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Kloster Roussanou bei Sonnenuntergang
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  • Beitrag zuletzt geändert am:Januar 27, 2025
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Griechenland 2023: Reisetagebuch

13. Juni - 3. Juli

Ioniko - Monodendri

 

Das Wichtigste in Kürze:

Wir verlassen die Halbinsel Peloponnes und durchstöbern das Pindos-Gebirge. Die Pisten sind in einem sehr prekären Zustand und teilweise unpassierbar. Die immer noch unsichere Wetterlage und die ständigen Gewitterwarnungen stimmen uns bezüglich der Weiterfahrt in die Berge nachdenklich. In Kastraki sind wir, trotz den vielen Touristen, von den Meteora Klöstern überwältigt. Von Kastoria fahren wir zur Vikos Schlucht in Monodendri über Stock, sehr viel Schlamm und Stein. Hier schliessen wir unserer Reise in Griechenland ab.  Doch zuvor «vertreten» wir uns noch etwas die Beine bei zum Teil anspruchsvollen Wanderungen. Danach wollen wir Albanien als nächste Destination anpeilen.

 

 

13. – 17.6. – Ioniko
Wetter: Am Morgen sonnig, im Laufe des Tages bilden sich Regenwolken. Später regnet es.
Temperatur: 20-27°C

Heute ist planen angesagt, welche Route auf dem Festland in Richtung Albanien wollen wir einschlagen … und überhaupt.

Die Wettervorhersagen fürs südliche Pindos-Gebirge auf dem Festland sind unsicher und vor allem nass. Nach den ausgiebigen Regenfällen der letzten Monate und von heute wagen wir es noch nicht, die Offroad-Tracks, die häufig durch Wald und Wiesen führen, in Angriff zu nehmen. 

Wir gönnen uns ein paar Tage Auszeit auf dem Campingplatz Ionion Beach. Hier am Glyfa-Strand in der Nähe von Pyrgos im Westen des Peloponnes scheint das Wetter stabil und der Sonnenschein für die nächsten Tage gesichert. Wir hoffen, dass das Wetter im Pindos-Gebirge sich in dieser Zeit stabilisieren wird.

 

17.6. – Ioniko – Lampiri
Wetter: Am Morgen sonnig, im Laufe des Tages bilden sich Regenwolken. Am Abend Öffnen sich die Himmelschleusen
Temperatur: 20-27°C

Das Wetter im Pindos-Gebirge stabilisiert sich – so lesen wir das aus der Wettervorhersage. Die fünf Tage Pause im Ionion Beach Camping – vor uns die Insel Zakinthos – waren entspannend und haben Kräfte für neue Entdeckungsreisen freigesetzt.

Kaum sind wir im Camping Tsolis angekommen, schon bilden sich gewaltige Wolken über dem Festland. Diese täuschen nicht. Sie regnen sich am Nachmittag kräftig aus… auch wir auf der anderen Seite des Golfs kriegen etwas ab. Vor allem bläst ein kräftiger und mittlerweile nervender Wind. Das Wetter will so gar nicht zum Sommer passen.

Wird das Befahren der morgen geplanten Offroad-Strecke nach all diesen Niederschlägen möglich sein? Unsere Vorfreude ist getrübt und wir sind etwas verunsichert. Diese Verunsicherung wird sich nach den ersten Tracks bestätigen.

 

18.6. – Lampiri – Ano Chora
Wetter: Der Himmel verspricht einen schönen Tag und … er hälts sein Versprechen.
Temperatur: 20-25°C

Wir erwachen und … welch ein Wunder, die Wolken Richtung Pindos-Gebirge sind nicht mehr gar so dunkel. Motiviert packen wir unsere sieben Sachen, fahren auf die Fähre, bestaunen die Rio-Andirrio-Brücke von unten und machen uns in die von Feuchtigkeit dampfende einsame Bergwelt auf. Ausser ein paar einheimischen Sonntagsfahrern begegnen wir kaum jemanden auf der Strasse – beinahe, Fabrizio der Samariter rettet wieder ein paar Schildkröten auf der Fahrbahn.

Im hübsch gelegen Ano Chora lassen wir uns in der Taverna Patouxas Vasilios mit selbst erlegtem Wild verwöhnen.

Nach einem mühsamen Track durch den Wald – Hannibals Flanken werden von unten und seitlich arg zerkratzt – finden wir einen Platz für die Nacht in einer stillgelegten Kiesgrube und lassen uns vom rauschenden Fluss in den Schlaf lullen.


