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Sehr neugierige Bartagamen
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  • Beitrag zuletzt geändert am:Januar 25, 2025
  • Lesedauer:31 min Lesezeit

Australien 2024: Reisetagebuch

12. - 30. September

Longreach – Stonehenge – Jundah – Windorah - Beetoota – Innaminka – Tibooburra – Cameron Corner – Milparinka – Brocken Hill – Silverton

 

Das Wichtigste in Kürze:

Longreach haben wir vor etwa drei Wochen hinter uns gelassen. 1.500 Kilometer weiter erreichten wir das Bergbauzentrum Brocken Hill. Eine Reise, die uns zu kleinen Dörfern führte, die sich in den endlosen australischen Ebenen verlieren. Stonehenge, eine Handvoll Häuser, die sich um ein einziges Hotel gruppieren. Jundah, nicht größer als ein Taschentuch, aber mit einer Hauptstrasse, die den größten Alleen in Europa würdig ist. Windorah, ein magischer Ort mit den rötesten Sanddünen Australiens. Beetoota, ein Hotel mitten im Nirgendwo, in dem wir zum ersten Mal australische Würstchen probiert haben. Innaminka, eine Strassenkreuzung von mehreren Pisten. Noccundra, ein weiteres Hotel am Rande der Gasfelder südlich von Innaminka. Tibooburra, gegründet nach der Entdeckung von Goldvorkommen am Death Horse Gully. Milparinka, ein kleines Dorf, das dank des eisernen Willens einer Frau teilweise wiederaufgebaut wurde. Und schliesslich Brocken Hill, wo Ende des 19. Jahrhunderts ein Bauer das größte Silber- und Bleivorkommen der Welt entdeckte.

 

 

12.09. – Über Stonehenge nach Jundah
Wetter: Blauer Himmel, warm und windig bei 31°C

Auf einer sogenannten Backroad von Longreach Richtung Süden führt das schmale Teerband über eine weite Mitchell Grasebene. Die Monotonie wird ab und zu von einem Farmschild unterbrochen, alle von derselben Typologie. Die Chinesen und die Amerikaner haben in Queensland ganze Landstriche aufgekauft, wie uns gestern im Gespräch ein Australier erklärte. Zwischen den Shire of Longreach und Barcoo war dies „Westland“.

Viele ältere Menschen bedauern diesen „Ausverkauf“ der Heimat. Sie beklagen sich darüber, dass in Australien nichts mehr hergestellt wird. Kann dies gutgehen, fragen sie sich mit nachdenklicher Miene. Auch gestern in der Australian Stockman’s Hall of Fame waren die Souvenirs alle «Made in China». 

Als wir uns Stonehenge nähern, einem Weiler bestehend aus einem Pub, einem Campingplatz und ein paar Häusern, grosszügig auf vier längs- und drei Querstrassen verteilt, erscheinen in der flimmernden Mittagshitze die Gebirgszüge in der Ferne wie eine Fata Morgana. Sind sie eine Sinnestäuschung oder sind sie real? Sie sind Realität.

Wir essen im hübschen Pub mit dem typischen Outback-Humor eine Kleinigkeit. Wie aus dem Nichts tauchen nach uns ein paar „Locals“ mit ihren mächtigen 4×4-Fahrzeugen auf. Während sie im Restaurant gemütlich essen, läuft der Motor ihres Gefährtes unbeirrt weiter, der Klimaanlage wegen.

Am Nachmittag fahren wir auf dem John Egan Pioneer Track durch diese karge Hügellandschaft und bestaunen die Felsformationen, die Millionen von Jahre hervorgebracht haben.

Auf dem Weg nach Jundah wechselt die Landschaft zu einer Steinwüste. Im der etwas vernachlässigten Siedlung erwartet uns ein überraschend guter Campingplatz und ein von aussen etwas desolates Hotel.

 

13.09. – Über Welford NP nach Windorah
Wetter: Blauer Himmel, warm und windig bei 28°C

Im Visitor Center von Jundah kann uns die sehr sehr übergewichtige junge Dame keine Auskunft zum 30 km entfernten Welford NP geben.  Auch scheint sie von unserem Erscheinen etwas überrumpelt, als sie 15 Minuten zu spät die Tür öffnet und wir schon prompt davorstehen.

Der uns zur Verfügung stehende Prospekt hat tolle Aufnahmen vom Nationalpark, spricht aber auch von weichen Sandpassagen und wir haben gelesen, dass man sich unbedingt über den Strassenzustand informieren sollte. Nur wo? Eine Telefonnummer vom Parkranger gibt es weder im Prospekt noch auf der Online-Webseite. 

