22. – 27. April: Esperance – Kalgoorie – Lake Ballard – Sandstone – Cue
Das Wichtigste in Kürze:
Wir verlassen Esperance und die Südküste. Die Wetterprognosen sind schlecht und der Zugang zum Cape Arid Nationalpark ist leider geschlossen. Zu gross sind die Schäden der Pisten infolge vergangenen Sturms. Wir richten unseren Nasen nach Norden Richtung Kalgoorlie. Die Minenstadt ist nur noch ein fades Abbild einer glorreichen Vergangenheit. Trotzdem ist ein Besuch des Super Pits, ein gewaltiges Loch, der jegliche Vorstellung übertrifft, und des Museum of the Goldfields einen Stopp wert.
Nach Menzies statten wir dem Lake Ballard und seinen ikonischen Chromstahl-Skulpturen einen Besuch. Hier tauchen wir für zwei Stunden in einer anderen magischen Welt.
Nach unserer ersten Übernachtung in der Wildnis und eine Fahrt durch den weiten WA-Outback erreichen wir völlig abgekämpft Cue, ein niedlicher und sauberer Minendorf. Hier erholen uns von den Strapazen der letzten Tage.
Übrigens: währen der letzten Tage haben uns eifrige Fliegen das Leben schwer gemacht … thats the Outback …. take it or leave it!
22.4. – Dundas Town Site, Norseman
Wetter: Blauer Himmel, warm bei 28°C
Auf dem Weg durch die Goldfelder von Westaustralien (WA), fahren wir in den Busch und treffen auf einen Wegweiser, der die Hauptstrasse von Dundas Town markiert und auf ein verrostetes Blechfass mit einigen Memorabilien. Das ist alles, was von der nach einem Goldfund im Jahre 1894 gegründeten Siedlung (71 Männer, 28 Frauen) mit einem Hotel, einer Kirche, einer Schmiede und einigen einfachen Häusern übrigbleibt. So schnell die Stadt gegründet wurde, so schnell wurde sie verlassen.
Im 25 km nördlich liegenden Norseman wurde eine ergiebigere Goldquelle gefunden und so zogen die Menschen weiter. Die an diesem Standort aufgestellte Tafel reflektiert die Geschichte dieses Ortes folgendermassen:
„But if a town has no problems or obstacles to face, its progress becomes stagnated because there is no competition and there is no need to expand to overcome any obstacles. Dundas was such a town and lost the initiative to the young and virile Norseman.“
Ein häufiges Schicksal der einstigen boomenden Städte in den „Goldfields“ von WA.
Von Norseman bleibt uns vor allem die riesige Schutthalde der Goldmine am Fusse des Bacon Hill. Auch bei dieser Stadt, die einst 100‘000 Ounces (3.4 t) Gold förderte ist der Bevölkerungsschwund in den letzten gut 100 Jahren markant. Lebten hier 1910 4’000 Menschen, waren es 2001 noch rund 1’000 und aktuell sind es weniger als 600. Was wird erst passieren, wenn die Mine ganz schliesst?
23.4. – Kalgoorlie
Wetter: Blauer Himmel, warm bei 28°C
Kalgoorlie, das an der Golden Mile liegt – einer der größten Goldadern der Welt -wurde auf den Hoffnungen und Träumen der Glückssucher gegründet, die in den späten 1800er-Jahren hierher strömten. Der Gewinn wurde investiert in prachtvolle, heute historische Gebäude wie Theater, Gerichte, Regierungsgebäude, Villen und weitere Prestigebauten. Vor unserem inneren Augen sehen wir die Frauen in ihren weissen Roben am Arm ihrer erfolgreichen Gatten durch die breite Hannan Street zum Theater flanieren.
In der Gegenwart ist Kalgoorlie mit rund 30‘000 Einwohnern die grösste Outback-Stadt Australiens. Bis heute ist der Bergbau der bestimmende Treiber des wirtschaftlichen Wohlergehens dieser Stadt. Gemäss Standortmarketing ist Kalgoorlie-Boulder „one of the most desirable places to live in rural Western Australia“ und wird als dynamische und moderne Bergbaustadt beschrieben.
Das können wir kaum nachvollziehen. Wir erleben Kalgoorlie-Boulder als eine Stadt, die bestimmt schon bessere Zeiten erlebt hat und heute eher ein Abklatsch ihrer goldenen Zeiten ist. Bei vielen Gebäuden blättert die Fassade ab und hinter dieser gibt es kein Leben mehr. Viele Läden, Hotels und Restaurants – selbst in der Hannan Street – sind geschlossen bzw. die Flächen sind zu vermieten – unserer Schätzung nach mindestens 50%. So macht das Flanieren wenig Spass. Hat COVID zu dieser Entwicklung beigetragen? Gemäss Insidern ist es eher die Praxis der FIFO-Workers, diese werden temporär für die Arbeit in der Mine ein- und für die Ruhephasen wieder zu ihrer Familie ausgeflogen. Arbeit und soziales Leben finden an zwei unterschiedlichen Standorten statt. Zum Niedergang des Gewerbes im Ouback führt aber auch der Einkauf via Internet.
