken, dass seit einer Woche, die spanische Armee Tag und Nacht mit ihren Mörsern oder Kanonen Schiessübungen macht. In regelmässigen Abständen hören wir aus den Bergen das tiefe «Grollen» der Explosionen. Bei diesen Angelegenheiten spielt die Geldfrage keine Rolle und ist nie ein Hinderungsgrund!

Vom Kloster sind nur noch die Aussenmauern, die Kirche und eine als Restaurant umfunktionierte Behausung übrig. Die Renovationen beurteilen wir als «mehr schlecht als Recht» durchgeführt. Als ob in grosser Eile eine künstliche Fassade hätte in Stand gesetzt werden müssen.

Wir stellen uns vor, wie diese Anlage zur seiner Blütenzeiten ausgesehen hat. Im Innenohr ertönen die Gesänge der benediktinischen Chöre, ein imaginärer Geruch von Weihrauch kitzelt unsere Nase.

Die Sicht von hier oben ist einfach atemberaubend. Die Sonnenstrahlen hüllen die ganze Umgebung in ein goldiges Licht. Fabrizio versucht sich zum ersten Mal an einer Videoaufnahme im Zeitrafferverfahren. 30 Minuten Aufnahmezeit für 15 Sekunden Video. Die Aufnahme gelingt.

 

Samstag, 26. Juni
Wetter: Sonne mit leicht kühlem Wind, Temperatur 27°C

Heute steht der 2. Versuch an, die Piste zwischen La Jonquera und Llança (aus dem Offroad-Buch von Abenteuer Pistenkuh «Pyrenäen») unter die Räder von Hannibal zu nehmen. Einen 1. Versuch hatten wir bereits vor knapp 2. Wochen unternommen, wurden aber nach knapp der Hälfte der Strecke, von einer Militärpatrouille aufgefordert, die Piste zu verlassen.

Wir packen die Strecke diesmal von llança aus an. Die Piste ist leicht zu befahren. Tiefe Auswaschungen bleiben aus. Es gibt ein paar enge Stellen, die aber kein Problem für uns sind. Aus unserer Sicht wäre heute keinen Allradantrieb notwendig gewesen. Nach wenigen Kilometern wird die Landschaft von Eichenwäldern und tiefen Tälern dominiert. In der Ferne zeugt ein verlassener Hof, dass hier in der Vergangenheit Landwirtschaft getrieben wurde. Es ist bereits sehr trocken und wir wirbeln mit Hannibal viel Staub auf. Wir treffen auf keinen Gegenverkehr. Nur zwei Motocross-Fahrer sausen in vollem «Karacho» an uns vorbei.

Bei der Eremite San Silvestre stoppen wir für eine kurze Foto-Pause. Die Kapelle ist auf einer Lichtung errichtet worden und über eine kleine Holzbrücke zu Fuss erreichbar. In ihrer Einfachheit strahlt sie Ruhe und Harmonie aus.

Kurz danach erreichen wir Rabos. Da die Dorfgassen für Hannibal zu eng sind, lassen wir ihn vor dem Dorfeingang stehen und besichtigen das Dorf zu Fuss. Es ist Mittagszeit und aus den Häusern strömen bereits Gerüche von den zubereiteten Speisen: Frittiertes, Knoblauch, Fischgerichte, gebratenes Poulet … Uns läuft das Wasser im Mund zusammen. Das motiviert uns, heute ein Fischgericht zu kochen. Wir brechen die Fahrt ab und entscheiden kurzerhand zum Campingplatz zurückzukehren. Ja … unser Magen steuert unser Verhalten häufiger als uns lieb wäre!

Angekommen, geht Fabrizio einkaufen. 500gr Sole für knapp 10 CHF. Dazu 2 Portionen hausgemachte Couscous und ein Pfund Kirschen zum Nachtisch. Für knapp 3 Euro ergattert sich Fabrizio eine Flasche «Verdejo» mit 13.5 Vol%. Um diese kühl zu halten, kauft er ein Sack Eis für 2 Euro.

Unser Mittagsessen schmeck vorzüglich, der Wein ist seinen Preis Wert … und die Flasche bleibt am Ende leer zurück. Etwas belämmert vom Alkohol und der Nachmittagshitze gönnt sich Fabrizio einen langem Verdauungsschlaf in Hannibals Bauch. Der Innenraum ist gegen die Hitze mit Thermoschutzmatten von Blidimax geschützt. Diese sind sehr wirkungsvoll! Mit etwas Durchzug bleibt die Temperatur auch bei der ärgsten Hitze erträglich.

Gegen 18:00 Uhr werden wir von Tom und Christina zu einem Bierchen eingeladen. Wir verbringen mit ihnen 2 gemütliche Stunden.

 

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