19.6. – Wilder Stellplatz – Karpenisi
Wetter: Der Himmel ist Blau und bleibt so den ganzen Tag.
Temperatur: 12-25°C

Heute haben wir Hannibal eine zünftige Schlammpackung verpasst. Für 150 km brauchten wir über acht Stunden. Die Bergstrassen, die hauptsächlich durch Wälder führen, sind in einem lamentablen Zustand. Einerseits weil sie wohl seit Jahren nicht mehr unterhalten wurden und andererseits, weil der monatelange Regen noch zusätzlichen Schaden angerichtet hat.

Bis zum Track-Einstieg (ca. 60 km) wollen wir Kräfte sparen und über Asphalt fahren. Aber schon nach kurzer Zeit wechselt der Asphalt in Naturstrasse und dann in eine Piste. Es müssen sogar Flüsse überquert (Wasserstand 40-50 cm) und sehr steile rutschige Aufstiege bewältigt werden, definitiv 4×4-Gelände.

Auf dem eigentlichen 4×4 Track treten schon nach 3-4 km die ersten Hindernisse (Auswaschungen und Schlamm) auf und nach 8-9 km ist endgültig Schluss, die Piste wurde vom Regen förmlich weggespült.

Wir kehren um, versuchen, das Ganze zu umfahren und geraten, MapsME sei Dank, immer tiefer ins Schlamassel. Die von MapsME gewählte Route führt uns durch einen sehr dichten Wald. Die Piste ist komplett verschlammt, Schlammlöcher und seifige Aufstiege lassen Hannibal wie betrunken hin und her tanzen. Nichtsdestotrotz kommen wir Dank Hannibals Stärke, dem Einsatz der Differentialsperren sowie Fabrizios fahrerischem Können nach acht Stunden aus diesem Dschungel raus und können im einfachen aber super geführten Landhotel To Rizoma einchecken.


20. – 22.6. – Karpenisi und Umgebung
Wetter: Der Himmel ist Blau und die hohe Feuchtigkeit macht uns zu schaffen.
Temperatur: 18-30°C

Wir haben gut geschlafen. Die Nacht war kühl, aber angenehm, die Frösche in Nachbars Garten haben die ganze Nacht hindurch gequakt … was uns nicht weiter gestört hat. Das leise Rauschen des Flusses unten im Tal hat dem Ganzen eine wilde Romantik verliehen.

Nach der Schlammpackung der letzten Tage wird heute Hannibal gründlich gewaschen. Wir fahren bis Karpenisi und profitieren von der Gelegenheit, die Stadt zu besichtigen. Die schwere Wirtschaftskrise Griechenlands und COVID haben hier tiefe Wunden hinterlassen. Viele Geschäfte stehen leer und ganze Häuser, Opfer der Vernachlässigung, verfallen allmählich zu Ruinen. In der Tat, dies ist kein schöner und zuversichtlicher Blick in die Zukunft. Dies tut jedoch der der gewaltigen und ursprünglichen Bergwelt von Karpenisi keinen Abbruch. Es gibt keine Adjektive, um die unglaubliche Natur hier zu beschreiben. Wir sind einfach überwältigt und können uns kaum satt sehen.

Im Hotel To Rizoma zurück, erkundigen wir uns beim Besitzer, ob er mehr über den Zustand der Strassen und Pisten in Richtung Kalambaka weiss – da wir dort die weltberühmten Meteora-Klöster unbedingt besichtigen möchten. «Die Pisten und Waldwege sind wahrscheinlich in einem schlechten Zustand und diesbezüglich wird sich in den nächsten Wochen kaum etwas ändern». Diese Antwort stimmt uns sehr nachdenklich, auch in Bezug auf die Pisten im Norden, die wir noch befahren möchten – ein paar Tage später wird uns dies von anderen Offroader bestätigt, sie sprechen von tiefen Auswaschungen, Steinschlägen, Bergstürzen und garstigen Schlammlöchern.

Nachdem wir das Ganze überschlafen und eine sehr anstrengende Wanderung zu fotogenen Wasserfällen in der Nähe des Klosters Prousos – Panagia Prousiotissa unternommen haben, sind wir nicht schlauer. Nicht einmal der hervorragende Salat mit geräucherter Forelle und die grillierte Forelle mit sautiertem Spinat vom Hotel To Rizoma hat uns in irgendeiner Form weitergebracht. «Fahren wir jetzt nach Norden ja … oder nein?»