So fahren wir los. Am Parkanfang ist eine Informationstafel, die Auskunft zu den verschiedenen Tracks gibt. Auf Empfehlung des Parks für einen Tagesausflug wählen wir den 71 km langen Mulga Drive, da er abwechslungsreich sei. Wir erleben dies nicht so. Sicherlich die noch reichlich Wasser führenden Waterholes sind eindrücklich, ansonsten ist die Landschaft ausgetrocknet und die Klippen im sogenannten Mulga-Land sind für uns nicht ersichtlich. 

Auf der Weiterfahrt nach Windorah erleben wir wieder die Sinnestäuschung einer Fata Morgana. Die Tafelberge erscheinen wie Inseln im Wasser, ebenso die Bäume. Berge und Bäume scheinen sich zu entfernen, je mehr man sich ihnen nähert und das Wasser ist plötzlich wie vom Erboden verschwunden.

Willkommen in Windorah!
Willkommen in Windorah!

Im kleinen Ort Windorah erwartet uns neben einem gut ausgestatteten Gemeindecamping eine sehr motivierte junge Frau im Visitor Center, ein kleiner Spaziergang zu Skulpturen, Murales und Mosaiken und schliesslich im Pub ein exzellenter Teller Chicken Parmigiana mit drei Gemüsen von einer argentinischen Köchin zubereitet. BRAVO! 

 

14.09. – Windorah
Wetter: Blauer Himmel, warm und windig bei 28°C

Den ganzen Tag freuen wir uns, gegen Abend die rötesten Sanddünen von Down Under, Ausläufer der Simpson Desert, ca. 12 km westlich von Windorah zu besuchen.

Auf dem Weg dorthin ziehen wir uns von der Strasse und stoppen, um eine Eidechse auf dem schmalen Asphaltband zu fotografieren. Da braust ein 4×4 mit Anhänger auf uns zu. Der Fahrer verlangsamt um keinen km/h die Geschwindigkeit und weicht auch nicht aus. Fabrizio schafft es rechtzeitig von der Strasse, die Echse nicht. Sie wird vom Sog des 4×4 hochgewirbelt und stirbt … mit etwas Sensibilität und Rücksichtnahme hätte sie weiterleben können. Rücksicht auf der Strasse scheint hier ein Fremdwort zu sein.

Die roten Sanddünen Windorahs
Die roten Sanddünen Windorahs

Die rötesten Sanddünen? Sicher bei unseren Besuchen in den Jahren 1999 und 2004 aber nicht im 2024. Die ausgiebige Regensaison hat die Sanddünen mit einem grünen Vegetationsnetz überzogen, für das Fotografenauge wenig spektakulär. 

Des einen Freud des anderen Leid!

 

15.09. – Betoota
Wetter: Blauer Himmel, warm und stürmischer Wind bei 27°C

Bleiben wir hier oder fahren wir? Dieser Entscheid hängt nicht von uns ab, sondern vom „General Store“, der neben Lebensmitteln und allem was man hier draussen so braucht auch Diesel verkauft. Das handgeschriebene Schild am Eingang verkündet Mo – Sa, die Pub-Besitzerin vis à vis versicherte uns gestern Abend, der Laden sei am Sonntag offen.

Als Fabrizio am Morgen einen Erkundungsspaziergang macht, ist der Laden tatsächlich offen, also geht es weiter.

Die 230 km lange Fahrt gestaltet sich kurzweilig. Zuerst treffen wir auf Bartechsen, die sich auf der Strasse sonnen. Ein besonders stattliches Exemplar lässt sich geduldig von uns fotografieren, bevor es sich davon macht. Kurze Zeit später sehen wir einen besorgten Emu-Vater mit seinen 10 Küken, gefolgt von einer zusammengerollten Python, die sich unter unserem Auto verstecken will.

Deon's Lookout
Deon’s Lookout

Die Abzweigung zum Deon‘s Lookout lohnt sich. Nicht nur der Blick über das Diamantina Shire (ein Verwaltungsgebiet analog unseren Bezirken) ist spektakulär, sondern auch die vor uns liegenden verwitterten Kliffs und der Kegelhügel in der Mitte.

Traumzeitschlange kurz nach Beetoota
Traumzeitschlange kurz nach Beetoota

Kurz bevor wir in Beetoota eintreffen, besichtigen wir den Dreamtime Serpent. Die Traumzeitschlange ist ein Kunstwerk, das eine Reihe von Pfaden darstellt, die durch das Land verlaufen und die Flusssysteme im Channel Country des Diamantina Shire verbinden. Dieses Kunstwerk am Hang wurde aus lokalem Kies und Gibber hergestellt.

Auf eine echte Schlange treffen wir auf dem Weg zum Hotel Beetoota.