Überwältigend ist das schiere Ausmass der 3.5 km langen, 1.5 km breiten und 600 m tiefen Super-Pit-Goldmine, aus der heute noch jährlich 28‘000 kg Gold gefördert wird.
Sehr interessant und beeindruckend ist auch das Museum of the Goldfields. Neben einigen schönen Gold-Nuggets- und Goldbarren-Exponaten wird die Geschichte des Goldrausches erzählt. Im Innenhof finden sich einige typische Gebäude aus der Pionierzeit, die die Lebensbedingungen der Goldgräber und ihrer Familien erahnen lassen, alles andere als einfach und luxuriös.
Auf unserem Weg zurück zum Campingplatz in Boulder wandern wir durch den riesigen gepflegten Hammond Park, wo wir den Eukalyptus in all seinen Blütenständen erleben.
24.4. – Lake Ballard
Wetter: Blauer Himmel, starker bissiger Wind bei knapp 20°C
Heute haben wir mal eben die Schweiz von Osten nach Westen durchquert und sind dabei auf Wesen aus einer anderen Welt gestossen. Hier in Australien hat alles grössere Dimensionen, die Distanzen, die Baustellen und auch die Kunst.
Am Morgen wurden wir über ein paar Kilometer durch eine Baustelle mit riesigen Maschinen geleitet. Am Mittag erreichen wir, rund 56 km nördlich von Menzies, immer noch auf guter Asphaltstrasse Lake Ballard, wo uns eine gigantische Openair-Ausstellung des englischen Künstlers Antony Gormley erwartet.
Die 51 mystischen Skulpturen aus Chromstahl repräsentieren 51 Einwohner von Menzies. Für das Bodyscannig mussten sich die Modelle nackt ausziehen. Dies bedingte von Gormley ein längerer Vertrauensbildungs-Prozess. Währenddem der Künstler die Grösse der Menschen in seinen Werken unverändert liess, verdichtete er die Körpermasse um 2/3 in ihrer Breite. In 750 m Abstand wurden dann die menschlichen Replikas auf dem Salzsee verteilt, eine magische Installation.
Wir haben dieses Kunstwerk bereits vor 20 Jahren besucht. Aber auch diesmal hat es nichts von seiner Faszination verloren und uns völlig in seinen Bann gezogen. Wir können kaum aufhören, diese Wesen zu knipsen und lassen uns auch von den lästigen Fliegen nicht beirren.
Danach fahren wir nochmals 200 km auf guter Gravelroad weiter Richtung Sandstone und verbringen unsere erste Nacht alleine im Outback.
25.4. – Cue
Wetter: Blauer Himmel, Warm bei 28°C
Gut 400 km einsame Piste, ein paar verlorene, aufgegebene Minenschäfte, das sterbende Outback-Dorf Sandstone und einige wunderschöne Schnappschüsse liegen zwischen unserem wilden Camp und dem herausgeputzten Cue.
Die Piste ist gut und so kommen wir zügig voran, bis die von uns gewählte Abkürzung vor einem Farmgatter endet, dahinter verborgen ein immenser Maschinenpark und ein paar dunkle Kälber. So kehren wir kurze 15 km zur Hauptpiste zurück, fahren 31 km Richtung Norden und versuchen es erneut mit einem „Shortcut“ Richtung Westen.
Dieser erweist sich mit seinen Auswaschungen als bedeutend ruppiger und wir schalten den 4×4 hinzu. Die Piste führt durch eine sehr schöne und wilde Landschaft mit sogenannten Breakaways und einer weiteren Augenweide, einem rennenden Emu-Weibchen mit ihrem Nachwuchs.
Nach etwa 14 km landen wir wieder vor besagter Farm. Doch diesmal führt der Weg an ihr vorbei und mündet nach kurzem in eine gute Kiesstrasse.
Müde erreichen wir am Abend den blitzeblanken Campingplatz von Cue. Fabrizios Herz schlägt nun höher. Hier war er vor zehn Jahren auf einer Goldprospecting-Tour und der Platz ist auch jetzt durch viele Goldsucher belegt…
26.4. – Walga Rock
Wetter: Blauer Himmel, Warm bei 30°C
Der nach Uluru zweitgrösste Granit-Monolith Australiens ( Länge 1.5 km, Diameter 5km) beherbergt in einem 60 m langem überhängenden Kliff 10‘000 Jahre alte Felszeichnungen, die die spirituelle Bedeutung dieses Ortes für die Aborigines hervorheben.
