15. – 21. April: Midland – Albany – Esperance
Das Wichtigste in Kürze:
Nach 11 Tage verlassen wir Perth Richtung Osten: Northam, Merredin, Bruce Rock. In der Ferne dehnen sich die immensen vor kurzem geernteten beigegelben Weizenfelder aus. Wir sind im Wheatbelt (Weizengürtel) von Westaustralien. Der spärliche Verkehr und die langen geraden Strecken sind für Fabrizio die Gelegenheit, sich an den Linksverkehr zu gewöhnen, ohne Stress, ohne Roundabout, ohne komplizierte Kreuzungen, bei denen die Vortrittslage für uns immer noch ein Buch mit sieben Siegel ist. Obwohl die Landschaft monoton ist, hält sie für uns kleine, aber feine Überraschungen bereit. Sind es die bemalten Getreidesilos, oder die witzigen farbigen Blechpferden aus alten Fässern zusammengeschweisst oder vielleicht die Mosaiken von Bruce Rock? Es scheint, die ländliche Einöde hat die Bewohner dieser Region animiert, sich künstlerisch auszutoben.
Die Nationalparks von Stirling Range und Porongurup sind die ersten Gebirgsformationen, die wir in Richtung Albany antreffen. Mit viel Wille und Schweiss erklimmen wir den steilen Hängen des Bluff Knoll. Wir schliessen diese Etappe in Esperance ab, nachdem wir die erste Offroadpiste im Fitzgerald River National Park überlebt haben. Im Park werden wir von niedlichen Wallabies auf Schritt und Tritt begleitet und bestaunen den wunderschönen weissen Stränden.
14. April, Midland
Wetter: Blauer Himmel, warm bei 28°C
Sonntag, ein Tag zum Kräfte sammeln und in sich gehen.
Was ist uns in 11 Tagen aufgefallen, Zeit, um ein kurzes Fazit zu ziehen: die Aussies sind unheimlich konform. Jeder geschäftliche Schritt muss mit viel Papierkram bzw. E-Mails abgesichert werden. Die kleinste Angelegenheit wird so zu einem Riesending. Lange Wartezeiten sind üblich, die Spontanität wird ausgebremst.
Die Menschen in Down Under sind eher grobschlächtig, jedoch keineswegs bösartig, sondern im 1:1-Kontakt durchaus liebenswert. Wie überall auf der Welt nimmt das Handy viel Raum ein, beim Ausruhen auf der Parkbank, im Zug, bei Treffen mit Freunden, beim Essen … Überhaupt scheint Essen ein Mittel zum Zeitvertreib zu sein. Immer und überall hält man ein Getränk, ein Eis, ein Sandwich … in den Händen. Dementsprechend prägen viele stark übergewichtige Menschen das Strassenbild.
Australier nehmen normalerweise auch sonst viel Raum ein. In der Campingküche z. B. wird erstmal ganz natürlich sämtliche Ablage- und Sitzfläche belegt. Kommt ein neuer Nutzer, muss dieser erst einmal für etwas Platz sorgen.
Aussies lieben ihre Autos. Riesige, meist glänzend polierte und aufgemotzte 4×4-Boliden scheinen die Norm. Hannibal ist hier nichts Besonderes, sondern nur ein armer Bruder neben diesen aufschneiderischen Riesenkarossen.
Australien ist auch für uns Schweizer Touristen sehr sehr teuer geworden und hat im Raum Perth durchaus schweizerisches Niveau bis auf die ÖVs: Am Wochenende kosten zwei Tageskarte gerade mal 10.30 AUS$, 6.50 CHF.
Der öffentliche Raum ist farbig. Selbst rückwärtige Bereiche und Hinterhöfe haben mit ihren Murales (Wandbildern) ihren Reiz.
15. April, Bruce Rock
Wetter: Blauer Himmel, warm bei 28°C … wir treffen auf die ersten lästigen Fliegen
Endlich hat die Reise begonnen. Heute um 11.00 Uhr verlassen wir die Region Perth Richtung Osten: Northam, Merredin, Bruce Rock.
