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Raudanes Point
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  • Beitrag zuletzt geändert am:Februar 8, 2025
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Island 2020: Reisetagebuch

1. - 5. August

Myvatn - Hvammstangi

Das Wichtigste in Kürze:

Das Wetter bleibt immer dasselbe: es wird weiter regnen und es bleibt kalt. Einzig an der Ostküste zwischen Raufarhöfn um Thorshöfn macht sich für kurze Zeit eine Schönwetter-Fenster auf. Wir werden heute dorthin fahren.

Wir besuchen die bizarren Lavaformationen von Dimmuborgir kurz vor Myvatn besuchen. Wir folgen danach der F1 in Richtung Osten und holpern gemütlich in Richtung Norden bis Asbyrgi und dann über die F867 rechts in Richtung Raudanes. Die Wanderung zum Raudanes-Point lasse wir uns nicht nehmen. Hier hat das Meer die Lavaströme gestoppt und mit biblischer Ausdauer darin Tunnel ausgefräst.

Wir unternehmen einen Ausflug zur einsamen Landspitze der Halbinsel Langanes. Dort erwartet uns im nirgendwo ein Vogelbeobachtungsposten, eine Plattform die über eine 100 m senkrecht ins Meer abfallende Felswand konstruiert wurde. Spektakulär.

Weiter geht es nach Asbyrgi, wo wir uns mit einem italienischen Touristen wegen des Stellplatzes anlegen. Wir suchen die Sonne und fahren von Asbirgy über Akureyri bis nach Varmahlid. … Allerdings finden wir die Sonne nicht. Wir besuchen den alten Bischofssitz in Holar und treffen auf einem griechischen Kellern, der das garstige Island-Wetter liebt.

 

Samstag, 1. August
Wetter: Bewölkt, die Sonnen strengt sich an durch die dicke Wolkendecke zu dringen. Leichter Wind. Temperatur 10 – 18°C

Gestern haben wir viel Zeit in die Studie der Wetterkarten investiert. Tages- und Halbtagesprognosen, Prognosen im Stundentakt, Wochenprognosen, Prognosen nach Ortschaft, Prognosen nach Region. Aber das Bild bleibt immer dasselbe: es wird regnen und es bleibt kalt. Einzig an der Ostküste zwischen Raufarhöfn um Thorshöfn macht sich für kurze Zeit eine Schönwetter-Fenster auf. Wir werden heute dorthin fahren. Zuerst möchten wir die bizarren Lavaformationen von Dimmuborgir (Mensch! Diese isländischen Ortsnamen sind unaussprechbar!) kurz vor Myvatn besuchen. Dass es sich um eine Touristenattraktion handelt, merken wir bereits von Weitem. Der Parkplatz ist bist auf das letzte Plätzchen gefüllt. Hannibal macht sich doch noch etwas Platz frei. An uns rennen Kinder vorbei, auf ihren Fersen die fluchenden Eltern, dort bellt hysterisch ein Hund, nicht weit entfernten von uns sucht eine Mutter verzweifelt im Gewusel ihres Campers eine Windjacke. Alles in allen der normale Touristenwahnsinn.

Es werden diverse Wanderungen in unterschiedlicher Länge angeboten. Die Wanderwege sind teilweise geteert (vielleicht eine Konzession an die grosse Anzahl amerikanischen Touristen, die Island vor COVID-19 besucht haben). Wir treffen auf eine faszinierende und manchmal Angst einflössende Landschaft, die an eine Geisterbahn an einer Chilbi erinnert. Mit etwas Vorstellungsvermögen (oder ein paar Promillen im Blut) erscheinen die abgebrochenen Lavafelder wie Gesichter von Monstern vergangenen Zeiten. Hier eines mit aufgerissenen Maul, dort ein anderes das auf der Lauer liegt, um auf die vorbeilaufende Beute zu springen. Attackiert wurden wir nicht und wir kommen ohne einen Kratzer abzubekommen auf den Parkplatz zurück.

Wir folgen der F1 in Richtung Osten und biegen nach ca. 20 km links auf die F862. Die Strasse verläuft parallel zur F864, welche wir bereits vor einen paar Tagen, um zum Dettifoss zu gelangen, gefahren sind. Das Wetter ist schön. Wir holpern gemütlich in Richtung Norden bis Asbyrgi und dann über die F867 rechts in Richtung Raudanes.

