Albanien 2023: Reisetagebuch
17. Juli - 4. August
Berat - Shkodra
Das Wichtigste in Kürze:
Nach Berat Reisen wir über Stock und Stein Richtung Norden. Wir treffen auf halbverlassene Ölfelder, die lebensgefährlichen Chrom-Minen von Bulquizë und übernachten häufig wild. Die meisten Pisten sind in einem erbärmlichen Zustand und wir werden fast zu Tode geschüttelt. In Peshkopi verbringen wir einige Tage in einem kleinen, aber feinen Camping und werden von der Besitzerin nach Strich und Faden verwöhnt. In Valbonë erleben wir eine bombastische Bergwelt und laufen uns die Beine in den Bauch bevor wir mit einer fast schiffsbrüchigen Fähre den Koman-Stausee mit seiner wilden Kulisse von Norden nach Süden überqueren. Von Shkodra aus besuchen wir den Theth Nationalpark mit seinen gewaltigen Bergen. Für unsere letzten Tage in Albanien lassen wir uns am Shkodra-See nieder und geniessen das wohlverdiente Nichtstun.
17. – 19.7. – Offroad in die Berge
Wetter: Sonnig und sehr warm
Temperatur: 21 – 38°C
Der «Nase nach» fahren wir Richtung Norden und treffen auf ungewöhnliche Objekte: Bohrtürme und Förderanlagen. Einige dieser altertümlichen und rostigen Ungetüme arbeiten noch.
Aus dem Internet erfahren wir, dass diese Umweltsünder trotz Verbot immer noch Öl fördern und den Boden sowie das Wasser verschmutzen.
Der Hitze zum Opfer fällt die Besichtigung der Stadt Elbasan. Dafür gehen wir gleich am Pistenanfang in das schicke Restaurant Lugina Gjelbërt mit Klimaanlage und geniessen die großartige Aussicht sowie das italienisch angehauchte Essen.
Danach erklimmen wir mit Hannibal den Berg und errichten unser Camp hinter einem Busch auf einer Wiese mit Weitsicht. Die Piste ist sehr holprig … wir sind aber an diesen Zustand langsam gewöhnt! Auf rund 1200 m ü. M. ist die Nacht angenehm kühl.
18.7. – Die Chrom-Minen von Bulqizë, ein Exkurs
Heute werden wir mit Bildern wie aus dem Mittelalter konfrontiert. Zuerst nehmen wir die Chrom-Minen von Bulqizë aus der Ferne wahr und dann müssen wir sogar mittendurch fahren. Kein Fahrverbot, keine Signalisation, keine Kontrolle. Über der von uns gefahrenen Piste werden die Loren von Hand ausgekippt … und die Steinbrocken rollen den Hang hinunter – werde nochmals von einer Frau von Hand begutachtet … bis zur Piste! Mit einem mulmigen Gefühl schleichen wir uns im Eiltempo durch rostige Muldenkipper und ausrangierte Mineninfrastruktur durch und werden dabei von den Minenarbeitern argwöhnisch beobachtet.
Ein Bericht bestätigt uns die rückständige Technologie und die katastrophalen Arbeitsbedingungen für die Menschen, die dort arbeiten: Ein Minenarbeiter verdient rund 400 Euro im Monat, 190 Euro mehr als der Mindestlohn in Albanien (Stand 2021). Doch dafür ist er weder Unfall- noch krankenversichert. Er trägt ein hohes Risiko. Verunfallt er, bleibt die Familie ohne Einkommen. Auch im Todesfall.
Der Minenbesitzer ist mit 1.2 Mrd. Euro Vermögen der reichste Mann Albaniens. Er bzw. die Mine bezahlt keine Steuern. So zerfällt die Infrastruktur. Wer kann, wandert aus dieser armen Region ab.
Ein Minenarbeiter und Politiker beschreibt die Situation wie folgt: „Bulqizë. Reich unter der Erde und arm oberhalb. Wo ein Menschenleben weniger wert ist als das Chrom.“ Dieser Wahlslogan hat ihn den Job gekostet.
Ein Experte beim Europäischen Gewerkschaftsbund (im Ruhestand) definiert die Situation der Minenarbeiter folgendermassen: „Das Recht, das sie haben, ist: endlos zu arbeiten, schlecht bezahlt zu werden und über wesentliche soziale Rechte nicht zu verfügen. Das sind ihre Rechte.“
Nach unserer zweitägigen Offroad-Reise durch die Berge von Zentralalbanien kommen wir auf dem idyllischen Camping Peshkopi Kapxhiu in Peshkopi an.