 

22. – 25.6. – Kastraki (Meteora Klöster)
Wetter: Der Himmel ist Blau mit Schleierwolken. Die hohe Feuchtigkeit macht uns weiterhin zu schaffen. Am 24.06. werden wir von einem Gewitter überrascht.
Temperatur: 20-32°C

Der Entscheid steht fest. Ja … wir fahren nach Norden. Was auf uns zukommt, wissen die Götter … mal schauen … dann entscheiden. Wir wagen nicht die „Abkürzung“ über die Berge, sondern entscheiden uns für den etwas öden Weg über die landwirtschaftlich intensiv genutzte Ebene. Aber auch hier gibt es Kuriositäten zu entdecken.

Nach knapp 190 km und diesmal ohne Irrfahrten durch die Wälder erreichen wir um 14:00 Kastraki, das unsere Basis für die Besichtigung der Meteora Klöster sein wird. Im Camping Vrachos ist viel los. Kein Wunder! Die Meteora Klöster sind eine wahre Attraktion in Griechenland und fast ein Muss für die Reisenden dieser Region.

Nachdem wir uns eingerichtet haben, fahren wir mit Hannibal bis zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man sehr schöne Sonnenuntergänge beobachten kann. Als wir dort ankommen ist der Parkplatz bereits bis zur letzten Ecke besetzt. Geschätzte Hundert Touristen stehen oder sitzen auf einem Felsvorsprung, ihre Fotokameras bereits ausgepackt. Trotzt der Menschenmenge ist es ruhig. Kein Gedränge, kein Geschrei … nur ein Haufen Selfie-Fetischisten, die mit dem Rücken zur Sonne sich in Pose setzen und sich selbst ablichten. Eine üppige blonde Frau aus dem Ostblock, die wie ein Model Posen «reisst», lässt sich vom eigenen Mann fotografieren. Zwei Asiatinnen lächeln verkrampft in die Linse des Smartphones und lassen sich mit dem Victory-Zeichen «verewigen».

Wir sind von den Meteora Klöstern überwältigt. Wie Adlerhorste zuoberst auf den Felsen thronend bringen sie uns ins Grübeln. «Wie haben die Mönche sie überhaupt errichten können?» Entstanden sind märchenhafte mystische Bauten, mit Kuppeln, Bögen, Balkonen, reich dekorierten Kapellen und Kirchen sowie üppigen Gärten. Der Zugang zu ihnen ist manchmal halsbrecherisch. Nicht selten ist eine gute körperliche Fitness von Vorteil. Enge, steile und unendlich lange Treppen bringen die Besucher bei tropischer Hitze zum Hecheln.

In den nächsten zwei Tage «klappern» wir die Köster ab. Bis auf ein Kloster lassen sich alle per Fahrrad (eigenes oder gemietetes), Motorrad oder Bus erreichen. Nicht empfehlenswert ist das eigene Fahrzeug zu nehmen. Die Strassen sind überfüllt und die Parkplätze sehr schnell voll.

Unser erster Besuch (Kloster des Heiligen Stefanos) erweist sich für uns als «Sturm im Wasserglas». Als wir die Menschenmenge sehen, die sich vor dem Eingang eingefunden hat und die Sardellen gleich in Slow-Motion vom Kloster «verschluckt» wird, kommt bei uns ein Gefühl von «Black Friday» auf.

Die Luft in den Innenräumen des Klosters ist feucht und stickig, so dass uns beinahe schlecht wird. Wir sehen nur Hüte, Glatzen und schlechte Haarschnitte. Ein Versuch, sich eigenständig zu bewegen, bleibt erfolglos. Wir werden von dieser «Menschen-Lava» mitgerissen. Wir bekommen von den Sehenswürdigkeiten, wie zum Beispiel den Fresken in der filigran dekorierten Kirche, praktisch nichts mit. Leicht entnervt verlassen wir das Kloster nach einer Knappen Viertelstunde.

Zu Fuss flüchten wir zum Kloster Agia Triada, das als Kulisse für einen James-Bond-Film in den 80er-Jahren Berühmtheit erlangt hat. Hier sind weniger Touristen unterwegs. Der Grund ist die steile Treppe, die zum Klostereingang führt. Wie mag der Zugang im 16. Jahrhundert, als die Anlage gebaut wurde, ausgesehen haben. Wie hat sich die Glaubensgemeinschaft das Lebensnotwendige organisiert? Fragen über Fragen und der Satz „Glauben versetzt Berge“ macht plötzlich Sinn.