Als wir in Raudanes ankommen ist es bereits 16:30 Uhr. Wir sind unsicher, ob wir noch Zeit und Mum haben, die 7.5 km lange Wanderung zum Raudanes-Point unter die Füsse zu nehmen. Wir überwinden uns und werden es nicht bereuen. Der Wanderweg folgt grösstenteils der Klippe die fast senkrecht ins Meer stürzt. Hier hat das Meer die Lavaströme gestoppt und mit biblischer Ausdauer darin Tunnel ausgefräst. Obwohl die Sonne immer noch hoch steht, verfärben sich die Wolken bereits mit einem orangegelbem Schleier. Das Herz des Fotografen frohlockt!

Hannibal freut sich wie ein treuer Hund, als wir hundemüde von der Wanderung beim Parkplatz ankommen. Die Letzen 3 km hatten wir einen starken Gegenwind und mittlerweilen waren wir auch sehr hungrig und deshalb leicht gereizt. Never fuck around with hungry monkeys!

Heute Abend werden wir uns in einem lokalen Restaurant verwöhnen lassen. In Thorshöfn, das ca. 45‘ südlich von Raudanes liegt, schlagen wir unsere Zelte auf und laufen mit sabbernden Mäulern zum Restaurant Baran.

Wenige hungrige Touristen und Locals“ sitzen bereits an Tischen und lassen sich bei unserem Kommen kaum ablenken. Am Eingang sitzt wie ein gestrandeter Wahl ein junger Musiker an einer Cola-Dose schlürfend. Dass er Musiker ist, erfahren wir wenig später als er mit seiner Gitarre Stücke von Jonny Cash und Elvis zum Besten gibt. Er quillt förmlich aus seiner Hose. Bei jeder Bewegung macht sein Bauch den Anschein, sich vom Körper zu trennen und sich selbständig zu machen. Er schwabbelt hin und her wie der volle Kuheuter einer überzüchteten Simmentalerkuh.

Der Kellner begleitet uns an unseren Tisch, den er vorher säuberlich mit Desinfektionsmittel gereinigt hat. Er händigt uns freundlich die Menükarte aus. Die Speisen gehen von „Catch of the day“ (Fangfrisches Fischgericht) bis zum traditionellem „Fish and chips“ und „Burger mit french fries“. Sabine entscheidet sich für Fisch, ich für Burger. In der Zwischenzeit sippen wir genüsslich an einem Weissbier, das leicht nach Holunderblüten schmeckt, beobachten neugierig das rege Treiben der lokalen Jugend und gehen den schönen Tag nochmals gedanklich durch. Das Restaurant scheint ein Treffpunkt zu sein. Ehrlich gesagt, es gibt in Thorshöfn kein anderes Lokal, das diesen Namen verdient. Es ist ein reges Kommen und Gehen von jungen Leuten. Die einen bestellen ein Bier, die anderen etwas hochprozentiges. Kein isst etwas. Die einen bleiben im Restaurant sitzen, die anderen gehen draussen eine Zigarette (oder mehrere) paffen.

Hurra! Unsere Speisen kommen. Sie sehen nicht nur gut aus, sie schmecken vorzüglich. Unser friedliches Schmatzen geht im Lärm der Gespräche und der Musik unter.

Punkt 21:30 Uhr beginnt der junge Musiker zu spielen. Die Musik ist Laut und der Verstärker der Gitarre krächzt und quietscht. Resultat … man erkennt ein Stück von Jonny Cash nur noch am Refrain. Es werden Stücke von Elvis in Isländisch gesungen, na ja … dies ist etwas gewöhnungsbedürftig. Die anwesenden Personen sind von der Musik auch wenig beeindruckt. Nach jedem Stück wird der Musiker mit einem müden Applaus „belohnt“. Er spielt „leider“ unbeirrt weiter.

Mittlerweilen ist das Restaurant voll. Wir staunen immer wieder über die „leichte“ Bekleidung der Isländer. Draussen sind bereits zwei Polarbären erfroren und sie laufen in kurzärmeligen T-Shirts und kurzen Hosen rum. Uns friert das Blut in den Venen! Gegen 22:30 Uhr machen wir uns auf den Weg zurück zum Campingplatz, der am Dorfrand liegt und auf dem die Isländer noch stundenlang feiern. Gute Nacht.

