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Auf dem Rückweg vom Faxasund: Piste ohne Kennzeichnung
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  • Beitrag zuletzt geändert am:Februar 8, 2025
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Island 2020: Reisetagebuch

23. - 31. August

Landamannalaugar - Skaftafell NP - Reykjavik

Das Wichtigste in Kürze:

Über die F208 in Richtung Eldgjafoss versuchen wir, die F235 und eine Piste ohne Namen, die das Gebiet Faxasund durchquert, zu einem Rundkurs zu verbinden. Die F235 führt bis zum Langisjör-See, einem Ausläufer des Vatnajökull-Nationalparks mit Rangerstation, einem Campingplatz mit Toiletten und Trinkwasserversorgung. Danach folgt das weite Nichts …

Über Kirjubaejarklaustur, wo wir Provianten einkaufen, fahren wir weiter in den Skaftafell Nationalpark. Wir wollen die Gletscherzunge des Skaftafelljökull erkunden. Hier stehen auf dem Programm der Svartifoss und die Gletscherzunge. Der Svartifoss ist ein besonders fotogener Wasserfall: Der Fluss stürzt sich von der Höhe einer mit Basaltsäulen geschmückten Klippe in die Tiefe.

Die Wanderung zur Gletscherzunge erweist sich als ein langsames Unterfangen. Mit reifen Früchten vollbeladene Heidelbeersträucher säumen den Wanderweg. Die Versuchung ist zu gross und so stoppen wir alle paar Meter, um uns die süssen Beeren in den Mund zu stopfen. Am Ende sind unsere Finger und der Gaumen dunkelblau eingefärbt.

Der Laki NP ist ein lang ersehntes Ziel von uns. Im 2014 war die Strecke für Mietautos gesperrt. So machen wir uns mit viel Respekt auf den Weg . Ja … Vieles hat sich in den letzten sechs Jahren verändert. Die Zufahrt zum Park präsentiert sich heute in einem sehr guten Zustand. Im Park selbst ist die Piste ein Einbahn-Circuit.

Der Gletscher Myrdalsjökull mit seinen grünen Hügeln als Vorhut steht ganz ober auf dem Programm. Als wir auf die F210 abbiegen, tut sich vor uns eine riesige anthrazitfarbene Sandebene auf. Die Luft ist milchig trüb. Im fernen Horizont machen wir einen Staubwirbel aus.

Wir lassen den Sandsturm hinter uns und die gewonnene klare Sicht bietet uns ein Panorama der Sonderklasse. Schwarzer Lavasand und leuchtend grüne Berge. Der Wahnsinn! Der Lavasand geht langsam in eine Steinwüste über. Wir überqueren eine tiefe Furt mit reissendem Gletscherwasser und sehen dann in der Ferne zwei Wanderer.

Wir fahren entlang der Küste Richtung Halbinsel Reykanes. Wir erkunden noch einige einsame, alleine in der Landschaft stehenden kleine Kirchlein und verlassene Dörfer.

Wir sitzen das schlechte Wetter in Reykjavik aus. Wir haben ein kleines Studio inmitten der Touristenmeile gemietet. Hier brüten wir intensiv über die uns verbleibenden nächsten 2 ½ Wochen. Wir hätten so gerne das Hochland nochmals durchquert … daraus wird leider nichts. Blizzards sind für die nächsten Tage in breiten Teilen des Landes vorausgesagt, begleitet von Schnee und Minustemperaturen.  

 

Sonntag, 23. August
Wetter: Sonnenschein und blauer Himmel bei anfänglichen 4°C. Windstille.

Wir unterhalten uns noch kurz mit Barbara und Urs, unsere Frage sind aber zu viele, um sie in kurzer Zeit beantworten zu können. Wir tauschen unsere Telefonnummern und Mailadressen aus und vereinbaren ein Treffen in der Schweiz im Oktober. Wir freuen uns schon heute riesig darauf.