Die Piste war vor allem am ersten Tag viel anstrengender als beschrieben: Tiefe Auswaschungen, Schlamm und die alte holprige nicht unterhaltene Pflasterstrasse sind ermüdend und verlangen von Fabrizio viel Konzentration und Aufmerksamkeit. Während die beiden Teilstrecken (N-12 + N-09 von Pistenkuh) am ersten Tag mit einer abwechslungsreichen Natur (Mischwald, bunte Magerwiesen und immer wieder aussergewöhnliche Panoramablicke) belohnt wurde, begeistert uns die Piste N-08 eher mässig. Sie führt auf altem Kopfsteinpflaster mit tiefen Auswaschungen hauptsächlich durch dichten Laubwald mit den obligaten Schlammlöchern. Das ständige Holpern geht uns langsam auf die Nerven und schmälert unsere Freude an der Umgebung. Piste fahren nur der Piste wegen, ist für uns eine zu geringe Motivation geworden, um die Strapazen eines stundenlangen „Höllenritts“ auf uns zu nehmen.
Umso dankbarer sind wir für den warmherzigen Empfang der Campingbesitzer und das reichhaltige Nachtessen am Abend.
20.7. – Peshkopi
Wetter: Sonnig, schwül und weitehin sehr warm
Temperatur: 21 – 38°C
Hier in Peshkopi erleben wir die albanische Gastfreundschaft par excellence. Allen voran die Campingplatz-Besitzerin, ein wahres Energiebündel um die 65. Schon am Morgen früh bewässert sie den Gemüsegarten und teilt den Ertrag mit uns (grüne und saftige Gurken). Die Toilettenanlagen sind immer picobello sauber. Dann lädt sie uns zum Kaffee ein mit einem selbstgemachten Erfrischungsgetränk, organisiert mir (Sabine) einen Coiffeur-Termin bei der Schwiegertochter zu dem sie mich begleitet und kocht uns noch ein superleckeres 4-Gang-Menü. Und immerfort ist ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Zudem wird sie nicht müde, in einem Kauderwelsch aus Albanisch, Deutsch, Englisch und Italienisch uns Dinge zu erklären.
Auch im geschäftigen Provinzstädtchen, in dem sich alles um den Sommer dreht, sind die Menschen superfreundlich. Die Hunde begegnen uns da mit etwas grösserem Vorbehalt.
Gegen Abend laufen wir in die Stadt und beobachten die Menschen, die entlang der «Flaniermeile» hin und her laufen. Aus den unzähligen Bars und Restaurants füllt Balkan-Pop die lauwarme Luft.
21.7. – Wanderung nach Rabdisht
Wetter und Temeperatur … so wie gestern!
Schon vor 8.00 Uhr machen wir uns auf den Weg zum gut 6 km entfernten Dorf Rabdisht.
Unweit des Campingplatzes verraten sich die ersten Thermalbäder mit ihrem faulen Eiergeruch. Dann wandern wir durch eine liebliche von Landwirtschaft geprägten Berglandschaft und begegnen einer riesigen Raupe. Fabrizio betätigt sich wieder als Schildkröte-Samariter und die Strassenbau-Maschinen, an denen wir vorbeikommen, sind etwa nicht ausgemustert, sondern verrichten immer noch ihren Dienst.
Im Dorf Rabdisht glaubt man sich um Jahrzehnte zurückversetzt. Die Menschen scheinen ihren Lebensunterhalt als Bauern und Kräutersammler zu bestreiten oder sie müssen sich allenfalls auf die Geldüberweisungen eines Verwandten im Ausland verlassen oder …
Das Dorf ist jedoch immer noch belebt. Es gibt eine Schule, einen winzigen Laden und ein Guesthouse. Ein etwa 5-jähriger Bube, Ermin, begleitet uns durchs Dorf. Die Menschen freuen sich über unser Përshëndetje (Hallo), aber leider bleibt es unsererseits dabei.
Auf dem Rückweg wird unser Vorurteil wieder einmal bestärkt, wir stossen leider auf mehrere wilden Deponien. Soooo schade.
