Spanien 2021: Reisetagebuch
31. Juli - 2. August
Oto - Huesca
Das Wichtigste in Kürze:
Die Faszination der halbverlassenen Dörfer entlang unserer Route durch den «Parque Natural de Sierra y Cañones de Guaras». Das Dorf von Alquezar mit seiner „biblischen“ Ausstrahlung und die Felsenmalereien in den nahegelegenen Schluchten.
Freitag, 31. Juli – Montag, 2. August, Oto – Huesca
Wetter: Sonnig mit frischem Wind, 20°C – 35°C
Eine der festgelegten Ziele unserer Spanienreise ist, so wenig wie möglich Hauptstrassen zu benutzen, um von A nach B zu kommen. Und so überqueren wie den Parque Natural de Sierra y Cañones de Guaras auf schmalen Nebenstrassen … und treffen kaum auf Gegenverkehr. Kleine, halbverlassene Dörfer säumen diese Verbindungswege und zeugen vom Glauben der spanischen Bevölkerung. Die Ruinen und Überreste von Kirchen sind oft in der Dorfmitte oder auf einer Erhebung gebaut. Manchmal werden diese von Schutztürmen oder sogar Burgen begleitet. Der christliche Glauben musste vor den Mauren bzw. dem Islam «kostet es, was es wolle» geschützt werden. Vor bzw. nach den Dörfern liegt meist ein verlassener Friedhof. Hier stirbt kein Mensch mehr … es gibt ja keine mehr, die in diesen Dörfern leben. Die «alte Generation» ist ausgestorben, die «junge» ist ausgezogen. Hie und da treffen wir auf hübsche, von «Städtern» renovierte Bauernhäuser. Diese verbringen hier ihre Wochenenden oder ihre wohlverdienten Ferien.
Wir erreichen Alquezar am späten Nachmittag. Wir sind irgendwie erschöpft. Die Hitze und das Fahren haben von uns viel abverlangt. Alquezar liegt am südlichen Fuss des Parque Natural de Sierra y Cañones de Guaras und ist Ausgangspunkt für unzählige Wanderungen sowie das Zentrum von Freizeitaktivitäten wie Rafting und Canyoning. Entsprechend viele Anbieter trifft man auf dem Weg hierher sowie im Dorf selbst. Das Dorfbild ist «biblisch»! Alquezar wäre eine adäquate Kulisse für einen Sandalenfilm (historischen Film).
Die Burg, die ursprünglich von den Mauren zum Schutz des Dorfes auf einem Felsvorsprung gebaut wurde, wurde im Laufe der Geschichte von den Christen zurückerobert. Eine opulente fast verschwenderisch dekorierte Kirche mit einem schönen Kreuzgang wurde nach der Rückeroberung auf den Mauerresten der Festung errichtet.
Wir schlendern durch die schön erhaltenen und gepflegten Gassen von Alquezar. Weichen Touristen aus und sinnieren der Frage nach, «wie ist das Leben zu Zeiten der Maurer wohl gewesen?».
Das Wasser hat hier während Jahrtausenden ein Wunderwerk geschaffen. Tiefe Schluchten sind «das Markenzeichen» von Alquezar. Dass man hier auf Felsenmalereien treffen könnte, überrascht deshalb niemanden. Wir werden zwei Standorte zu Fuss erkunden. Die Felsenmalereien sind hier frei zugänglich, aber durch ein Gitter vor der menschlichen Idiotie geschützt. Was sich anfänglich wie eine einfache Wanderung angefühlt hat, entpuppt sich im Laufe des Tages als wahrhaftiger Kraftakt. Insbesondere am Nachmittag als unsere Batterien langsam im «rotem Bereich» sind, haben wir die Maler mehrmals zu Teufel gejagt. «Haben diese Trottel keinen besseren Ort gefunden, um ihre Felsmalereien anzubringen, zum Beispiel in der Nähe des Dorfzentrums von Alquezar?». Scherz bei Seite. Diese Künstler haben sich die denkbar unwegsamsten Orte ausgewählt. Hoch über der Schlucht, in einer vom Wasser ausgewaschenen Höhle wurde eine nicht mal 40x40cm grosse Zeichnung eines Hirsches (Abrigos de Chimichans) gemalt. Sie ist …. wunderschön!
Wir kommen ausgehungert und entkräftet bei der Höhle an. Vergessen jedoch beim Betrachten dieser kleinen Zeichnung schnell die Strapazen und bewundern sie ohne zu reden … beinahe, ohne zu atmen. Nur das Geschrei eines jungen Bartgeiers, der gefüttert werden will, stört die Stille.
Nach langer Zeit wieder in einer «Grossstadt». Huesca. Entgegen allen Befürchtungen kommen wir locker und ohne grosses Gefluche durch den Stadtverkehr. Huesca hat nahe am Stadtzentrum einen geräumigen Campingplatz eingerichtet. Dort treffen wir nach langer Zeit auf Schweizer Touristen. Eine Familie aus Bern, die auf der Flucht ist vor den miserablen Wetterbedingungen zu Hause. Sabine lässt sich für 29 EU einen neuen Haarschnitt verpassen, Fabrizio wartet geduldig eine knappe halbe Stunde vor dem Coiffeursalon. Wir besuchen ohne grossen Enthusiasmus das Stadtmuseum. Es ist für seine kunsthistorische Ausstellung mit ein paar Werken von Goya bekannt.