Über die F208 in Richtung Eldgjafoss werden wir heute versuchen, die F235 und eine Piste ohne Namen, die das Gebiet Faxasund durchquert, zu einem Rundkurs zu verbinden. Die F235 führt bis zum Langisjör-See, einem Ausläufer des Vatnajökull-Nationalparks mit Rangerstation, einem Campingplatz mit Toiletten und Trinkwasserversorgung. Danach folgt das weite Nichts …

Zur Route: Bei der F235 sind anfänglich diverse kleine Wasserfurten zu überqueren. Für Hannibal kein Problem. Nach zwei drittel der Strecke biegen wir nach rechts ab und folgen dem Sveinstindur-Track bis zur Rangerstation. Der Track ist aus feinem Geröll und führt sanft durch eine schwarz-grüne, unwirkliche Landschaft mit bizarren Felsformationen.

In der Rangerstation treffen wir auf die Rangerin und tauschen ein paar Worten über den Zustand der nicht gekennzeichneten Piste für den Rückweg zur F208 aus. Insbesondere interessiert uns die Tiefe der in unserem Offroad-Führer als „schwierig“ bewerteten Furten. „Kein Problem“ versicherte sie uns. „Ich bin zwar seit einen paar Tagen nicht mehr dort gewesen … aber es sollte ok sein“. Es wird sich erweisen, dass es nicht ok ist. Die erste „schwierige“ Furt nach ca. 10 km Piste ist mindestens 70 cm tief, mit sandigem und weichem Untergrund. Fabrizio durchwatet die Furt mit Fischerstiefeln mehrmals. Die Fahrspur in der Mitte der Furt ist sogar noch etwas tiefer. Da wir alleine in einem wenig befahrenen Gebiet unterwegs sind, keine Bäume oder Findlinge, wo wir unsere Seilwinde zur Bergung hätten anbringen können, zu sehen sind … falls … entscheiden wir uns, die Fahrt hier abzubrechen und über die F235 den gleichen Weg zurückzufahren. Schade, schade! Bis zu diesem Punkt ist die Landschaft einer der schönsten, die wir in Island bisher gesehen haben. Aber unsere Sicherheit und die von Hannibal haben Priorität!

Der Entscheid zwischen Durchfahren und Umkehren war nicht einfach zu treffen. Der Faktor, dass Fabrizio die Furt mindestens zehnmal zu Fuss durchquert, um einen „machbaren Weg“ zu finden, zeugt von der Schwierigkeit dieser Aufgabe. „Wir könnten es doch probieren“ sagen wir uns ohne grosse Überzeugung. „Aber was machen wir, wenn wir stecken bleiben?“ „Allerdings, Hannibal wurde für diese Situationen gebaut. Darüber hinaus ist er mit einer hinteren und einer vorderen Differentialsperre ausgerüstet“. „Wir müssen niemandem etwas beweisen, uns selber als erstes nicht“. Dies ist die Schlüsselaussage, die uns zu einem vernünftigen Entscheid führt und uns umkehren lässt.

Klar bereuen wir es sehr, den Rest der Piste nicht fahren zu wollen/können. Wir fühlen uns irgendwie „schuldig“, dass es so gekommen ist. „Wären wir in einem Konvoi gefahren, hätten wir sicherlich die Fuhrt durchquert … bestimmt … ohne zu zögern … aber eben …wir waren alleine“. Im Nachhinein stellen wir fest, dass auch Tage später das Ganze immer wieder in unseren Gesprächen zum Thema wird. Irgendwie, tief in unserem Bewusstsein, nagt es an unserem Stolz, dass wir es doch nicht gewagt haben.

Zurück auf der Piste F208 fahren wir rechts am Eldgja-Wasserfall vorbei und schlagen unsere Zelte beim Holaskjiol Campingplatz auf. Fabrizio legt sich hier mit einer Gruppe Landi-Besitzern an. Der Zankapfel ist immer dasselbe, welches Fahrzeug ist das beste, der Landrover oder der Toyota Landcruiser. Fabrizio und die Landi-Besitzer zünden sich gegenseitig an. Als etwas harschere Töne bzw. Andeutungen fallen, bricht Fabrizio das Gespräch ab. Wir werden sie wieder in Skaftafell-Nationalpark treffen.