Ein Python
Ein Python

Das Diamantina Shire ist über zweimal so gross wie die Schweiz und hat nur gerade 320 Einwohner. Zwei davon betreiben das urchige Betoota Hotel in «the middle of nowhere».

Die Hoteliers, Barkeeper, Köche, Servicepersonal und Tankstellenbetreiber in Personalunion kochen für uns Bangers (Würste) mit Kartoffelstock und Gemüse. Die Würste haben Geschmack und die drei Gemüse sind knackig und selbst zubereitet, genauso der Kartoffelstock. Was will man mehr 200 km vom nächsten Dorf entfernt?

Allenfalls eine nette Unterhaltung. Diese ergibt sich mit den beiden einzigen anderen Gästen neben uns. Astrid und Eugene sind von Hervey Bay, haben die Welt bereist und freuen sich ebenso wie wir über den interessanten Austausch und die Diskussionen, die sich im Laufe des Abends und am nächsten Morgen entwickeln.

Diese Begegnungen sind genau das, was das Reisen besonders macht und unser Leben bereichert. Wir geniessen es jedesmal, wenn wir unverhofft auf Seelenverwandte treffen.

 

16.09. – Innaminka
Wetter: Blauer Himmel, frisch und stürmischer Wind bei 24°C

Nach einer stürmischen Nacht im Notbett, setzen wir unsere Fahrt Richtung Süden fort. 

Unser Weg führt durch überraschend grüne Gibber Ebenen (Kieswüsten), an roten, bewachsenen Dünen vorbei und vor Innaminka queren wir eine beinahe der Erosion anheimgefallene Gebirgskette, ein Augenschmaus. Immer wieder begleiten uns Wellensittichschwärme, zeigen uns ihre Flugkünste und schenken uns ein bisschen Abwechslung.

Innaminka selbst kann unsere Herzen nicht erwärmen. Auf uns macht diese Siedlung bestehend aus einem Hotel, einer Tankstelle und einem General Store einen lieblosen und vernachlässigten Eindruck. Es ist zu spät um weiterzufahren. So bleiben wir und lassen uns von der starken Bise unfreiwillig die Haare zerzausen.

 

17.09. – Noccundra
Wetter: Blauer Himmel, kühl und stürmischer windig bei 24°C

Einige Tracks von Innaminka Richtung Süden sind nun offen für „4WD HC“ (4×4 High-Clearance). Dennoch wählen wir den Umweg über das historische Hotel Noccundra.

Der Weg dorthin führt uns an unendlich scheinenden Schotterebenen (Gibber Plains) vorbei, die von einer silbergrünen Vegetationsdecke überzogen sind. Farblich haben wir diese Strecke rosa-rot-beige in Erinnerung mit grünen Bändern entlang der Bach- und Flussläufe.

In regelmässigen Abständen weisen Schilder auf Strassen zu den Gas- und Ölfeldern hin. Sonst sehen wir bis auf eine Hand voll Eidechsen weder Tiere noch Siedlungen auf den rund 240 km bis wir auf die Nebenstrasse nach Noccundra abzweigen.

Als wir beim Hotel ankommen, haben wir Gewissheit, hier sind wir schon vor 25 Jahren einmal vorbeigekommen. Das mit weissem Sandstein solid gebaute Gebäude ist einzigartig. Es ist das zweitälteste Hotel in Queensland, das seit 1882 ununterbrochen in Betrieb ist. Leider hat die etwa 75-jährige Köchin und Hotelbesitzerin heute ihren freien Abend, wofür sie sich bei uns entschuldigt. Wir gönnen ihr von Herzen diese Erholungspause. Sie sieht müde aus.

Das Wilson River Camp ist wunderschön etwa 300 m vom Hotel direkt am Fluss gelegen. Pelikane ziehen lautlos im braunen Wasser an uns vorbei. Sehr entspannend, wären da nicht die Myriaden von Fliegen.

Erst das Abendbier von der Hotelterrasse aus können wir störungsfrei geniessen. Bis etwa 19:00 Uhr beobachten wir das Kommen und Gehen der Gäste, bevor wir begleitet vom tiefroten Sonnenuntergang zu Hannibal zurück spazieren. 

Da wir über keinen Netflix-Anschluss verfügen, ziehen wir eine halbe Stunde später bereits die wärmenden Schlafsäcke über unsere Köpfe. Good Night.

P.S.: Wir sind im Süden und es ist bereits merklich kühler geworden gegenüber dem tropischen Norden.

Willkommen in Tibooburra!
Willkommen in Tibooburra!

 

18.09. – Tibooburra
Wetter: Blauer Himmel, warm und windig bei 27°C

Die Fahrt von Noccundra zur Grenze von New South Wales (NSW) ist kurzweilig.