Einfach mal über 250 km geradeaus ohne Abzweigung fahren. Am Strassenrand ein schmaler Streifen der typischen Buschvegetation Australiens – Eukalyptus, white and red gums, Mulga, eine Akazienart. In der Ferne dehnen sich die immensen vor kurzem geernteten beigegelben Weizenfelder aus. Wir sind im Wheatbelt (Weizengürtel) von Westaustralien. Das merken wir an den Turmhohen zum Teil von weitem sichtbaren, bemalten Getreidesilos, den mit bis zu drei Anhängern ausgestatteten mit Weizen beladenen Roadtrains und den unendlich langen Zügen, auf deren Wagons die Container zum Teil zweistöckig gestapelt sind.
Der spärliche Verkehr und die langen geraden Strecken sind für Fabrizio die Gelegenheit, sich an den Linksverkehr zu gewöhnen, ohne Stress, ohne Roundabout, ohne komplizierte Kreuzungen, bei denen die Vortrittslage für uns immer noch ein Buch mit sieben Siegel ist.
Wir Sichten das erste Silo in Northam. Die Zufahrt ist für Unbefugte zwar gesperrt … trotzdem betreten wir für einen Augenblick das Areal der Getreidegesellschaft. Schnell ein paar Bilder knipsen und weg sind wir.
In Merredin stoppen wir für eine kurze Pause. Nach der langen Fahrt benötigen unsere Beine ein wenig Bewegung. Beeindruckend ist neben einer weiteren Silo-Art, das Gebäude der alten Brauerei. Gigantische Schwäne schmücken die Fassade. Ein Beispiel einer schönen Wandmalerei. Ein Foto wert ist auch das Cummins Theather. [Das Cummins Theatre ist eines der letzten Theater im klassizistischen Stil aus der Zwischenkriegszeit, das heute noch als Veranstaltungsort genutzt wird. (Auszug aus der Hompage)]
Je weiter wir uns von Perth entfernen, umso spärlicher die Besiedlung. Nach 300 km Fahrt landen wir in Bruce Rock, einem kleinen herausgeputzten Dorf mit einem exzellenten Camping (Bruce Rock Caravanpark), in dem die Bars und Restaurants bereits um 20.30 Uhr schliessen, falls die Zahl von 12 Gästen nicht erreicht wird.
Als wir das Bruce Rock Hotel kurz vor acht betreten, gibt es 6 Gäste in der Barzone, eine Vierergruppe von Lohnarbeitern, die wohl nach getaner Weizenernte ihr Feierabendbier trinken und einem Arbeiterpaar, das, währenddem es auf sein Takeaway-Menu wartet, sich einige Drinks zu viel gönnt.
Die Gaststube ist mit zwei Fernsehern ausgerüstet. Einer zeigt Bilder von typisch griechischen Inseln mit ihren weissen dunkelblau eingerahmten Häusern vor türkisblauem Meer. Auf dem anderen wird die Sehnsucht nach Liebe bedient. Outback-Männer, die RM Williams-Modells gleichen, lassen sich von mit knappen Polyester-Abendroben bekleideten grossbusigen Landpomeranzen umgarnen. Ob die geistigen Fähigkeiten über die physischen Vorzüge bei der Wahl des Partners siegen, können wir nicht sagen, da der Fernseher stummgeschaltet ist.
Die schwedische junge, hübsche Bardame, die mit einem Workingvisa seit 1 1/2 Jahren in Australian reist und arbeitet, scheint ziemlich taff zu sein. Nicht nur muss sie mit einer speziellen Klientel umzugehen wissen, sondern z.B. auch mit ihrem Arbeitskollegen dem Koch, der einem Kobold gleicht und dem nichts Gescheites über die Lippen kommen will, obwohl er nur Cola trinkt.
Am Morgen besichtigen wir die sorgfältig ausgearbeiteten Mosaike am Trottoirrand. Sie erzählen die Geschichte des Ortes, von Familien und Geschäften, die ansässig sind oder waren, von Bewohnern und ihren Berufen … aufschlussreich und interessant.
16. April, Kulin West
Wetter: Blauer Himmel, warm bei 28°C … die lästigen Fliegen sind immer noch da!
Die Menschen von abgelegenen Gegenden lassen nichts unversucht, Touristen anzulocken. Neben dem sogenannten Silo Trail, der von Perth nach Albany führt, stossen wir unverhofft einige Kilometer vor Kulin auf die Tin Horse Tourist Route.
