30.9. – 12.10.24: Brocken Hill – Peterborough – Orroroo – Bendleby Ranges – Hawker – Merna Mora Station – Wilpena Pound – Parachilna – Copley – Roxby Downs – Andamooka
Das Wichtigste in Kürze:
Wir lassen Brocken Hill hinter uns und tauchten für vierzehn Tage in die Wildnis der Flinders Ranges ein. Wir entdeckten die Ruinen von Dawson, einer Bergbaustadt, von der nur noch die Ruinen eines Hotels und zweier Kirchen übrig sind. Wir machen die erste Bekanntschaft mit einer tödlichen braunen Schlange. Vom Reichtum Peterborough, das in der Vergangenheit ein wichtiges Eisenbahnzentrum war, ist nur noch wenig zu sehen. Ein Gefühl der Verwahrlosung liegt in der Luft. Nicht so bei Orrorro und Hawker.
Im Bendleby Station nehmen wir mit Hannibal unwegsame Pisten in Angriff und bewundern von einer Bergkuppe aus einen wunderschönen Sonnenuntergang. Auf der Merna Mora Station erleben wir mit Hannibal einen der steilsten Pisten, die wir je bewältigt haben, und werden mit atemberaubenden Ausblicken belohnt.
Im Rawnsley Park südlich von Wilpena Pound erholen wir uns von den Strapazen der letzten Tage. Es ist Schulferienzeit und Wilpena Pound wird von Familien aus Adelaide belagert. Zu viel für uns. Wir verlassen Wilpena Pound und fahren nach Parachilna, wo wir im Prairie Hotel eine köstliche Mahlzeit mit Känguru-, Kamel- und Emufleisch geniessen. 50 km nördlich von Maree entdecken wir den skurrilen Mutoid Waste Company Sculpure Park und erreichen Roxby Downs, eine Stadt, die rund um die zyklopische Olympic Dam Mine entstanden ist. Wir nutzen die Gelegenheit, um uns mit billigem Diesel einzudecken und besuchen Andamooka, einen Ort, an dem 1930 zufällig Opal entdeckt wurde.
30.09. – Peterborough
Wetter: blauer Himmel, kühl und windig bei 20°C
Um den Fruit-Checkpoint zu umfahren – wir haben nicht an die Restriktionen zwischen NSW und SA für das Mitbringen von Früchten und Gemüse gedacht und unser Vorrat an Frischem reicht für mindestens eine Woche – zweigen wir kurz vor dem Kontrollpunkt auf eine gute Piste Richtung Dawson Gorge ab und stossen in Dawson völlig überraschend auf die Überreste eines stattlichen Hotels, eines Versammlungsgebäudes und zwei gut erhaltenen Kirchen. Beim Gotteshaus erwartet uns nicht der heilige Geist, hingegen eine „Brown Snake“, die sich, nachdem sie uns eine Weile beobachtet hat, von dannen zieht.
Auf dem Weg nach Peterborough begegnen wir nicht nur hübschen Briefkästen, sondern treffen auch auf eine freche Zapfenechse, die uns die Zunge rausstreckt, nachdem wir sie sanft von der Strasse bugsieren wollen. Keine nette Geste finden wir.
Bei der Erkundung von Peterborough treffen wir auf eine leblose Stadt. Die Fassade mag von weitem attraktiv sein, von nahem betrachtet sind die meisten Gebäude an der Hauptstrasse dem Niedergang gewidmet. Viele Läden und Hotels sind für immer geschlossen. Die Auslagen oder das Inventar gammeln im Inneren vor sich hin. Dasselbe haben wir auf unserem Spaziergang vom Campingplatz ins Zentrum in den Wohnquartieren erlebt. Die Vorgärten gleichen zum Teil Autofriedhöfen oder den Lagerstätten eines Brockenhauses und dies auch bei Gebäuden, in denen noch gelebt wird. Wie kann jemand sich in diesem Chaos wohl fühlen? Für uns ein Rätsel.
01.10. – Orroroo
Wetter: blauer Himmel, kühl und windig bei 20°C
Wir folgen einem „scenic drive“ und erhalten auf dem Black Rock Lookout, kurz vor Orroroo, einen tollen Ausblick auf die Ebene und die braunen Hügel im Hintergrund. Ein für die südlichen Flinders Ranges charakteristisches Landschaftsbild. Die Felder und Wiesen sind völlig ausgetrocknet und doch blühen gelbe, niedrige Büsche.
In Orrorroo treffen wir auf ein erstaunlich lebendiges und herausgeputztes Städtchen mit drei Cafés, einer Kleiderboutique und weiteren Geschäften. Alle sind geöffnet. Wir nutzen die Gelegenheit für ein kleines Mittagessen und besichtigen danach die Stadt.