Die Natur zeigt sich von ihrer besten Seite. Der Frühling ist erwacht. Wir kommen an einigen temporären Billabongs (Weiher) mit reicher Vogelwelt vorbei, auf einem lässt sich sogar ein schwarzer Schwan treiben, wir sehen zahlreiche Emus mit ihrem Nachwuchs, viele Wildblumen und eine Bartagame (Echse) flüchtet sich nach dem Fotoshooting über meinen Fuss (was für ein Schreck) auf unser Vorderrad.

Dann kommen wir an einer Zählung (Mustering) von einer Kuhherde vorbei, die wir gerne beobachten würden. Da wir uns unerwünscht fühlen und setzen wir nach kurzer Zeit unseren Weg fort.

An der Grenze von Queensland zu NSW treffen wir auf den berühmten Dog Fence. Mit diesem über 5600 km langen Zaun – länger als die chinesische Mauer – wollte sich der relativ fruchtbare Süden vor den Dingos schützen.

"Dog Fence" kurz vor Tibooburra
„Dog Fence“ kurz vor Tibooburra

Im der Gemeinde Tibooburra treffen wir auf ein überraschend ansprechendes Museum zu der Pionierzeit. Es befindet sich im ehemaligen Gerichtsgebäude und ist liebevoll gestaltet. Um 1880 nach dem ersten Goldfund überfielen die Goldsucher wie fliegen diesen Ort. Der Versuch hier ihr Glück zu finden, ging in dieser lebensfeindlichen Umgebung (Hitze, Mangel an Wasser- und Nahrung) mit viel Leid und Elend, aber auch Enttäuschung einher. Die meisten zogen, da der wenig ergiebige Ertrag ihrer Schufterei nicht zum Überleben reichte, nach kurzer Zeit weiter.

Für das Abendessen wechseln wir die Strassenseite zum Family Hotel, berühmt für seine Wandmalereien und kriegen zwei riesige Teller vorgesetzt. Nicht nur über den künstlerischen Geschmack lässt sich streiten, sondern auch über den Garzustand des Fleisches. Meine Pouletbrust ist fasrig und trocken, während Fabrizio sein Steak als „chewy“ (zäh) beschreibt.

Cameron Corner
Cameron Corner

 

19.09. – Cameron Corner
Wetter: Blauer Himmel, warm, stürmischer Wind und vielen Fliegen bei 26°C

Am Cameron Corner treffen die Staaten Queensland, New South Wales und South Australia aufeinander. Es ist am «Ende der Welt» und es hat ein Roadhouse, wo man essen, tanken und sein Lager aufschlagen kann.

Als wir beim Roadhouse aussteigen, fegt uns ein unfreundlicher Wind fast weg. Die Atmosphäre in der Gaststube ist kühl. Ebenso die Dame hinter der Theke. Auf unsere Frage, ob wir noch etwas essen können, antwortet sie, die Küche ist geschlossen und bietet weder Chips, noch einen Pie noch etwas Süsses an. So verlassen wir um 14:10 hungrig das Roadhouse, knipsen die obligaten Fotos und fahren zurück nach NSW in den Sturt NP, wo wir die Nacht verbringen.

 

19.09. – Sturt NP – Fort Grey Campground
Wetter: Blauer Himmel, warm, stürmischer Wind und vielen Fliegen bei 26°C

Im Morgenlicht ist die pastellfarbene Flora, die sich wie ein Polster über die Schotterebene und die seltenen Hügel gelegt hat, besonders hübsch anzusehen. Die harsche Landschaft wirkt beinahe lieblich, was einer gefährlichen Täuschung gleichkommt. 

Nach einer sogenannten Claypan (Lehmgrube) wechselt die Landschaft und wir überqueren von nun an rote Dünen, Ausläufer der Strzelecki Desert, ein besonders schöner Abschnitt der Strecke, der nun für 60 km durch den Sturt NP führt und beim Dog Fence endet. 

Der Entdecker Sturt erlebte 1845 diese Gegend wie folgt: „We were then in one of the most gloomy regions that man had ever traversed. The stillness of death reigned around us: no living creature was to be heard; nothing visible inhabited the dreary desert but the ant. Even the fly shunned it.

Als Sturt 1845 diese Gegend erforschte, um einen Inlandsee zu finden, musste es sehr trocken gewesen sein. Er erwähnte in seinem Tagebuch nirgendwo Kängurus. Zufall? Nein, anscheinend hat sich durch den Dog Fence und die Landwirtschaft, die künstliche Wasserstellen für ihr Vieh schuf, die Fauna verändert und begünstigte die Vermehrung der Kängurus. Ihr natürlicher Feind, der Dingo, war nun ebenfalls ausgeschlossen.