Für die Tour Operators ist dieses Kloster, weil man die Kunden nicht vor dem Eingang «ausladen» kann, uninteressant. Die Anlage ist sehr gepflegt. Zu sehen ist die sehr schöne Kirche mit ihren Hunderten von Fresken. Mönche leben hier keine mehr.

Von der Terrasse geniesst man ein wunderbares Panorama.

Letzte Etappe für heute ist das Kloster Roussanou, das wie das Agia Triada nur über eine steile (auch wenn nicht so lange) Treppe zu erreichen ist. Die kleine Kirche im Innenraum ist ein Wunderwerk. Fresken tapezieren die gesamten Innenwände inklusive Decke. Ein grosser und mit Blattgold verzierter Kandelaber scheint die Besuchenden zu erdrücken. Bilder davon können wir nicht zeigen, weil das Fotografieren bzw. Filmen in diesen heiligen Räumen verboten ist.

Den Rest des Tages verbringen wir im Camping, nicht ohne vorher in einer Taberna von Kastraki gespeist zu haben. Mit unseren Stellplatz-Nachbarn aus der Schweiz, Claudio und Beatrice, reden wir eine Runde über Gott und die Welt. Die Nacht scheint es heute eilig zu haben … und schon ist es 22:30. Trotzt der späten Stunde sind die Lufttemperatur und -feuchtigkeit noch unerträglich – wir haben lange auf dem Sommer gewartet … und jetzt ist er ohne Wenn und Aber da. Ein prognostiziertes Gewitter hätte Abkühlung gebracht … Petrus war aber heute anderweitig beschäftig. Wir schlafen unruhig.

Heute ist Samstag und weitere zwei Klöster erwarten von uns entdeckt zu werden. Die Klöster Varlaan und Grand Meteora gelten als die schönsten von allen.  Entgegen allen Befürchtungen treffen wir vor den Eingängen nicht auf lange Warteschlangen. Beide Klöster sind ein Besuch wert … Schlangen hin oder her.

Das Kloster Varlaam verzaubert uns mit seiner Harmonie. Die ausgestellten und hinter Glas geschützten Kunstschätze möchten nicht nur bestaunt, sondern auch befühlt und beschnuppert werden.  Die Anlage lässt uns die vielen Touristen vergessen und zieht uns in seinen Bann. Ehrfürchtig verneigen wir das Haupt vor diesem perfekten Einklang von Natur, Architektur und Kunst.

Grand Meteora verfügt über ein ausgezeichnetes Museum mit sensationellen Exponaten: Priester-Gewänder aus mit Gold- und Silberfäden gewobenen Brokatstoffen, antike von Hand geschriebene und gezeichnete religiöse Bücher von einer atemberaubenden Schönheit, Ikonen und Gemälde von Heiligen sowie (aus der makabren Ecke) die Gebeine eines Heiligen.

In weiteren Räumlichkeiten wird eine faszinierende Ausstellung über die Rolle der griechischen Kirche im 2. Weltkrieg gezeigt. Zeitgenössische Illustrationen dokumentieren die aktive Unterstützung des Widerstandes gegen die Nazis durch die Ordensbrüder.

Unser Fazit: Die hoch in der Luft schwebenden Klöster haben trotz der vielen Touristen ihre Mystik für uns bewahrt.

 

25.6. – Kastraki – Kastoria
Wetter: Bewölkt. Petrus ist anscheinend unentschlossen. Heute regnet es aber nicht.
Temperatur: 20-32°C

Kastoria ist eine quirlige Stadt in Westmakedonien unweit der albanischen Grenze. Vom 17. bis 19. Jahrhundert florierte hier der Handel mit Pelz, der die Stadt sehr wohlhabend machte. Von diesem Reichtum zeugen die gutbürgerlichen Villen und die über 70 Kirchen. Die Finanzkrise Griechenlands seit 2010, COVID und der Ukraine-Krieg haben den Handel mit Pelzen fast vollständig zum Erliegen gebracht. Insbesondere die russische aber auch die ukrainische Kundschaft bleibt praktische aus. Geblieben sind Edel-Pelz-Einkaufszentren mit verriegelten Toren.

 

26./27.6. – Kastoria – Monodendri
Wetter: Am Morgen ist der Himmel blau, im Laufe des Nachmittags bilden sich Kumuluswolken und es wird zusehend dunkler. Es bleibt aber trocken.
Temperatur: 14-25°C

 Wir sind auf die Kernzone des Pindos-Naturparks vorbereitet. Der Pfefferspray gegen zu neugierige Bären ist griffbereit, genügend Proviant ist eingekauft und auch der Wassertank ist voll. So brechen wir wohlgemut auf, fahren nah an der albanischen Grenze entlang eines Flusses, treffen auf Kühe und kommen an einem einsamen Militärposten am A der Welt vorbei. Doch dann ist der Spass vorbei und die Schlammschlacht beginnt.