Auf dem Heritage Trail erfahren wir, dass hier Unmengen Butter hergestellt wurden. Bis zu 1000 Kühe lieferten die Milch. Um diese zu ernähren, wurde ein Damm gebaut, der die Wiesen bewässerte. Ein verrücktes Vorhaben, in dieser ariden Gegend. Erst 1970 nach etlichen Dürreperioden wurde die Butterproduktion eingestellt.
Orroroo hat bestimmt auch schon bessere Zeiten erlebt. Auch hier gibt es leere, aufgegebene Geschäfte, aber irgendwie scheinen die Einwohner Sorge zu ihrem Kulturgut und Städtchen zu tragen.
01.10. – Bendleby Station
Wetter: blauer Himmel, kühl und windig bei 20°C
Auf dem Weg zur Bendleby Station begegnen wir unzähligen Tannzapfenechsen und wieder zwei Brown Snakes!
Vorsicht ist von nun angeboten! Während die Echsen mit ihrer blauen Zunge den Gegner einzuschüchtern versuchen, ist die „Brown Snake“ sehr gefährlich. Ihr Biss kann tödlich sein. Wenn man sie in die Enge treibt, wird sie aggressiv. Dazu ist sie sehr schnell.
02.10. – Bendleby Station
Wetter: blauer Himmel, kühl und windig bei 19°C
Wir testen Hannibal heute auf den steilen Hängen der Bendleby Ranges, die zur gleichnamigen Station gehören. Auf dem Weg dahin durchqueren wir von der Trockenheit gezeichnete Pinienwälder.
Auf dem Monument Loop meistert Hannibal wohl die steilsten Anstiege und Abfahrten je. Problemlos, what else … Die Ausblicke von den Kuppen verschlagen uns beinahe den Atem. Wir sehen brachiale, unberührte Bergwelt, die wir beinahe für uns allein haben. Erst am Abend sammeln sich die Gäste der Farm am Sunset Point.
Bendleby Station ist einer der ersten Betriebe in den Flinders Ranges, die sich im Jahr 2000 für den Tourismus geöffnet hat. Der Grund für diese Diversifikation ist die Suche nach einem regelmässigen Grundeinkommen, was die Schafhaltung bzw. Landwirtschaft wegen den klimatischen Verhältnissen mit langen Trockenphasen nicht mehr zu leisten vermag.
03.10. – Bendleby Station
Wetter: blauer Himmel, kühl und windig bei 18°C
Während der Nacht hat es kurz geregnet. Ein starker stürmischer Wind zog auf und zwang uns in die untere Etage von Hannibal zu ziehen. Etwas belämmert und übernächtigt stehen wir deshalb am Morgen auf.
Nicht destotrotzt lassen wir uns nochmals von den Bendleby Ranges verzaubern. Doch heute zu Fuss. Schlangensicher ausgerüstet machen wir uns auf den Wallaby Trail. Wir wandern trockenen Bachbetten entlang und staunen über die Strategien, die die Bäume anwenden müssen, um in dieser harschen Gegend überleben zu können.
Die Bachbetten sind durch steil aufragende Schluchtwände begrenzt, in denen sich die Entstehungsgeschichte ablesen lässt. Die vertikal aufgestapelten Schieferschichten sind mit Flechten überzogen, das Ökosystem scheint hier noch intakt zu sein. Dann führt ein steiler Pfad auf die Hügelkuppe hinauf, wo wir mit einem grossartigen Panoramablick belohnt werden.
Die starken Böen fegen uns beinahe weg … und trotzdem gelingt es den Fliegen immer noch zielsicher auf uns zu landen und Richtung Nasenlöcher, Augen oder Ohren vorzudringen, worauf wir mit der sogenannten „Australian wave“ reagieren. Übrigens sehen wir auf dieser sehr lohnenswerten Wanderung keine Wallabies (kleine Kängurus). Fabrizio begegnet jedoch einer kleinen „Brown Snake“, die sich vor uns rasch in Sicherheit bringt.
04. – 5.10. – Merna Mora Station
Wetter: blauer Himmel, windig bei 24°C
Die Fahrt auf dem Homestead eigenen 4WD-Track (34km) durch das Gebiet der Bunbinyunna Ranges, am Fusse der steil aufragenden Felswände des Wilpena Pound in den Flinders Ranges, ist ein Erlebnis der Superlative.