Dafür beschrieb Sturt jedoch, dass die Aborigines von nachtaktiven Dunklen Hüpfmäusen, Bandicoots und Quolls (Marderart) lebten und die Spuren im Sand von einer grossen Population zeugten. Die leichtsinnige Einfuhr von Hasen, die sich sehr stark vermehrten, Füchsen und Katzen – beides Jäger von Kleintieren, führten zusammen mit der Überweidung der Nutztiere zur Ausrottung dieser „Mäuse“.

Der Sturt NP versucht heute, diese Tiere wieder heimisch zu machen und startet mit den übergrossen von Künstlern geformten Drahtskulpturen eine Charmeoffensive. Ziemlich gelungen wie mir scheint.

Die Skulpturen wurden aus ausgedientem Zaundraht hergestellt, der verwendet wurde, um Gebiete frei von wilden Raubtieren, insbesondere von Füchsen und Katzen, zu halten.

 

20.09. – Sturt NP – Lake Pinaroo
Wetter: Blauer Himmel, warm, windig und vielen Fliegen bei 27°C

Wann ist viel Wasser zu viel?

Auf der Wanderung vom National-Park-Camping zum Lake Pinaroo erfahren wir, dass das Seebecken sich nur mit Wasser füllt, wenn Lake Frome weiter südlich überläuft. Dies ist während der letzten Regenzeit passiert. Es kann nun bis zu sieben Jahren dauern bis der Lake Pinaroo wieder zum Trockensee wird.

Aktuell verschwindet der Wanderweg im Wasser. Ebenso speziell sind die sich gegen den Himmel reckenden, kahlen Baumstümpfe, die von Schwärmen von weissen Cockatoos als Tummelplatz und Nistplatz gebraucht werden. Ein Anblick, der uns staunen lässt, das jedoch auch ein ohrenbetäubende Gekreische mit sich bringt.

Die Vogelwelt ist reich hier am See. Sie scheinen uns nach einer Weile kaum mehr wahrzunehmen. Ich selbst habe fast eine Kollision mit einem Zebrafinken, der erst eine Handbreite vor meinem Gesicht abdreht.

Warum stirbt ein Baum hier im Süden Australiens? Es ist nicht das fehlende Wasser, sondern das zu viele. 1974 ertranken die Bäume infolge einer Jahrhundertflut. Das Wasser raubte den Bäumen das fürs Überleben notwendige CO2. Warum ist der sandige Grund des Sees weiss und nicht rot wie die ihn umgebenden Dünen? Wasser wäscht das Eisen aus dem roten Sand und aus Rot wird Weiss. Trotz dem vielen Leben in der Luft, lohnt es sich der wunderbaren Blumen und krabbelnden Tiere wegen, sich ab und zu auf den Boden zu fokussieren. Die Spinne guckt uns argwöhnisch entgegen.

 

20.09. – Tibooburra – Sturt NP – Dead Horse Gully
Wetter: Blauer Himmel, warm, windig und weiterhin vielen Fliegen bei 27°C

Das Dead Horse Gully im Sturt National Park bietet einen interessanten Parcours, der die Arbeitsmittel und -umstände der Goldschürfer um 1880 zeigt. Fabrizio weiss bei jedem Gegenstand, wie er eingesetzt wurde. Was für mich zum Beispiel wie eine Schubkarre aussieht, wurde mit Erde gefüllt und geschüttelt, um Gold und Gestein voneinander zu trennen. Der feine Sand wurde dann nach Nuggets durchsucht und anschliessend gewaschen. 

Wie man auch sieht, zogen die Goldsucher mit leichtem Gepäck zum nächsten möglichen Eldorado und liessen Maschinerie und Arbeitswerkzeuge zurück.

Vom Campingplatz des Dead Horse Gully führt eine einstündige Wanderung durch die im Abendlicht hübsch leuchtenden Granites. Tibooburra oder Steinhaufen wie die Aborigines diese Granitblöcke nannten, gaben der Siedlung, die hier Ende des 19. Jahrhunderts entstand, den Namen.  

Wanderung durch die "Granites"
Wanderung durch die „Granites“

 

21.09. – Sturt’s Steps – Milparinka 
Wetter: Blauer Himmel, warm, windig und weiterhin vielen Fliegen bei 27°C

Auf dem Weg nach Broken Hill folgen wir der von Eugene und Astrid (Zuhause in Hervey Bay) empfohlenen Sturt‘s Steps Route.

Willkommen in MIlparinka!
Willkommen in MIlparinka!

Unser erster Stopp ist Milparinka Heritage Precinct, ein Freilichtmuseum mit exzellenten Ausstellungen zum Entdecker Sturt sowie dem Verhältnis zwischen Ureinwohnern und  Pionieren aus Sicht der Aborigines, zu den ersten Goldsuchern und Farmern und den damaligen Lebensbedingungen für Frauen und Kinder. 