Nach gut 50 km Piste sind wir drauf und dran, unser Abenteuer Pindos-Gebirge abzubrechen, treffen jedoch auf dem Weg ins Tal auf einen idyllischen Stellplatz bei einer Quelle, wo wir den Entscheid überschlafen wollen.

 

27.6. – Über die Berge zu den Zagori-Dörfern 

Die heutige Pistenfahrt ist grandios! 

Auf rund 2000 m ü. M. queren wir sattgrüne Alpweiden, folgen Kreten auf schmalen Pisten und treffen auf die ältesten über 1000-jährigen Bäume Europas, die Panzerkiefern. Die Piste führt häufig scharf an Felsenwänden vorbei. Ein aufmerksames Fahren wird verlangt. Steine und Felsbrocken befinden sich auf der Fahrbahn und müssen umfahren werden. Immer wieder treffen wir auf Schlammstrecken: die einen sind einfach zu durchqueren, die anderen benötigen etwas mehr fahrtechnisches Können.

Obwohl der heutige Track uns begeistert hat, werden wir das Pindos-Gebiet verlassen. Die nächsten Etappen würden vor allem durch Wald führen, wo die Nässe des wochenlangen Regens noch nicht entweichen konnte… Wir haben vom Schlamm genug!

So fahren wir zu den Zagori-Dörfern, wo wir die letzten Tage in Griechenland mit Wandern verbringen möchten.

 

27.6. – 3.7. – Monodendri und Umgebung
Wetter: Am Morgen ist der Himmel blau, im Laufe des Nachmittags bilden sich immer wieder Kumuluswolken, es wird zusehend dunkel, mal bleibt es trocken, mal regnet es

Temperatur: 14-25°C

28.6. – Zagori-Dörfer – Koukouli, Kippi, Monodendri + 41 weitere Weiler

Geschichtlicher Exkurs
3.8 Einwohner pro km2 bevölkern die Gemeinde Zagori, ein Gebiet von knapp 1000 km2 im Epirus, Westgriechenland. Diese bergige und schwer zugängliche Region, war schon immer ein Rückzugsort von politischen Abweichlern, die die den jeweiligen Machtstrukturen (Byzantiner, Osmanen) gefährlich wurden. Unter den Osmanen handelten sich die Dörfer eine Autonomie aus. Kein Türke durfte hier seine Landgelüste befriedigen bzw. Landbesitzer enteignen.
So liessen sich in den Bergen von Zachoria, wo damals vor allem nomadisierende Hirten lebten, Händler, Leute mit Grundbesitz, Beamten, und Gelehrte nieder. Es wurden Schulen eröffnet und eine Handwerkerklasse von überregionaler Bekanntheit etablierte sich (Baumeister und Silberschmiede -die Familie Bulgari stammt von Kalarites). Diese schickten ihre Nachkommen in die Welt hinaus. So entstand ein Netzwerk, das sie für den Handel/die Spedition für sich oder Dritte nutzten. Die Händler wurden zur herrschenden Klasse und trugen viel zur Blüte des Gebiets bei – die stattlichen Bürgerhäuser zeugen davon.

Da der Handel sichere Kommunikationswege voraussetzte wurden Brücken über die Flüsse gebaut und mit heute noch z. T. gut erhaltenen Pfaden verbunden. 300 Jahre waren dies die Hauptverkehrswege bis in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts die ersten Strassen gebaut wurden.

Den Zagori-Dörfern setzen einerseits die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert sowie die Zerstörung der Siedlungen durch die Osmanen im Jahre 1912 zu. 1940 brandschatzten die Deutschen die Dörfer. Im griechischen Bürgerkrieg (1946-1949) entvölkerten sich die Ortschaften völlig.

Erst in den Achtzigerjahren, mit dem aufkommenden touristischen Interesse, finanzierte der griechische Staat Projekte zum Aufbau und zur Bewahrung von Kultur und Natur der Region.