Die Piste führt durch lichte Pinienwälder in einem sehr kupierten Gelände. Unendlich viele steile Hänge gilt es zu bezwingen, an deren Fusse tiefe Rinnen warten, die wiederum mit Bedacht anzugehen sind, ohne dass Hannibals Hintern aufsitzt. Doch die brachiale, manchmal jedoch auch liebliche Natur hat uns für die Konzentration und auch Überwindung, die es für die steilen Auf-und Abfahrten braucht, mehr als belohnt. Für sechs Stunden schwelgen wir in einer anderen Welt in diesen so prächtigen und uns immer wieder von neuem überraschenden Flinders Ranges.
Das Sahnehäubchen sind die im Überschwang gelb blühenden Büsche und Sträucher und die hellen Blütenteppiche auf braunroter Erde. Erstmals erleben wir den Frühling in den Flinders Ranges, schlichtweg überwältigend.
06.10. – Rawnsley Park Station
Wetter: blauer Himmel, windig bei 26°C
Langsam tuckern wir entlang des Moralana Scenic Drive zur Rawnsley Park Station. Lust auf Abenteuer haben wir nach gestern keine mehr. So brechen wir die Seitenroute zum Aussichtspunkt „Black Gap“ ab. Sie führt durch ein steiniges holpriges Bachbett. Wir sind zu müde dafür.
Als wir am frühen Nachmittag beim viel gepriesene Camping der Rawnsley Park Station ankommen, bemerken wir, dass auch dieser in der absoluten Hochsaison (Frühlingsferien und langes Wochenende) an seine Grenzen kommt. Die Sanitäranlagen sind ein Disaster.
Die kleine Wanderung, die wir am späten Nachmittag geplant haben, erweitern wir ständig um eine Zusatzschlaufe. Unsere Lust auf Bewegung nach dem vielen Sitzen ist gross. Wir lustwandeln durch das lichte Pinienwäldchen der Station und über einen Bergkamm mit guter Aussicht auf „Wilpena Pound“ zurück zu Hannibal. Wir treffen auf scheinbar „abgestorbene Bäume“ – die wiederum die Basis für junge Pflanzen bilden – und blühende Wiesen und Sträucher.
Zurück auf dem Zeltplatz treffen wir mit einem gewissen Unverständnis auf eine Autowaschanlage, deren Nutzung sich die Aussies trotz der grossen Trockenheit, die rundherum herrscht, nicht nehmen lassen.
07.10. – Rawnsley Park Station – Arkaroo Rock
Wetter: blauer Himmel, windig bei 28°C
Auch wenn sorgfältig vorbereitet, gehen die Pläne nicht immer auf. Wir wollen die Petroglyphen des Sacred Canyon besuchen. Auf der von Wikiloc heruntergeladenen Route wird uns halbem Weg der Zugang verwehrt. „KEEP OUT – Privat“ steht auf einem Schild. Auch unser zweiter Versuch scheitert. Immerhin erfahren wir, der Canyon kann nur geführt besichtigt werden, worauf wir keine Lust haben. Was uns von dieser „Irrfahrt“ bleibt, sind apokalyptische Bilder eines Pinienwalds, von dem nur noch die ausgetrockneten Baumgerippe übrig sind und der fantastische Blick vom Aussichtspunkt „Pugilist Hill Lookout “ auf den eindrücklichen Gebirgszug Wilpena Pound – 17 km lang, 8 km breit und bis zu 1171 hoch.
Die Wanderung zum Arkaroo Rock wird uns nicht verwehrt. Sie ist landschaftlich sehr schön, nicht überlaufen und führt uns zu einem Felsüberhang mit Felszeichnungen, die mit einem Gitter vor Vandalismus geschützt sind. Die Bilder stellen für Eingeweihte Szenen aus der Entstehungsgeschichte des Wilpena Pound dar. Zwei Schlangen mit Superkräften waren im Wesentlichen für die Ausprägung dieses einzigartigen Amphitheaters verantwortlich, wie eine Tafel am Startpunkt der Wanderung erklärt.
Den Tag feiern wir am Abend mit einem Sundowner auf der Terrasse des Restaurants Woolshed und anschliessendem Nachtessen. Die Lammhaxe mit Kartoffelstock sind lecker und wir lassen uns gerne zu einem Cheese Cake verleiten.
Bilder aud der prachtvollen Blumenwelt der Flinder Ranges
9.10. – Copley
Wetter: blauer Himmel, windig bei 27°C
Eine fantastische Landschaft führt uns östlich am „Wilpena Pound“ vorbei durch den Ikara National Park.
Wir treffen bei der Yanyanna Hut auf eine von freiwilligen Helfern nachgebaute Pferdekoppel und bevor wir durch die wilde, ungehobelte und einmalig schöne Brachina Gorge holpern, bieten sich auf den Hügelkuppen atemberaubende Aussichten auf die Flinders Ranges.
Wieder auf der Hauptroute angelangt, sind wir so erfüllt, von dem was wir die letzten Stunden erlebt haben, dass wir die Emotionen erst setzen lassen müssen.