Wir lernen die Initiantin des „Projekts Milparinka“, Ruth Sandow, kennen. Sie selbst bezeichnet sich als Schaffarmerin, die sich nach dem Auszug ihrer drei Kinder die Zeit nahm, sich dem Erhalt und Wiederaufbau des geschichtsträchtigen Ortes zu widmen, und wie! Sie selbst hat die geschichtlichen Aspekte erforscht, die Exponate zusammengetragen, Interviews geführt, die Informationstafeln getextet, die Finanzierung sichergestellt usw. … Eine bemerkenswerte und starke Persönlichkeit.

Heute kümmern sich motivierte Freiwillige um die Museen in den renovierten ehemaligen Post-, Polizei und Gerichtsgebäuden sowie Schuppen, das Ausstellungsgelände, das Hotel und den Campingplatz. So lernen wir auch die in Hervey Bay lebende Schweizerin Geneviève kennen, die sich mit ihrem Mann mit viel Engagement für einen Monat um den Zeltplatz kümmert.

 

21.09. – Sturt’s Steps – Pimpara Lake
Wetter: Blauer Himmel, warm, windig und weiterhin vielen Fliegen bei 27°C

Nach Mittag begeben wir uns erneut auf Sturt‘s Steps. Die Route führt nun durch Farmland, unzählige Male steige ich aus, um ein Gatter zu öffnen und wieder hinter mir zu schliessen. Dies verschafft Bewegung und gibt mir die Möglichkeit, die gelb blühenden Gidgees (Akazienart) aus der Nähe zu betrachten.

Auf der Suche nach dem Homestead von Pimpara Lake (der Heimat von Ruth Sandow), wo es eine Campingmöglichkeit geben soll, treffen wir auf den ultimativen Mann, der vor einem relativ neuen Haus werkelt. Mit seinen tätowierten Armen erklärt er uns, wir seien hier falsch und er sei ein Wildschweinjäger, der die Tiere mit einem Messer erledige. Dazu ist er mit seinen Hunden und einem Quad unterwegs. Sein gestriger Jagderfolg sei ein Keiler mit knapp 20 cm langen Stosszähnen gewesen, erzählt er uns voller Stolz.

Er schickt uns vorbei an einem Maschinenpark zu einem eher baufällig wirkenden grossen von einem Hund bewachten Haus. Es gibt keine Klingel. Wir wollen schon beinahe wegfahren, als Ruth winkend auf uns zukommt. Das Bush Camp liege am nun trockenen jedoch idyllisch gelegen Pimpara Lake, ca. 1 km entfernt. Sie komme uns dann besuchen.

Der Platz ist schön gelegen unter grossen Coolibah-Bäumen (einer Eukalyptusart) mit einer reichen Vogelwelt. Ruth kommt tatsächlich vorbei und erzählt uns einige Episoden aus ihrer reichen Lebenserfahrung. Eine weitere unvergessliche Begegnung für die wir sehr dankbar sind.

Sturt Steps Track: Ruinen der Teilta Station
Sturt Steps Track: Ruinen der Teilta Station

 

22.09. – Sturt’s Steps – Teilta
Wetter: Blauer Himmel, warm, windig und weiterhin vielen Fliegen bei 26°C

Eine frische Nacht lässt uns etwas länger in der Wärme des Betts ausharren. Auch heute führt unsere Route durch Farmland und wiederum verschaffen mir die vielen Gatter, die es zu öffnen und auch wieder zu schliessen gilt, etwas Bewegung. Anstatt Kängurus sehen wir wilde Ziegenherden und auch grössere Emu-Verbände und schliesslich nahe einer Wasserstelle endlich die erhofften Kängurus, die sich aber partout nicht fotografieren lassen wollen und blitzschnell, sobald sie uns bemerken, weghüpfen.

Nahe des Homestead „Yelka“ wird uns an der frischen Luft das perfekte Fernsehzimmer mit Hometrainer präsentiert.  Ein Paradebeispiel zum typisch schrulligen Humor der Aussies. 

Am äussersten Zipfel von NSW treffen wir beim Infopoint zu Sidney Kidman, dem King of Cattle, auf die Farmerin von Border Downs. Auf die Frage wie es sei, hier draussen zu leben, antwortet sie ohne zu zögern: „Paradise.“

Gegen Abend treffen wir immer wieder auf ausrangierte alte Autos, die bewusst als Blickfang eingesetzt werden, so auch der verrostete Käfer bei unserem Nachtlager „Teilta“, einem Camp mit super Infrastruktur.