Diese Themenparcours sind eine willkommene Abwechslung in dieser weitflächigen Landschaft. Was einst Grasland war, ist heute hauptsächlich Weizenanbaugebiet, gestoppt von Salzseen. Auf der Strasse Kulin – Lake Grace kommt man ganz nahe an Salzseen vorbei, durchaus ein Stopp wert, um sich die Beine zu vertreten.
In Pingrup, das sich mit dem Slogan „Small town – lots of Artists“ präsentiert, treffen wir auf die spektakulärste Silo-Art. Die 25 m hohen Bilder wurden von einem international anerkannten dominikanischen Künstler, der in Miami lebt, gemalt und thematisieren die Lebensinhalte in Pingrup: Pferderennen, Merino-Zucht, das Farmerleben mit ihren Gehilfen, Traktoren und Schäferhunden.
Das Projekt des Silo Trails wurde von einer in Perth ansässigen Kulturorganisation zusammen mit dem grössten Weizenhändler Australiens entwickelt. Die Distanz von Perth nach Albany beträgt über 1000 km, für uns eine lohnenswerte Route.
17. April, Stirling Range National Park
Wetter: Blauer Himmel, warm bei 27°C … die Nächte sind spürbar kälter geworden
Schweisstreibende 600 Höhenmeter und unendlich viele Stufen haben wir heute überwunden, um den Bluff Knoll im Stirling Range National Park zu besteigen. Der Blick über die Salzseen bis zur Küste des ca. 100 km entfernten Albany ist fantastisch. Was im Frühling (September) ein einziges Blumenmeer zu sein scheint ist jetzt im Herbst grünes Einerlei mit wenigen roten Farbflecken. Zum Gipfel und die wird die Vegetation fast alpin.
Am Abend treffen wir im sehr hübschen Porongurup Range Tourist Park ein. In der Campingküche laufen die Nachrichten. Neben Mordfällen und anderen reisserischen Schlagzeilen ist der 35ste Geburtstag des ältesten Wombats Australiens ein längerer Beitrag wert. Andere Länder andere Aufmacher.
18. April, Porongurup National Park
Wetter: Blauer Himmel, warm bei 30°C … keine lästigen Fliegen weit und breit
Wir kochen uns dank der gut ausgestatteten Campingküche ein Sonntagsfrühstück, Pancake.
Die Wanderung im Porongurup National Park ist gemütlich und führt durch einen lichten Wald mit zum Teil riesigen Bäumen (Karri trees) 2 km hoch (250 Höhenmeter) zum Castle Rock Skywalk. Zum eigentlichen Skywalk steht einem eine kleine Kletterpartie über die Granitfelsen bevor. Doch die Aussicht ist jede (Angst-) Schweiss-Perle und die schlotternden Knie wert.
Auf dem Weg nach Albany fahren wir an vielen Farmen und Häusern vorbei, die zum Verkauf stehen. War es COVID, die den Farmern das Genick brach oder die zurzeit grosse Trockenheit (seit September 2023 hat es nicht mehr geregnet)? Wir haben noch keine Antwort darauf gefunden. Von aussen betrachtet werden die Grundstücke noch gut in Schuss gehalten.
Beim Einkaufen treffen wir noch auf zwei von Aborigines-Künstlern hübsch gestaltete Wassertanks. Die Bilder zeigen die Schätze des Meeres, die der indische Ozean hier bereithält.
18. April, Torndirrup National Park
Wetter: Blauer Himmel, warm bei 25°C
Vor 1300 – 1600 bzw. 1160 Millionen Jahren stiessen die australische und die antarktischen Platte zusammen. Das Produkt dieser Kollisionen ist der Torndirrup National Park mit seinen Felsformationen aus Gneiss und Granit. Die Erosion tat dann das übrige, so sind The Gap (Spalt) und The Natural Bridge (Naturbrücke) entstanden. Zwei spektakuläre Naturschätze, gut geschützt durch wohl überlegte Gehpfade und Aussichtsplattformen in futuristischer Architektur. Wichtig bei diesen Konstruktionen sind die Geländer, an denen man sich bei den starken Böen, die hier wehen, festhalten kann oder sie allenfalls als improvisiertes Kamera-Stativ nutzt.