Ein Rätsel ist, wie es zur Darstellung eines europäischen Segelschiffs um die Jahre 1800 kam, da der Ort über 300 km von der Küste entfernt liegt.
Der Blick vom Monolithen ist schlicht weg atemberaubend besonders jetzt, wo der Regen viele kleine Pools zurückgelassen hat und sich die Flora besonders üppig Grün zeigt.
26.4. – Big Bell, eine Geisterstadt
1936 wurde die Stadt im Zusammenhang mit Goldfunden gegründet aber bereits Mitte der 50er Jahre wieder verlassen, als die Ergiebigkeit der Goldmine nachliess.
Bis dahin wurden nebst den Behausungen eine Schule, ein Theater, eine Kirche und ein solides Hotel mit der längsten Bar Australiens gebaut sowie die Schienen der Eisenbahn von Cue bis Big Ben verlängert. Das Hotelgebäude steht heute noch.
Wir schlendern durch die Strassen dieser Geisterstadt und sinnieren darüber nach, wie viele Träume wohl wahr wurden und wie viele ihre Hoffnungen unter Trümmern begraben mussten.
28.4. – Cue Goldprospecting Day 1
Wetter: Blauer Himmel, Warm bei 30°C
Sonntag, Goldsuchtag, Ruhetag war gestern. Heute gilt es für Fabrizio ernst, er darf endlich den neuen „Detektor“ ausprobieren. Wir wurden von einem kauzigen älteren Aussie, Giuseppe mit Hund Cäsar und sizilianischen Wurzeln, zum Goldsuchen eingeladen. Eine solche Chance lassen wir uns natürlich nicht entgehen.
Und schon bald piept es links und rechts von mir. Und bei Verdacht auf Edelmetall wird kräftig mit dem Pickel die Erde bearbeitet und danach die Erde von Hand über dem Coil gesiebt. Beide sind erfolgreich und finden ein paar klitzekleine Nuggets. BRAVO, GOOD DETECTING!
Währenddem vertreibe ich mir die Zeit, die Natur von nahem anzuschauen und entdecke für mich eine interessante Vielfalt – den Hundertfüssler allerdings haben wir heute Morgen auf dem Camping fotografiert.
Am Abend spielt sich ein Schauspiel in weiter Ferne von uns ab: Blitze zerreissen den dramatischen Himmel. Bis zu uns kommt das Unwetter nicht.
29.4. – Cue Goldprospecting Day 2
Wetter: Blauer Himmel, Warm bei knapp 30°C
Wie meditativ die Goldsuche sein kann, erlebe ich heute. Während Fabrizio seinen Detector schwingt, gebe ich mich kontemplativ der Naturbeobachtung mit all meinen Sinnen hin.
Am Morgen ist die Erde noch feucht, die Luft frisch, der Boden tiefrot mit vielen dunklen Steinen und ab und zu mit dunklen Kotspuren der Kängurus und den helleren, Pferdeäpfel gleichen Ausscheidungen der Rinder.
Die Sonne steht noch tief, die Schatten sind lang. Fabrizio verfolgt beharrlich einen sich mir nicht erschliessenden Pfad. Er spricht von menschlichen Hinterlassenschaften wie Steinansammlungen von Dryeblowern (mit diesen haben Sie das schwerere Gold von der Erde getrennt) und trifft vorerst mal auf viele „hot rocks, hot ground …“ (magnetische Steine, Erde) und Nägel.
Ich (Sabine) folge ihm, beobachte, meditiere, fiebere bei lauten Signalen des Detectors mit, mobilisiere mit PILATES-Übungen die Hüfte sowie den Schulterbereich und übe mit Aktivierung der tiefen Bauchmuskulatur die Stabilität.
Aus den wenigen in die Höhe wachsenden Steinen entstehen bei mir ganze Talschaften und Schluchten, sogar eine Steinblume mache ich aus … und dann oh Wunder entdecke ich eine kleine Echse auf einem Stein, beautiful!
Doch das goldene Glück ist heute nicht auf unserer Seite. Weder am ersten, noch am zweiten, noch am dritten Standort finden wir ein Nugget. Der dritte Versuch führt uns jedoch in eine optisch sehr hübsche Region und durch eine ins Auge stechende unordentliche Outback-Farm.
What else? Ein Bataillon von Fliegen verfolgt uns auch heute auf Schritt und Tritt. What about prospecting? Fab will give it tomorrow another go …
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