 

23.09. – Sturt’s Steps – Broken Hill
Wetter: Blauer Himmel, windig bei 26°C

Die vom Campingplatz ausgeschilderte Rundwanderung zu einem Schuppen des Homesteads Teilta, wo die Schafe geschert und daneben die Scherer beherbergt wurden, tut unserem Skelett und Geist gut,  bevor wir uns wieder in Hannibals Innere setzen und die letzte Etappe nach Broken Hill angehen.

Auf dem Weg nach Süden wird die Landschaft karger und trockner. Hinter uns lassen wir eine immense Staubwolke zurück. Vegetationslose braune Hügel begleiten uns Walrücken gleich in der Ferne.

Dann stossen wir entlang der Strasse auf alte Minen. Wurde hier etwa Silber abgebaut? Die ausgedienten Schächte sind tief, wie wir mithilfe eines Steins, den wir hineinplumpsen lassen, feststellen. Um die Minen entdecken wir Steine, die wie ein Regenbogen eingefärbt sind. Welche Metalle dafür verantwortlich sind, wissen wir nicht.

Sehr exotisch wirkt der Kaktus, den wir plötzlich ausmachen. Ist er in Australien heimisch? Nein, wie mir „Google“ verrät.

 

24.09. – Broken Hill
Wetter: Regnerischer Himmel, stürmischer Wind bei 26°C

Am Morgen steht Hannibal hinten rechts auf plattem Reifen. Ein Nagel aus längst vergangenen Zeiten hat sich in seinen Pneu gerammt. Für Fabrizio ist die Morgenbeschäftigung nun gegeben: ein Radwechsel. Für mich steht Wäsche waschen vor dem angesagten mehrtägigen Regen an.

In Down Under ist es ein Kreuz, eine Garage zu finden, die einen freien Termin anbieten kann. Nicht anders in Broken Hill, wo wir schon gestern drei Garagen erfolglos kontaktiert haben. Schliesslich meldet sich heute jemand auf unsere Nachricht auf den Anrufbeantworter und wir können bereits am Nachmittag vorbeikommen. Der Mechaniker benötigt knapp zwei Stunden, um das vermeintliche Problem des ab und zu stark auf Asphalt vibrierenden Lenkrades, das uns seit rund 5‘000 km begleitet, zu analysieren und zu beheben. Der Ersatz der Dichtung der vorderen Stabilisations-Stange soll des mechanischen Defekts Lösung sein. Die Hoffnung stirbt auch bei uns zuletzt …

Brocken Hill: Line of Lode Miners Memorial
Brocken Hill: Line of Lode Miners Memorial

Danach besuchen wir bei stürmischem Wind das Wahrzeichen von Broken Hill, das Miners Memorial, das sinnbildlich auf der 5 km langen Erzader bzw. dem Aushub der noch heute aktiven Mine liegt. Das Denkmal ist den verstorbenen Arbeitern gewidmet. Über 800 sind es seit 1883 bis heute. Jedem Toten wird mit einer Tafel und einer Rose gedacht. Was auffällt ist, wie viele Jugendliche hier ihr Leben lassen mussten. Steinbrocken, einbrechende Schächte, Abstürze in den Gruben, Sprenggase, von Maschinen überrollt … nur wenige „natürliche“ Todesursachen wie Herzinfarkt etc. sind erwähnt. Seit den 80er Jahren des letzten Jahrtausends mussten glücklicherweise kaum mehr Gedenkstafeln angebracht werden.

Als Charles Rasp, ein Kontrolleur von Weidezäunen, 1883 eine Gesteinsformation entdeckte, in der er Zinn vermutete, konnte er nicht wissen, dass er auf die reichste  Silber-Blei und Zink-Ader der Welt gestossen war. Eine Analyse seiner Proben ergab eine hohe Konzentration von Silber und Blei sowie Spuren von Zink. Sein Fund führte zu einem eigentlichen Bergbauboom und der Gründung von Broken Hill sowie des heutigen Bergbau-Weltkonzerns „BHP“.

 

25.09. – Broken Hill
Wetter: Regnerisch, stürmischer Wind bei kühlen 18°C

Ein kühler, stürmischer Regentag, den wir mehrheitlich in der Wärme der hübschen Camp Kitchen verbringen.

 

26.09. – Broken Hill
Wetter: kühl und windig bei 17°C

Broken Hill riecht nach Rosen, Jasmin, Lavendel und mir unbekannten blühenden Bäumen und Pflanzen. Der kräftig blasende Wind verteilt diese feinen Düfte in der Luft.