22.7. – Offroad Richtung Kukës
Wetter: Sonnig und sehr warm
Temperatur: 21 – 38°C
Für etwa 4 Stunden folgen wir auf einer guten Schotterstrasse dem schwarzen Drin. Wir überqueren alte Eisenbrücken (und hoffen, dass sie nicht zusammenbrechen) und haben immer wieder grossartige Blicke auf das türkisblaue Wasser und die Kiesbänke am Fluss. Je mehr wir uns Kukës nähern umso spektakulärer und enger wird das Tal. Von der Höhe sehen wir auf Schluchten, durch die sich der Drin zwängt.
Nach dem Mittagessen im schicken Restaurant Shtegu i Gjelbër nahe beim Flughafen, nehmen wir den zweiten Track in Angriff. Wow, diese Schlucht, durch die wir uns noch auf guter Strasse schlängeln. Eine gefährliche Strecke, da die Albaner seelenruhig, wo es ihnen gefällt – oft mitten auf der Strasse – ihr Auto parken und sich im kalten Bergfluss ein erfrischendes Bad gönnen.
Dann schrauben wir uns auf immer schmäler werdender Piste die Bergflanke hinauf, durchqueren einige ursprüngliche Dörfer und bleiben stecken. Ein gelber Kastenwagen ist mitten auf der Durchgangsstrasse abgestellt. Kein Fahrer weit und breit. So macht sich Fabrizio zu Fuss auf die Suche … und findet den Besitzer.
Auf dem Weg weiter treffen wir auf Kinder, die die und Schaf-Herden auf eine Weide oder in den Stall treiben und auf Bauernfamilien, die in den steilen Hängen von Hand heuen.
Schlussendlich lassen wir unseren Tag auf einer flachen Wiese, einem Fussballfeld mit Panoramablick ausklingen.
23.7. – Kukës – Valbonë
Wetter: Sonnig und sehr warm. Zum Glück zieht eine leichte Brise, die die Luft etwas abkühlt
Temperatur: 21 – 35°C
Die Nacht war eher kurz. Ein paar Jugendliche mit ihren Motorrädern haben unseren Stellplatz zu ihrem Treffpunkt auserkoren. Es wird gegen 02.00 Uhr bis wir sicher sein können, dass die Jungspunds nicht mehr zurückkehren.
Die 36 km, die uns noch bis zur Pistenende bleiben, führen uns durch bunte Wiesen, hochalpine Landschaften inkl. Skigebiet, an Bunkern vorbei – der Kosovo ist in Sichtweite – und wir passieren viele provisorische Hirtensiedlungen. Der Abstieg ins Tal erweist sich als sehr sehr holprig.
Der Abstecher in dieses ärmliche Grenzgebiet lohnt sich landschaftlich. Zurechtkommen muss man mit dem Müll, der omnipräsent ist und überall wild deponiert wird. Albanien verschandelt eines seiner wichtigsten Güter, das sie den Touristen anzubieten hat … ihre magische Landschaft und Natur. Ob es eine Wende in diesem Verhalten geben wird, bleibt abzuwarten. So wie das Land im Moment die Entwicklung rasant vorantreibt, gibt es unseres Erachtens keine grosse Hoffnung.
Wir haben definitiv keinen Bock mehr auf Piste und wählen eine Route parallel zu einem Staudamm Richtung Norden. Die Gegend ist einsam, wir begegnen etwa einem entgegenkommenden Auto pro Stunde. Da das Gelände sehr steil ist und kaum ein ebener Stellplatz zu finden ist, fragen wir nach ça. 80 km beim ersten Hotel, an dem wir vorbeikommen, nach, ob wir auf dem Parkplatz übernachten können. Kein Problem es sei gratis aber eine Konsumation wäre wünschenswert, gibt mir der Hotelier nonverbal zu verstehen – eine Fremdsprache spricht er nicht. Seinem Wunsch kommen wir natürlich nach (Salat und gebratene Forelle).
Wir erreichen Valbonë am späten Nachmittag und machen uns auf die Suche nach einer Bleibe. Das Dorf ist eine einzige Baustelle. Hier oben herrscht zurzeit Goldgräberstimmung. Jeder, der Geld hat, baut ein Guesthouse mit einem vorgelagerten Stellplatz. Für den Bau einer gewaltigen Hotelanlage hat man sogar die Hauptstrasse verschoben. Es scheint, dass das Hotel einem albanischen Minister gehört und er, damit er eine Tiefgarage für sein Hotel bauen konnte, die Strasse einfach versetzen liess.