So sind in einst grösseren Siedlungen nur noch einzelne Häuser erhalten. Hinter vielen baufälligen Fassaden erfreuen sich Unkraut, Gestrüpp und Katzen an der ungehinderten Entwicklung

Wanderung
Wir wandern über sechs Steinbrücken aus dem 18. Jahrhundert und geniessen die bunten Magerwiesen sowie die Stimmen der Natur. Die Steinbrücken sind noch in einem hervorragenden Zustand und verbinden die Zagori-Dörfen in einem Netzwerk von steilen und steinigen Wegen. Wir treffen auf eine Gruppe Wanderer, die uns warnt «Wir haben soeben einen Bären gesehen, der durch den Fluss geschwommen ist». Instinktiv greifen wir nach dem Pfeffer-Spray und beginnen uns laut zu unterhalten. Schlussendlich sind wir dem Bären nicht begegnet.

Die Zagori-Dörfer verzaubern uns durch die typische Stein-Architektur. Die Häuser erinnern uns an die, die wir in Andorra gesehen haben.  Solide Bauwerke, die den widrigen Bedingungen in den Bergen Widerstand leisten können und den Bewohner eine sichere Bleibe garantieren.

Nach knapp 5 ½ Stunden sind wir in Monodendri zurück und fallen nach einem gut gekochten Abendessen unter einer riesigen Platane auf dem Dorfplatz von Vitsa müde in unser Hotelbett.

 

29.6. – Beloi-Aussichtspunkt, Vradeto-Treppe
Der heutige Tag war eine Augenweide. Am Morgen hatten wir den Beloi-Aussichtspunkt über die Vikos-Schlucht für eine halbe Stunde ganz für uns allein. Der Atem geriet beim Blick über die tiefste Schlucht der Welt ins Stocken, die Knie zitterten …

Lustwandelnd durch die wunderbar bunten Wiesen können wir uns wieder entspannen, bevor die steilen Passagen der Vadreto-Treppe unsere Schläfen erneuet pochen lässt. Bei dieser Steintreppe, die 1.5 km lang ist, aus mehr als 1000 Stufen besteht und einen Höhenunterschied von 250 m überwindet handelt es sich um einen Verkehrsweg zwischen zwei Dörfern aus dem 18. Jahrhundert

Unser Respekt gilt voll und ganz den Menschen, die vor über 100 Jahren in der Region Zagori lebten. Sie waren Meister in der Bewältigung ihres harten Alltags und brauchten wohl kein Fitnesstraining am Abend …


30.6. – Vikos-Schlucht 
Mit Respekt gehen wir heute die Wanderung von Vikos nach Monodendri durch die tiefste Schlucht der Welt an (900 m tief und 1‘100 m breit).

Anfänglich geht es auf alten Pfaden flott zu der pittoresken Angastromeni-Quelle auf den Talboden hinunter, bevor wir durch die wilde Schlucht Richtung Monodendri wandern. Die dichte Vegetation erinnert uns an «Aguirre, der Zorn Gottes», ein Film von Werner Herzog über die spanischen Konquistadoren auf der Suche nach dem Eldorado (Hauptdarsteller Klaus Kinski). Immer wieder stoppen wir, um die schönen Ausblicke auf die senkrechten oft mehrere hundert Meter abfallenden Kalksteinwände oder andere Wunder der Natur zu geniessen.

Gegen Ende wird uns etwas mulmig. Ein auf uns durchtrainiert wirkender griechischer Wanderer mit schwerem Rucksack warnt uns vor dem steilen Aufstieg nach Monodendri.

Wir erleben den rund 2.5 km langen Aufstieg nicht nur als steil, sondern auch als unendlich lang, nicht mehr enden wollend. Klitschnass sind wir aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit schon seit Stunden, als wir oben schwer atmend ankommen, haben wir sicherlich einen weiteren Liter Schweiss transpiriert.

Bevor wir über die rund 17 km lange Wanderung und die rund 1100 bewältigten Höhenmeter stolz sein können, brauchen wir erst einmal eine erfrischende Dusche, einen Tenüwechsel und ein kühles Bier. Die Beine Schmerzen und wir werden am Abend von Muskelkrämpfen geplagt.

 

01./02.7. – Monodendri 
Bevor unsere Reise weiter nach Albanien führt, verbringen wir einige ruhige Tage in Monodendri. Unser Tagebuch muss auf Vordermann gebracht und abgeschlossen werden. Wir treffen noch ein Schweizer Paar aus Basel, Maya und Peter, die wir in Leonidio kennengelernt haben. Wir verbringen einen ganzen Nachmittag zusammen, tauschen unsere Reiseerlebnisse aus und geniessen das Beisammensein bei einem Glas Wein und bei guten griechischen Speisen.

 

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