Auf unserem Weg in das historische Viertel von Broken Hill queren wir die Sulphide, die Chloride, Oxide und Iodide Street. Wir kommen an besser und weniger gut erhaltenen Gebäuden vorbei, sehen in aufgeräumte, doch mehrheitlich chaotische und überfüllte Hinterhöfe und stehen plötzlich vor dem stattlichen viktorianischen Gebäude der Trades Hall, wo die Gewerkschaften sich für bessere Arbeitsbedingungen für die Minenarbeiter einsetzten. Bereits 1919/1920 erreichten sie nach massiven Streiks für die Bergwerksarbeiter die 35-Stunden-Woche.

Viele der älteren Gebäude sind heute zweckentfremdet oder stehen leer. Die Auslagen in den Geschäften sind dürftig. Wir fragen uns, wo die knapp 18‘000 Einwohner von Broken Hill einkaufen. Die am Rand gelegenen Shopping Centers beherbergen neben guten Lebensmittelgeschäften analog der Migros nur mehrheitlich billige Ramschläden.

 

27.9. – Broken Hill – Living Desert State Park
Wetter: kühl und windig bei 20°C

Der gut besuchte Living Desert State Park liegt 10 km ausserhalb von Broken Hill und bietet einen ersten Einblick in die Pflanzen/ und Tierwelt der Wüste. Auch führt er in kulturelle Aspekte der Aborigines und der weissen Pioniere ein, also nichts Neues für uns. Doch die kleine Wanderung durch das pittoreske hügelige Gelände tut gut.

Speziell sind die 12 Skulpturen aus Sandstein, die 1993 anlässlich eines Symposiums von Künstlern aus aller Welt geschaffen wurden. Kurz vor Sonnenuntergang wird diese Open-Air-Ausstellung, die auch per Auto zu erreichen ist, förmlich überrannt. Die Aussies lieben es, ihren „Sundowner“ (Apéro) an speziellen Orten einzunehmen. 

Der Blick von dieser Anhöhe über die Ebene und Broken Hill ist sicherlich einzigartig, ob es die Skulpturen auch sind, überlasse ich jedem einzelnen.

Willkommen in Silverton!
Willkommen in Silverton!

 

28.9. – Broken Hill – Silverton
Wetter: kühl und windig bei 17°C

Bevor wir uns nach Silverton aufmachen besuchen wir die ikonische Bells Milk Bar. Sie ist sehr gut besucht und ist in ihrem Stil einzigartig für Broken Hill. Wie immer sind die Gerichte riesig und wir sind froh nur eine Portion „Chips with Chili con Carne“ bestellt zu haben.

In der Region Silverton wurde Ende des 19. Jahrhunderts Silber gefunden. Daraufhin entwickelte sich eine Stadt, die florierte und 1901 bis auf 3000 Einwohner wuchs. Ihr Niedergang war jedoch besiegelt, nachdem im nahen Broken Hill ein viel größeres Silbervorkommen entdeckt wurde. Die Leute zogen von Silverton nach dem 25 km entfernten Broken Hill.

Einige wenige, früher wichtige Gebäude wie das Gericht, die Handelskammer, die Schule, das Hotel oder auch das Gefängnis wurden renoviert. Sie dienen heute als Unterkünfte, Museen, Gallerien oder Visitor Center. Die restlichen Häuser wurden dem Verfall preisgegeben. Oft weisen nur noch Ruinen oder sogar nur noch Tafeln auf ihre ehemalige Existenz hin.

Fabrizio und ich machen uns um 15.30 Uhr auf den in einer Broschüre beschriebenen Heritage Trail auf. Nur wo ist der Start? Nachdem wir diesen gefunden haben, verlieren wir uns nach nicht einmal 10 Minuten in der Landschaft. Kein Schild hilft uns, den richtigen Pfad zu finden. Wir treffen nur auf ein paar Ruinen, Abfall der Pioniere und leider auch aus der Neuzeit.

Als wir nach vier Uhr in das „Zentrum“ von Silverton zurückkehren, ist es menschenleer. Wir sind zu dieser Uhrzeit die einzigen, die diesen historischen Ort erkunden. Bis auf das Hotel ist alles geschlossen, ein komisches Gefühl. Uns scheint, dieser touristischen Attraktion, ist die Seele abhandengekommen. Die vielen verrosteten VW-Käfer, die vor jedem Gebäude stehen, wirken manchmal etwas aufgesetzt und vor der Kirche auch deplatziert. Auf uns macht Silverton einen etwas lieblosen, vernachlässigten Eindruck.

Zum Sonnenuntergang besuchen wir den viel gepriesenen Mundi Mundi-Aussichtspunkt … der Blick in die Ferne ist ok, aber nicht zum längeren Verweilen. Hier wurde eine Szene von „Mad Max 2“ gedreht, wohl deshalb ist er ein MUST für viele Touristen.

Weitere Berichte zur Australienreise findest du hier.

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