Der Öko Camping am Ende von Valbonë scheidet nach einer ersten kurzen Besichtigung sofort aus. Zu schmuddelig sind die sanitären Einrichtungen (sorry … DIE sanitäre Einrichtung). Schade, weil er in einem schönen Wäldchen und sehr nahe am Trailhead unserer morgigen Wanderung liegt.
Schlussendlich landen wir beim Center Park Valbonë. Einer vor knapp fünf Jahren eröffneten Chalet-Anlage in Familienbesitz. Hier werden wir herzlich willkommen geheissen und so bleiben wir zwei Tage.
Durim ist Anwalt und arbeitet während des Tages in Bajram Curri und abends/frühmorgens als Kellner im Restaurant. Er war früher im Drogendezernat in Tirana beschäftigt und hat berufsbegleitend das Anwaltspatent geschafft. Er vertraut uns an, dass er nach Valbonë wegen der Familie zurückgekehrt ist und seinen Job als Anwalt an den Nagel hängen will. «Zwei Jobs sind einfach zu viel» sagte er uns mit düsterer Miene. Seine Frau arbeitet während des Tages im Restaurant und zusammen mit Durims Mutter verpflegt sie die Gäste und kümmert sich auch um die Reinigung der Chalets. Sie hat sich die spanische Sprache selbst beigebracht (Fernsehen sei Dank). Durims Vater ist der Gärtner und Mann für alles. Eine ruhige und sehr freundliche Seele, die sich an unseren Witzen immer wieder köstlich amüsiert. Nach getaner Arbeit sitzt er an einem Tisch im Restaurant, beobachtet das Geschehen auf der Strasse, raucht ab und zu eine Zigarette, obwohl im Restaurant Rauchverbot herrscht, verscheucht die freilaufenden Kühe des Nachbarn vom eigenen Rasen und begrüsst die Kundschaft mit einem wohlwollenden Kopfnicken.
23. – 26.7. – Valbonë – Wanderung zum Maja e Rosit Gipfel
Wetter: Sonnig und warm. Ein stürmischer Wind fegt durch das Tal
Temperatur: 18 – 30°C
Die heutige Kulisse ist grandios, so auch die rund 900 Höhenmeter und die gut 20 km die wir bei über 30° C bewältigen. Wir schaffen es nicht ganz auf den Gipfel, kosten jedoch das Panorama und den Duft der Magerwiesen ausgiebig aus. Beim Abstieg klemmt es mir (Sabine) etwas im Knie ein und ich bin zum Humpeln verdammt. Wanderstöcke sei Dank, halten sich die Schmerzen in Grenzen.
26.7. – Fahrt auf dem Komanstausee nach Shkodra
Wetter: Sonnig und warm. Ein stürmischer Wind fegt durch das Tal
Temperatur: 18 – 33°C
Die vollbeladene Fähre (ca. 15 Autos und Wohnmobile plus 200 Passagiere) schafft tatsächlich die ca. 2.5-stündige Fahrt von Fierze nach Koman.
Ist man einmal auf dem Stausee, vergisst man die prekären Sicherheitsvorkehrungen und die in die Jahre gekommene, hochbetagte Fähre Berisha. Wir wagen es nicht, den Kapitän zu fragen, ob es genügend (wenn überhaupt) Schwimmwesten für die Passagiere gibt.
Der Koman-See ist von hohen Felsen und steilen Bergflanken «umzingelt». Eine sehr wilde und ursprüngliche Landschaft, die an norwegische Fjorde erinnert. Die „Fjorde“, das blaugrüne Wasser, die dichte Vegetation, ab und zu eine bewohnte oder auch verlassene Siedlung … eine Augenweide.
Und dann kommen wir am unteren Ende des Stausees an. Wir sehen eine mit Autos und Menschen bereits gut gefüllte Andockstelle. Zu viele Menschen und Fahrzeuge stehen hier bereits dicht an dicht. «Wo können wir von der Fähre hinunterfahre?» ist unsere erste Reaktion. Auf eine völlig chaotische Weise verlassen Autos und Fussgänger das Fährboot und tauchen in den dunklen Tunnel ein, der die Andockstelle und das Festland verbindet. Wir sind sehr froh, in Hannibals Bauch sitzen zu dürfen und möchten keinesfalls mit den Fussgängern tauschen, die nah an die Felswand gedrückt, über Müll laufend und den Autoabgasen ausgesetzt den Stollen durchqueren müssen.