PS: wir haben heute keine. 1. August-Raketen abgefeuert.

 

Sonntag, 2. August

Wetter: Bewölkt, starke Windböen. Temperatur 7 – 8°C

 

Miserables Wetter! Gemäss Wetterprognosen sollte es im Westen in den nächsten Tagen „besser“ sein (was auch immer „besser“ in Island bedeutet). Dies bedeutet für uns nichts wie weg! In Isländisch nennen sie dies „Sun chasing“ – auf der jagt nach der Sonne.

Hannibal äussert jedoch den Wunsch, wieder etwas „Gröberes“ als nur Teer unter den Rädern „spüren“ zu wollen. Deshalb führt uns der Weg führt zuerst östlich zur Landspitze der Halbinsel Langanes. Dort erwartet uns im nirgendwo ein Vogelbeobachtungsposten, eine Plattform die über eine 100 m senkrecht ins Meer abfallende Felswand konstruiert wurde. Spektakulär. Die ersten Kilometer der F869 verlaufen anfangs flach und gemütlich. Danach wird die Piste steinig und ist mit Löchern durchsetzt. Wir staunen über die Unmenge Unrat, die das Meer an den Strand gespült hat. Fischernetze, Plastikcontainer,  Bojen, Blachen … Nicht zu übersehen sind die unzähligen Baumstämme. „Die werden aus Sibirien hier her geschwemmt“ erzählt uns ein paar Tage später eine isländische Frau. “Für die Reise benötigen die Baumstämme ca. 7 Jahren“ doppelt sie nach.

 Als wir bei der Vogelbeobachtungsplattform Störikarl ankommen, ist der Wind so stark, dass man kaum gerade stehen kann. Sabine muss Steine in ihren Rucksack füllen, um nicht weggeblasen zu werden. Als wir auf der Plattform aus Metallgittern stehen, präsentiert sich unter unseren Füssen das luftleere Nichts. Vor uns ein Felsmonolit, welcher von Seevögeln besiedelt ist. Ihnen scheint der starke Wind nichts anzuhaben. Sie gleiten ruhig und harmonisch dahin und landen mit chirurgischer Präzision vor ihren Nestplätzen.

 

Später nehmen wir die Küstenstrasse nach Raufarhöfn unter die Räder, wo wir eine kurze Mittagspause einlegen. Danach geht  es weiter nach Asbyrgi, wo wir bereits vor einigen Tagen gerastet haben. Der Campingplatz bietet sich an, da er über eine exzellente Infrastruktur verfügt -grosse saubere Toiletten und Duschen. Fabrizio legt sich auf dem Platz mit einem italienischen Paar an, das vorgibt, das gesamte Gelände für sich selbst gemietet zu haben. Zankapfel für die Auseinandersetzung war die vermeintliche Tatsache, dass wir Hannibal „zu nahe“ an ihrem Zelt parkiert hatten, was klar nicht stimmte. Sie fühlten sich in ihrer Intimität und Ruhe gestört. Fabrizio schaltet auf stur. Hannibal hat keine Lust sich nochmals zu bewegen und es hatte bereits begonnen zu regnen, worauf sich die Italiener für den Rest des Tages in ihrem Zelt verschanzten.

 

Montag, 3. August

Wetter: Regnerisch, leichte Windböen. Temperatur 7 – 8°C

 

Heute ist Fahren angesagt. „Sonne ….  wir kommen!“

Von Asbirgy über Akureyri bis nach Varmahlid. … Allerdings finden wir die Sonne „noch“ nicht. Wir besuchen einen sehr gut erhaltenen (und heute als Museum gestalteten) Bauernhof in Laufas. Wir nutzen die Gelegenheit, einen warmen Kaffee zu trinken und mehr über das Bauernleben vor 100 Jahren zu erfahren. Es ist erstaunlich, wie erfinderisch die Leute sein mussten, um den Widrigkeiten der Natur zu trotzen. Die Torfhäuser sind sehr gut gepflegt und einen Besuch Wert.