Obwohl wir uns bereits am Morgen verabschiedet haben, treffen wir hier wiederum auf die energetischen, humorvollen Frührentner und Weltenbummler aus St. Gallen.
19. April, Fitzgerald National Park – St. Mary Inlet
Wetter: Blauer Himmel, warm bei 25°C und sehr windig
Silbrig-, gelb-, sattgrün… Grün in allen Nuancen, ist das grüne Einerlei, das uns auf der Fahrt durch den Fitzgerald River National Park umgibt – für uns keinesfalls monoton. Mal sind die Blätter klein, mal langgliedrig, mal dünn, mal dick, mit oder ohne Stacheln …. Mann/Frau muss sich einfach Zeit nehmen richtig hinzuschauen und ab und zu gibt es auch einen Farbtupfer.
Nach knapp 60 km grösstenteils guter Wellblechpiste begrüsst uns am St. Mary Inlet ein traumhaft weisser Sandstrand vor türkisfarbenem durchsichtigem Meer. Von Mai bis September können hier Wale und Delphine beobachtet werden. Wie wir diese Kulisse durchstreifen, wird alles in mir plötzlich ganz ruhig und gelassen, ein herrliches Gefühl. Nicht einmal die Kängurus, die plötzlich vor uns stehen können uns einen Schrecken einjagen.
Am Abend, als wir von der Toilette zurückkehren, tauchen wiederum unvermittelt ein grösserer und ein kleinerer Schatten neben uns auf. Mutter- und Baby-Känguru sind neugierig und wollen uns komische Menschenwesen etwas ausspionieren. Nach einer Weile werden dem Baby die Fotokameras etwas zu langweilig, und es wendet sich der Milchdrüse im Beutel seiner Mutter zu.
Bonne Appetit et bonne nuit!
20. April, Fitzgerald NP – Ravensthorpe – Esperance
Wetter: Blauer Himmel, warm bei 32°C
64 km Wellblech-Piste, davon 15 km unglaublich schlecht, bringen uns zurück zum South Coast Highway. Wie ein Milkshake wurden wir nach allen Regeln der Kunst so richtig durchgeschüttelt. Hannibal und der fahrende Monkey haben auch diesen Test mit Bravour bestanden. Zeit um die uns umgebende Natur anzuschauen, blieb uns wenig und doch ist uns eine Pflanze aufgefallen, die wir vorher noch nie gesehen haben. Sie ist grobblättrig und gleicht einem aufgeschossenen Kohl (Royal Haeka Victoria).
Kaum sind wir wieder auf dem Highway, dehnt sich auf der nächsten 290 km langen Gerade links und rechts der Fahrbahn der Wheatbelt aus. Anhand der abgeernteten Felder bzw. der zurückbleibenden Stoppeln mutmassen wir, dass hier Raps angepflanzt wurde. Anstelle der Schafe „grasen“ hier vermehrt schwarze Rinderherden die Felder ab. Was mögen sie hier noch finden, fragen wir uns.
In Ravensthorpe schliessen wir unseren Silo-Trail mit den sehr ansprechenden „Murals“ des holländischen Künstlers Amok Island ab. Die 25 m hohen Silos thematisieren die verschiedenen Lebensphasen der einheimische Pflanze Banksia baxteri, 450 l Farbe und 31 Tage wurden dafür benötigt. Jetzt, im australischen Herbst sind nur noch die ausgedorrten Blütenstände zu sehen.
Nach rund 6 Stunden Fahrt – unser Sitzleder wurde heute ziemlich beansprucht – erreichen wir das kleine Städtchen Esperance, dessen Erkundung bis morgen warten muss.
21.4. – Esperance
Wetter: Blauer Himmel, warm bei 28°C
Sonntag, ein Ruhetag. Ein Tag, um sich zu sammeln, Wäsche waschen, Homepage auf Vordermann bringen … Langweilig wird der Reisealltag nie 😉
Am späten Nachmittag schlendern wir entlang der hübsch angelegten Promenade zum Tanker Jetty und über den Museums Park, der ein paar historische Häuser zeigt, wieder zurück zum Camping.
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