Nach einer Übernachtung in einem einfachen Camping erreichen wir Shkodra (Lake Shkodra Resort) kurz vor Mittag. Hier bleiben wir die nächsten Tage und werden unsere Weiterfahrt nach Montenegro, Bosnien und Kroatien planen.
26. – 29.7. – Shkodra (zum Ersten)
Wetter: Sonnig und warm.
Temperatur: 18 – 33°C
Unser Aufenthalt im Lake Shkodra Resort gestaltet sich als eine sehr willkommene und angenehme Pause. Die Anlage ist grosszügig angelegt, sauber und das Personal ist freundlich und hilfsbereit. Obwohl hier viele Touristen sind, hat man nicht das Gefühl, sich gegenseitig auf die Füsse zu stehen. Das Restaurant ist gut und günstig.
Mit unseren englischen Nachbarn, Laurel, Amy und der Tochter Lyra mit ihrem Hund (eine Mischung aus Berner Sennenhund und dänischer Dogge) kommen wir schnell ins Gespräch (… wir meinen mit den Menschen und nicht mit dem Hund). Sie haben sich eine sechsmonatige Auszeit genommen und wollten bis in die Türkei reisen. Leider kam es nicht so wie geplant. Sie hatten viel Pech: eine technische Panne am Anhänger (gebrochene Blattfedern und eine unendliche und sehr kostspielige Prozedur beim montenegrinischen Zoll), eine lästige Infektion, die den Hund plagte und schlussendlich benötigte ein Abszess an Amys Fuss, ärztliche Versorgung. All dies brachte ihre Pläne ziemlich durcheinander.
Trotzt dieser Rückschläge sind sie sehr aufgestellt und wir verbringen einen ganzen Nachmittag mit Reden und Reiseerfahrungen austauschen.
Morgen werden wir noch eine Piste im Nationalpark Theth unter die Räder nehmen, bevor wir nach Montenegro weiterreisen.
26. – 29.7. – Shkodra – Theth Rundfahrt
Wetter: Sonnig und warm.
Temperatur: 18 – 33°C
Pittoresk erleben wir die nun geteerte Strecke von Koplik nach Theth. Die Fahrt verlangt höchste Konzentration: Das Teerband ist schmal und die Albaner fahren wie die Berserker … und weichen nicht aus.
In dieser bis vor ein paar Jahren sehr abgelegenen Region herrscht Aufbruchstimmung. Protzige neue Hotelanlagen und unzählige Gästehäuser buhlen um die Touristen. Von weitem wirkt Theth so unauthentisch, dass wir die Umfahrungsstrasse nehmen und den Ort links liegen lassen.
Nach ein paar Kilometern biegen wir auf eine Piste ab und folgen einem glasklaren Gebirgsbach, der nur die ersten paar Kilometer zugänglich ist. Nach einem fast verlassenen Dorf – bis auf eine Bar, eine verschlossene Kirche und einem wohl eingestellten Spital – wird die Piste immer schmaler, steiniger und verläuft mehrheitlich in dichtem Wald. Nur ab und zu erhaschen wir einen Blick auf die uns umgebenden Berge. Die wenigen Lichtungen, an denen wir vorbeikommen, sind schon mit 4×4-Campern besetzt. Wir bleiben geduldig und finden einen super Übernachtungsplatz auf einem Hügel neben einem verlassenen Haus. Das Panorama ist verblüffend schön.
Nochmals geniessen wir beim Frühstück das super Panorama bevor wir einpacken und losfahren. Die Piste bleibt steinig. Wir holpern mit 10 km/h auf einen Pass und werden auf der Abfahrt durch mehrheitlich dichten Wald so richtig durchgeschüttelt (nicht gerührt). Die wenigen Ausblicke, die wir erhaschen, fallen auf dicht bewaldete steilabfallende Hänge – wurde etwa hier „Aguirre, der Zorn Gottes“ gedreht? Im Tal angekommen fahren wir entlang eines Flusses durch eine Schlucht mit wunderbar türkisfarbenen Naturpools. Die wenigen Stellen, an denen man zum Fluss gelangen könnte, sind bereits besetzt.