Montag bis Dienstag 24./25 August
Wetter: Montag, bewölkt aber kein Regen. Temperatur 8°C. Dienstag, blauer Himmel und Sonne pur. Temperatur 12°C

Wir schlafen aussergewöhnlich lange. Um 09:00 Uhr stehen wir auf und merken, dass wir die letzten Campierenden sind. Wir machen uns gemächlich fertig und fahren über Kirjubaejarklaustur, wo wir Provianten einkaufen, weiter in den Skaftafell Nationalpark. Wir wollen die Gletscherzunge des Skaftafelljökull erkunden. 2014 mussten wir aufgrund des starken Regen und Nebels den Park unverrichteter Dinge verlassen.

Als wir dort ankommen, deckt der Nebel die Bergspitzen ab und der Gletscher ist nur teilweise sichtbar. Wir buchen zwei Nächte im Camping. Sabine „macht die Wäsche“ und Fabrizio faulenzt … wie üblich. Der Zeltplatz lässt keine Wünsche offen, ist sauber und grosszügig angelegt, die Duschen sind heiss und kostenlos, dasselbe gilt auch für die Waschmaschine und den Tumbler. Hecken schützen die Campinggäste vor den starken Windböen, die mit der Regelmässigkeit eines Metronoms in die Flanken des Platzes hinein donnern.

Am Montagmorgen begrüsst uns die Sonne mit einem breiten Lächeln. Der Himmel ist blau, keine Wolken … nicht mal ein einziges klitzekleines Wölkchen. Wir sind nicht unglücklich. Perfektes Wanderwetter. Zeit die schwere Fotoausrüstung und das noch schwerere Stativ zu schultern. Auf dem Programm stehen der Frangifoss und die Gletscherzunge. Die Wanderung dauert ca. 3 Stunden. Wir sind relativ früh unterwegs, was sich beim Fotografieren eines Wasserfallen als Vorteil erweist. Man fühlt sich von den „anderen“ nicht bedrängt, wenn man sich die Zeit für Langzeitaufnahmen nimmt. Der Svartifoss ist ein besonders fotogener Wasserfall: Der Fluss stürzt sich von der Höhe einer mit Basaltsäulen geschmückten Klippe in die Tiefe, die Sonne beleuchtet den Wasserfall von vorne, es gibt kein grosses Gefälle zwischen Licht und Schatten. Die Bilder gelingen selbst für den äusserst selbstkritischen Fabrizio sehr gut.

Wir verlassen den Svartifoss als eine Horde Touristen im Anmarsch ist. Fabrizio nimmt mit seinem Stativ sehr viel Platz in Anspruch und will keine „Lämpen“ heraufbeschwören.

Die Wanderung zur Gletscherzunge erweist sich als ein langsames Unterfangen. Mit reifen Früchten vollbeladene Heidelbeersträucher säumen den Wanderweg. Die Versuchung ist zu gross und so stoppen wir alle paar Meter, um uns die süssen Beeren in den Mund zu stopfen. Am Ende sind unsere Finger und der Gaumen dunkelblau eingefärbt.

Von der Höhe des Bergkamms breitet sich die ganze Schönheit des Gletschers zu unseren Füssen vor uns aus. Das Eis hat unterschiedliche Farben. Teile des Gletschers sind blau (zu vielen Beeren gegessen?), andere wiederum durch die Vulkanasche schwarz eingefärbt. Im vorgelagerten Gletschersee schwimmen kleine weisse Eisberge. Umwerfend schön …. Wie Eidechsen mit Entzugssymptomen räkeln wir uns auf den Felsen und geniessen die warmen Streicheleinheiten, die die Sonne uns gütig verteilt.