Wir verlassen dazu den Park und fahren nach Parachilna. Dort soll das ikonische Prairie Hotel eine sehr gute Küche anbieten. Sie ist vor allem für den Teller Feral Mix (Emu, Känguru und Kamel) bekannt, was Fabrizio auch bestellt. Und tatsächlich, was wir gewählt haben, hat eine herausragende Qualität.
Bevor uns das Essen serviert wird, haben wir genügend Zeit, das exzellente Bier aus der hauseigenen Brauerei zu kosten und die Gäste, die an der Bar bestellen, zu beobachten. Beim Dresscode sind die Australier ganz unkompliziert. Flipflops geht immer und überall …
Über die historische Stadt Beltana, wo uns eine Frau erzählt, wie ihr Vater die unterirdische Bäckerei entdeckt hat – er sah einen Hasen in einem Loch verschwinden und hob daraufhin die Höhle aus … – fahren wir ins Dreiseelen-Dorf Copley. Ein guter Stopp, wo uns neben einem humorvollen Campingplatz-Besitzer auch das am Morgen gut besuchte Quadong-Café, das gleichzeitig auch eine Bush Bakery ist, sowie Wildpferde erwarten.
10.10. – Roxby Downs
Wetter: blauer Himmel, windig bei 27°C
Hannibal musste heute zur Fusspflege. Ein Stein im Innern des rechten Rads verursacht ein laut schepperndes Geräusch. Wir sind schon von weitem zu hören. Die Sache ist nach einer Viertelstunde erledigt. 75.- AUD verlangt der Mechaniker (in Copley) kurz angebunden. Wir sind verdutzt, zuerst sprachlos und antworten schliesslich: „you are killing us, we are Swiss but not a bank.“ Verschmitzt lächelnd reduziert er den Betrag in drei Schritten auf 25.- AUD.
Beinahe geräuschlos fahren wir nun Richtung Norden. Immer wieder können wir die Fahrt unterbrechen. Zuerst stoppen wir bei einem von den Aborigines einst genutzten Ockersteinbruch, dann bei einem von weitem sichtbaren Steinriesen und schliesslich im Geisterdorf Farina, das plante, ein Weizenanbaugebiet für Südaustralien zu werden. Was für ein verrücktes Unterfangen in dieser sehr regenarmen Gegend. Seit unserem letzten Besuch vor 25 Jahren hat sich einiges geändert. Eine Gruppe Freiwilliger hat sich den Ruinen und den einst kaum sichtbaren Strassen angenommen. Für uns ist dadurch der Reiz dieses einst so einsamen und verlassenen Fleckens irgendwie abhandengekommen.
Ein Mitglied der in den 1980-er Jahren in London gegründeten Performance-Künstlergruppe Mutoid Waste Company hat ca. 50 km westlich von Marree auf dem Oodnadatta Track einen post-apokalyptischen Skulpturen-Park für den Frieden eingerichtet.
Besondere Beachtung in der Welt findet die Installation Plane Henge, zwei in den Boden gesteckte und durch die Flügel verbundene Cessnas. Galahs nisten friedlich in den ausrangierten Cockpits. Insgesamt ein beeindruckendes Mahnmal für den Frieden.
Bis wir vom Oodnadatta Track Richtung Roxby Downs abzweigen begleitet uns heute die in mehr oder weniger gutem Zustand erhaltene Infrastruktur der ehemaligen „Old Ghan Railway“, durchaus ein Fotomotiv.
Nach rund 300 km erreichen wir Roxby Downs, eine Retorten-Siedlung für die Arbeiter der grössten Kupfermine der Welt, deren Vorräte noch über 100 Jahre reichen. Dazu gibt es auch Gold- und grosse Uranvorkommen.
11.10. – Andamooka
Wetter: bewölkt, Unmengen von lästigen Fliegen bei 26°C
1930 fand ein Zaunkontrolleur einer Farm Opal in Andamooka und löste einen Opalboom aus. Eine Stadt entstand, die 1960 rund 2000 Einwohner zählte. Die Menschen mussten harten Umständen trotzen: Hitze, Wassermangel, Staub … So verwundert es nicht, dass die frei zugänglichen historischen Behausungen alles andere als luxuriös sind, selbst für damalige Verhältnisse.
Heute hat Andamooka etwa 260 Einwohner. 57 Jahre ist das Durchschnittsalter. Die Australier beschreiben den Ort im positiven als „quirky“ (schrullig). Wir erleben Andamooka als vernachlässigt und ohne Glauben an eine Zukunft. Kein Ort, an dem man gerne verweilt. So ziehen auch wir weiter.
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