 

Akureyri statten wir einen kurzen Besuch ab. Obwohl es Montag ist, sind fast alle Geschäfte geschlossen. Anscheinend ist heute ein Festtag. Aus dem durch die Stadt „Strollen“ wird nichts. Die Kälte schneidet sich wie ein Skalpell den Weg zu unseren Knochen durch.

In Varmahlid übernachten wir. Aufs Kochen verzichten wir und begnügen uns mit einem alkoholfreien Apéro. 

 

Dienstag, 4. August

Wetter: Bewölkt und Regen. Temperatur 7 – 8°C

 

Die Sonne versteckt sich weiterhin. Dafür regnet es um sonst!

Wir fahren lustlos durch die Gegend. Sind wir bei jemandem in Ungnade gefallen? Ist der viele Regen eine Strafe für etwas, das wir verbrochen haben? Heute hängt der Haussegen schief.

Auch der Besuch des alten Bischofssitzes in Holar bringt keine wesentliche Besserung unserer Stimmung. Wir sitzen in einem verstaubten Restaurant und reden mit einem griechischen Kellner über seine Beweggründe nach Island zu ziehen. Als er antwortet „Mir gefällt das Wetter hier“ bleiben wir sprachlos und schauen uns mehrere Minuten an ohne einen Wort zu sprechen gegenseitig an. Einzig und allein als eine Gruppe von Italienern auf der Suche nach einem „guten Kaffee“ in das Restaurant „reindonnert“, erfreuen wir uns einige Momente der Heiterkeit.

 

Ein Chaos bricht aus, als sie sich entscheiden müssen, was bestellt werden soll. Wie eine Schar aufgescheuchter Schafe stehen sie vor der Theke und bombardieren den griechischen Keller mit Fragen und Wünschen. Er bleibt ruhig und stoisch wie ein Fels in der Brandung, antwortet präzis mit „ja“ oder „nein“ und manchmal mit „selbstverständlich“. Resultat der ganzen Aktion? „Es gibt kein Espresso hier so wie wir es gewöhnt sind!“ ist die mit Entsetzen ausgesprochene Sentenz der Italiener – das wussten wir schon im Voraus … sie aber offensichtlich nicht.

 

Das im Angebot stehende Menü scheint das Herz der Italiener nicht zu erwärmen. Suppe und ein Salat, der seine besten Zeiten längst hinter sich hat. „Wir haben noch Salami im Auto“ flüstert einer. Fünf Minuten später tauchen zwei Salami der Grösse eines Feuerlöschers auf … gefolgt von Käse und Brot. So schnell kann das Leben „lebenswert“ werden. Wir schauen dem Treiben amüsiert zu.

 

Als wir in Saudakrokür eintreffen ist es 13:00 Uhr. Wir haben geplant hier zu übernachten aber es ist noch zu früh, um die Zelte aufzuschlagen. Wir gehen in die nächste Bäckerei und verbringen dort den halben Nachmitttag. Unsere Vermutung über die Gründen der sehr robusten Isländer wird bestätigt. Junk-Food en masse!  Eine Mutter und ihre drei Kindern, von der Grossmutter begleitet, schaufeln sich reichlich mit Zuckerguss verzierte Donuts der Grösse eines Ersatzrades den Rachen hinunter. Um dem Reibwiderstand des Zuckergusses etwas entgegenzusetzen, trinken alle dazu eine Cola (nein nicht die 0, sondern die „richtige und einzige“). Als die Kinder infolge der Überzuckerung überaktiv werden, verlassen wir die Bäckerei.  Die andere Hälfte des Nachmittags verbringen wir in einem Thai-China-Mex-Italian Restaurant eine fade Nüdelisuppe bei offener Türe schlürfend (die isländischen Gäste scheine Säcke anstatt Türen in Ihren Häusern zu haben).

 


Mittwoch, 5. August

Wetter: Frag besser nicht! Temperatur? Vergiss es!

 

Die Nachricht, dass die Sonne ihre Ferien in der Schweiz verbringt und die Temperaturen im Bereich von 30°C sind, regt unser Gemüt auf. Deshalb werden wir zum heutigem Tag aus Gründen des Jugendschutzes besser nichts schreiben.

 

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