Der Rest des Tages ist „dolce far niente“. Wir haben es verdient …

Am Abend trifft Sabine beim Küchendienst die Landi-Besitzer. Sie wird warmherzig begrüsst. Der „Chef“ unter ihnen bleibt mit Fabrizio jedoch auf Kriegsfuss. Er macht ihm später eine falsche Angabe über die Tiefe einer Furt auf dem Weg zum Laki-Nationalpark.


Mittwoch, 26. August
Wetter: blauer Himmel und Sonne pur. Temperatur 13°C

Der Laki NP ist ein lang ersehntes Ziel von uns. Im 2014 war die Strecke für Mietautos gesperrt und nach Aussagen von Ortskundigen wären die Wasserfurten für den von uns gemieteten KIA zu tief bzw. eine zu grosse Challenge gewesen.

So machen wir uns mit viel Respekt auf den Weg . Ja … Vieles hat sich in den letzten sechs Jahren verändert. Die Zufahrt zum Park präsentiert sich heute in einem sehr guten Zustand. Abgesehen von den allgegenwärtigen Schlaglöchern ist der 4x4Track einfach zu befahren. Die einzige Wasserfurt, die zu einem Problem hätten werden können, ist aktuell nicht mehr als ein Rinnsal. Im Park selbst ist die Piste ein Einbahn-Circuit. Dadurch wird vermieden, dass bei Gegenverkehr das ausweichende Fahrzeug immer neue Fahrspuren neben der Fahrbahn in die Landschaft „fräst“. Clever! Aber … es gibt immer noch Idioten, die nicht genug schnell vorwärts kommen und uns durch verlassen der Piste überholen. F….. idiots.

Am Ende des Tages sind wir unschlüssig, ob uns der ca. 110 km-lange Ausflug nach Laki NP gefallen hat oder nicht. Eine gewisse Enttäuschung ist bei uns beiden spürbar. Wir hatten spektakuläre Bilder von den Vulkanen in Kopf, die wohl aus Flugzeugen oder von Drohnen aufgenommen worden sind. Nur von oben ist das grandiose Panorama der Vulkanketten richtig sichtbar. Einzig das kurze Gespräch, das wir mit der jungen Rangerin bei der Rangerstation führten, hallt uns noch im Kopf nach. Insbesondere als Fabrizio sie direkt fragt: „Warum sind die meisten Ranger Frauen?“ antwortet sie gar nicht überrascht. “Viele Leuten stellen mir die selbe Frage… Vielleicht weil Frauen die Einsamkeit besser ertragen“. Dies ist eine Aussage, über die wir noch lange Nachdenken werden.

Am Abend gehen wir im einzig geöffneten Restaurant von Kirkjubaejarklaustur essen. Das Angebot überrascht uns nicht und die Menükarte ist schnell gelesen. Sabine bestellt ein Rentier-Burger mit Frenchfries, Fabrizio ein Lammfilet-Sandwich mit Süsskartoffel-Fries. Der Koch hat an den Fritten nicht gespart. Wir bekommen einen Berg davon. Uns schmeckt es, auch wenn uns die Fritten langsam langweilen. Sie sind die Standardbeilage in vielen Restaurants: Sie sind einfach zu kochen, es gibt keine Rüstabfälle und keiner der Kunden beklagt sich, dass zu wenig Gemüse auf dem Teller zu finden ist. Ein grosses Glas Bier begleitet uns beim Nachtessen.


Donnerstag 27. August

Wetter: Der Morgen beginnt mit Sonne. Im Laufe des Tages gesellt sich eine kräftige Brise dazu. Gegen Abend bedeckt sich der Himmel mit einer dichten Wolkenschicht. Temperatur 10 – 13°C

Wir alle sind nervös und neugierig, als wir bei der grosszügigen für Touristen erstellten Design-WC-Anlage aus Holz an der Ringstrasse den Druck in Hannibal‘s Pneu verringern und uns an die Hochlandüberquerung über die Pisten F209, F210 und F269 machen. Was wird der Tag uns bringen, welche Eindrücke werden sich uns unwiderruflich in unserer Hirn brennen?