Gegen Ende der Piste treffen wir auf eine Gruppe waghalsiger Touristen, die mit PWs nach Theth fahren möchten. Wir raten ihnen wärmstens davon ab, wenn sie keinen Schaden riskieren oder stecken bleiben wollen. Daraufhin bemerkt einer, ist ja nicht mein Auto, sondern nur gemietet …
Sehr anstrengend ist die rund 30 km lange Fahrt auf der schmalen Asphaltstrasse von Perel nach Shkodra. Es ist ein heisser Sommersonntag und dementsprechend gross ist der Gegenverkehr das Tal hinauf mit der Absicht, sich ein erfrischendes Bad im Bergbach zu gönnen. Zusätzlich zu den halsbrecherischen Rasern, sind da auch noch die auf der Strasse beliebig geparkten Autos und die Fussgänger, die mit Sack und Pack entlang der Strasse zum Picknick-Platz marschieren.
31.7. – 4.8. – Shkodra (zum Zweiten)
Wetter: Sonnig und warm.
Temperatur: 22– 33°C
Wir sind reif für eine Pause. So packen wir gleich am morgen früh unsere sieben Sachen und verlassen den am Stadtrand von Shkodra gelegenen Camping Legjenda, eine etwas in die Jahre gekommene Anlage. Auf der Strasse herrscht bereits das obligate Chaos … An einem Kreisel treffen wir auf eine Herde Kühe, die den Verkehrsregeln missachtend, im Gegenverkehr laufen. Auch die Albaner müssen hier geduldig warten, bis die Tiere sich von der Fahrbahn entfernt haben.
Auf unserer „Ferien-Insel“ angekommen, machen wir es uns erstmal gemütlich. Hier werden wir es uns ein paar Tage im Nichtstun üben.
Mit dem Nichtstun ist es so eine Sache. Neben unserer Parzelle haben Karo und Matthias ihr Zelt aufgeschlagen. Sie kommen aus München und kennen den Balkan ziemlich gut. Schnell kommen wir ins Gespräch und landen wenig später beim gemeinsamen Biertrinken. Wir schätzen diese spontanen Begegnungen sehr. Für einen kurzen Moment bekommen wir so einen Einblick in fremde Leben, Weltansichten sowie Erfahrungen und natürlich werden auch Reisegeschichten ausgetauscht. Mehr Bier als üblich wird auch getrunken.
Wenig später treffen wir Amy, Lyra und Laurel (unsere englischen Freunde), die von ihrer Theth-Offroad-Tour zurück sind. Wir freuen uns sehr über das Wiedersehen. Eine zweite Gesprächsrunde wird gestartet. Am Ende des Tages tun uns unsere Unterkiefer vom vielen Reden weh.
Auf dem Programm steht auch eine Stippvisite von Shkodra. Wir wollen neben dem Marubi National Museum of Photography auch Teile der Altstadt anschauen. Das Wetter ist drückend und wir freuen uns sehr, dass das Museum über eine funktionierende Klimaanlage verfügt. Im Mittelpunkt des Museums steht das Erbe des „Fotostudios Marubbi“, das 1856 von Pietro Marubbi gegründet wurde, einem italienischen Maler und Fotografen, der sich damals in Shkodra niederliess [Wikipedia]. Schwarzweiss-Bilder aus dem Alltag (Dorffeste, Hochzeiten, Beerdigungen, Portraits, Street-Fotografie) sind zu bestaunen. Für kurze Zeit tauchen wir in eine nicht so entfernte Vergangenheit ein.
Als wir das Museum verlassen, trifft uns die heisse Mittagsluft wie Thors Hammer. Wir schlendern entlang der Hauptstrasse, schmunzeln über die vielen Läden, die Kopien von Markenprodukten (meist Schuhe, Kleider, Uhren und Taschen) verkaufen. Die Strasse ist wie ein gigantischer Souk organisiert. Erst die Schuhverkäufer, dann die Juweliere und Kleiderläden. Dazwischen immer wieder kleine Lebensmittelläden. Auf dem Trottoir haben sich «fliegende Händler» niedergelassen. Manche halten frische Früchte und Gemüse feil und andere offenen Tabak. Hie und da spielt eine Traube Männer im Schatten eines Baumes Domino.
Wir wechseln die Strassenseite. Hier sind Apotheken und Möbelgeschäften anzutreffen.