Links der Piste begleitet uns während einigen Dutzend Kilometern der Gletscher Myrdalsjökull mit seinen grünen Hügeln als Vorhut, vor uns die Weiten der braunen Kieselwüste und neben uns ein Wildbach, der manchmal sein weisses Wasser über bildschöne Kaskaden Niveauunterschiede überwinden lässt oder es der Ebene zur Bewässerung einer grün leuchtenden Oase spendet. Wir glauben uns im Paradies. Wir versuchen, das sich uns bietende Naturspektakel in Bildern festzuhalten. Wir wissen genau, das dies nur ein schwachen Abbild dessen sein wird, was wir wirklich gesehen, gehört, gefühlt, gerochen haben.

Als wir auf die F210 abbiegen, tut sich vor uns eine riesige anthrazitfarbene Sandebene auf. Die Luft ist milchig trüb. Im fernen Horizont machen wir einen Staubwirbel aus. Ein Isländer stoppt uns und fragt uns: „Wisst ihr was ihr da tut?“ Wir sind perplex, was meint er. „Da hinten gilt es einen mächtigen Wirbelsturm zu durchqueren, absolut keine Sicht …“ ergänzt er. Wir versichern ihm, dass wir gut ausgerüstet seien und wissen, was wir tun. Er lässt aber ich locker. „Ich bin eine Halbe Stunden durch den Sandsturm gefahren …“ Er sieht’s aus, als ob er von irgendwas auf der Flucht wäre.

Wir fahren los. Schon bald werden Hannibals Flanken mit sandigen, starken Windstössen traktiert. Die Sicht reduziert sich auf 5-10 m. Wir orientieren uns an den gelben die Piste markierenden Holzstöcken. Nur die Kamele fehlen noch … und bitte jetzt kein Gegenverkehr. Dieser wäre unter solchen Bedingungen nur im letztem Moment auszumachen, was sehr gefährlich werden könnte. Das ganze dauert etwa eine ohrenbetäubende halbe Stunde. Dann sind wir durch . Wir waren zwar technisch vorbereitet, allerdings wird die Wucht eines solchen Sturmes erst richtig fassbar, wenn man mitten drin war.

Wir lassen den Sandsturm hinter uns und die gewonnene klare Sicht bietet uns ein Panorama der Sonderklasse. Schwarzer Lavasand und leuchtend grüne Berge. Der Wahnsinn! Der Lavasand geht langsam in eine Steinwüste über. Wir überqueren eine tiefe Furt mit reissendem Gletscherwasser und sehen dann in der Ferne zwei Wanderer. Ein seltsames Bild. Am Horizont zwei farbigen Punkte, die sich in einer Mondkulisse im Schritttempo vorwärts bewegen. Unsere Wege kreuzen sich ein wenig später. Wir winken uns mit einer Hand freundlich zu.

Wir sind müde. Die Lange Fahrt und die ständige Konzentration beim Fahren verlangen langsam aber unaufhörlich ihren Zoll. Vor uns liegen noch ca. 45 km holprige Piste. „Ich hoffe, wir sind vor 20:00 Uhr durch, bevor es einzudunkeln beginnt“ sagt Fabrizio etwas nachdenklich. „Haben wir uns heute übernommen?“ Es ist der Zeitpunkt beim Offroaden, wo man der Versuchung, schneller zu fahren, widerstehen muss. Gibt man dieser Verlockung nach, sind Schäden am Fahrzeug vorprogrammiert.

Die enge Piste in Richtung Porsmörk windet sich nach der Passhöhe steil den Berg hinunter. Unten angekommen folgt sie rechterhand dem Fluss Markarfljot. Die Fahrt in einem ausgetrockneten ehemaligen Flussbett ist sehr holprig und ermüdend. Als wir dann gemäss Führer endlich am Trackende und wieder auf Asphalt sind, wird das Durchhaltevermögen wirklich getestet. Denn bis zum Campingplatz sind weitere 60 km zurückzulegen. Erst dort gibt es für Fabrizio die wohlverdiente Pause, allerdings muss beim Hubdach zuerst noch der Regenschutz angebracht werden, am Himmel hängen dunkle Regenwolken.


Freitag 28. August
Wetter: Dunkle Regenwolken mit einzelnen Schauern. Es bläst ein kühler Wind. Temperatur ca 10 – 11°C

Wir fahren entlang der Küste Richtung Halbinsel Reykanes. Wir erkunden noch einige einsame, alleine in der Landschaft stehenden kleine Kirchlein und verlassene Dörfer. Allenfalls möchten wir uns auch ein Bad in der blauen Lagune, einem weiteren Touristenmagnet, gönnen.

Beim Erkunden dieser kleineren und grösseren Sehenswürdigkeiten kommen wir nicht richtig auf Touren. Eigentlich verlangt unsere Seele nach Sonnenschein, Wärme und etwas Verwöhnt werden. Die beiden ersten Elemente fallen schon einmal weg und ein nettes Kaffee taucht vor 15.00 Uhr auch nicht auf. Wir begnügen uns gegen 16.00 Uhr schliesslich mit einem Filterkaffee in einer nüchternen altbackenen Bäckerei.

Unsere Lust auf die blaue Lagune lässt, je näher wir dem Thermalbad kommen, immer mehr nach. Schlussendlich suchen wir ein nettes Fischrestaurant und lassen uns mit einer verführerischen Krabben-Tempura sowie Fischsuppe und danach dem „Catch of the day“ verwöhnen. Die Speisen sind überraschend gut zubereitet und tragen zu einem versöhnlichen Tagesende bei.


Samstag 29. – Montag 31. August

Wetter: Bewölkt mit leichtem Regen. Temperatur 10 – 12°C

 Letzte Tage in Island
„Alea iacta est“ Die Würfel sind gefallen! Wir kehren Heim!

Wir sind seit drei Tagen in Reykjavik und warten auf schönes Wetter bzw. positive Prognosen. Wir haben ein kleines Studio inmitten der Touristenmeile gemietet. Hier brüten wir intensiv über die uns verbleibenden nächsten 2 ½ Wochen. Wir hätten so gerne das Hochland nochmals durchquert … daraus wird leider nichts. Blizzards sind für die nächsten Tage in breiten Teilen des Landes vorausgesagt, begleitet von Schnee und Minustemperaturen. Wir wollen uns diesen gefährlichen Wetterkapriolen nicht aussetzen und verschieben unsere Rückreise bei Smyrilline um zwei Wochen. Wir werden Island am 2. statt 16. September verlassen. Wir sind enttäuscht, dass wir unseren Plan nicht haben umsetzen können. Aber eben … Reisen bedeutet auch improvisieren und sich den neuen Rahmenbedingungen anpassen.

In der Hauptstadt sind die Folgen des COVID-19-Lockdowns deutlich spürbar. Viele Restaurants und Geschäfte sind geschlossen. Wenige, warm gekleidete Touristen durchstreifen die Strassen. Gekauft wird wenig. Nur flüchtig und kurz werden die noch offenen Läden betreten. Ein grauer Schleier hat sich wie eine feine Schicht Vulkanasche auf die Umgebung gelegt. Welcher Unterschied zu 2014. Damals waren so viele Leuten unterwegs, dass ein Vorwärtskommen in den Gassen mühsam war. Von den Geschäften floss laute Musik auf die Gassen hinaus … heute … vernehmen wir nur ein Flüstern.

Auch wir schlendern wenig motiviert durch Reykjavik. Bestaunen die farbigen Wellblechhäuser, besuchen das Nordic House von Álvaro Aalto und lassen es uns mit riesigen Buttercroissants und Scones sehr gut gehen. Sonst verbringen wir die Abende mit Movies von Netflix und nutzen die Möglichkeiten einer richtigen Küche (Lammkarre mit Bratkartoffeln und Kohlsalat) und eines festen Tisches. Trotzdem … ja … wir sind zur Zeit etwas uninspiriert … Die Luft ist raus!

 

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