13. – 31. Mai: Marble Bar – Eighty Miles Beach – Broome – James Price Point – Birdwood Downs – Bell Gorge – Lennard Gorge – Mt. Hart Station – Windjana Gorge – Halls Creek – Tanami Road – Alice Springs
Das Wichtigste in Kürze:
In Broome erleben wir am Cable Beach bis dato die schönsten Sonnenuntergänge. Der James Price Point, auf halben Weg in Richtung Cape Leveque (Dampier Peninsula), verschlägt uns mit seiner rauen Schönheit die Sprache. Wir entdecken majestätische Affenbrotbäume auf der Birdwood Downs Station und geniessen halbwegs geniessbare «Bangers» (Würste) am Lagerfeuer. Die Kimberleys leiden immer noch unter den Folgen der letztjährigen/diesjährigen Regenfälle. Wir entscheiden uns deshalb, nur bis zur pittoresken Bell Gorge und der rauen Lennard River Gorge zu fahren. Auf der Mt. Hart Station bekommen wir das beste Nachtessen serviert, das wir je in Australien gegessen haben. In Hall Creek verbringen wir mit mässigem Erfolg sechs Tage beim Goldsuchen. Das wahre Gold ist hier aber die Natur. Auf der Tanami Road werden wir vom Regen und von einer nie enden wollenden Schlammschlacht überrascht. Mit knapper Not schaffen wir es, trotzt aller Widrigkeiten nach Alice Springs zu gelangen.
13.5. – Eighty Miles Beach
Wetter: Blauer Himmel bei 30°C
Wir verlassen Marble Bar Richtung Shay Gap (115 km nordwestlich von Marble Bar), wo noch in den 70er Jahren 850 Menschen in einer Minenstadt lebten. Hier wurde Eisenerz abgebaut, bevor die Stadt durch einen Zyklon zerstört wurde. Die noch intakten Bauten bzw. Bauteile wurden rückgebaut und abtransportiert. Nichts mehr erinnert an eine Siedlung. Umschauen können wir uns nicht, da ein aktuelles Schild einer Minengesellschaft den Zutritt für unberechtigte verbietet.
Hat sich unsere Routenwahl über eine gut ausgebaute Gravel Road gelohnt? Ja, durchaus. Vor allem kurz vor dem „The Grey River“ bis 20 km nach Shay Gap fahren wir durch eine interessante Hügellandschaft. Zum Glück geht es auf den Winter zu, im Sommer erreichen die Temperaturen auch hier fast 50 Grad.
Für die Nacht stoppen wir im Eighty Mile Beach Caravan Park. Unter Bäumen mit einer erfrischenden Brise verbringen wir den Nachmittag, bevor wir zu einem Abendspaziergang zum hübschen Strand gehen. Schwimmen ist wegen Krokodilen, Quallen, Schlangen und Haien verboten
14. – 15.5. – Broome – Cable Beach
Wetter: Blauer Himmel bei 30°C
Die Fahrt von Eighty Mile zum Cable Beach in Broome (375 km) birgt keine Highlights. Broome hat sich seit unserem Besuch vor 20 Jahren stark entwickelt, doch der Cable Beach bei Sonnenuntergang ist schlichtweg atemberaubend.
Heute planen wir die nächsten Etappen, bei denen wir die aktuellen und auch die Unwetter der letzten Jahre in den Kimberley‘s berücksichtigen müssen. Ende 2022 wütete ein Zyklon über den Kimberley’s, worauf heftige Regenfälle zu schweren Überflutungen führten. Viele Touristeneinrichtungen konnten bis heute nicht wiedereröffnet werden.
Nach einer Betrachtung der Gesamtlage entscheiden wir uns, nur den westlichen Teil der Gibb River Road zu befahren. Im östlichen Teil gilt es Flüsse mit einem Wasserstand bis zu 750 mm zu überqueren. Das ist zurzeit für uns zu viel Abenteuer!
So reservieren wir zwei Campingplätze in zwei Nationalparks entlang der Gibb River Road, entscheiden uns für einen Abstecher zu einem wilden Campingplatz Richtung Cape Leveque und für ein Bushcamping auf einer Farm.
16.5. – Cape Leveque – James Price Point
Wetter: Blauer Himmel bei 30°C
Heute werden wir reich beschenkt. Der wilde Stellplatz am James Price Point ist atemberaubend schön. Nicht nur im Abendlicht leuchten die orangeroten Sandklippen vor weissem, feinen Sand und strahlend blauem Meer beinahe kitschig. Zudem haben wir links und rechts sehr grosszügige und sympathische Nachbarn. Das französische junge Paar in Begleitung eines jungen Mannes aus Sri Lanka offeriert uns einen feinen Curry und kurz darauf überrascht uns ein Schweizer Paar mit weissen Bohnen und Pelati sowie einem Rezept zur Zubereitung.
Mit beiden Paaren tauschen wir stundenlang Erfahrungen aus und mit Larissa und Benj jassen wir in gut schweizerischer Manier bis spät in die Nacht, ca. 22.30. Normalerweise gehen wir wie die Australier früh zu Bett, da sich bereits vor 18:00 dunkle Nacht breitgemacht hat. Dementsprechend früh löschen wir die Lichter.
Birdwood Downs
17.5. – Birdwood Downs Station
Wetter: Blauer Himmel mit wunderschönen Wolken durchsetzt, bei 30°C
Die Fahrt Richtung Norden ist eher monoton. Begeisterung lösen jedoch die für den tropischen Norden so typischen Termitenhügel und die für die Kimberley’s prägenden Baobabs aus.
Die ausgiebige und zum Teil desaströse Regenzeit 22/23 und 23/24 lässt sich an den vielen nur einspurig befahrbaren Notbrücken und am ungewöhnlich hohen Wasserstand der Flüsse erkennen. An vielen lehmigen Stellen haben sich temporäre Pools gebildet. Unnötig zu erwähnen, dass wir den Nordwesten von Down Under noch nie so Grün gesehen haben.
Eindrücklich war unser kurze Einkaufsstopp in Derby, einer heruntergekommenen Kleinstadt. Auf der Haupteinkaufsstrasse mit vielen geschlossenen Läden lungern viele orientierungslose und betrunkene Aborigines umher. Ein apokalyptisches Bild.
Rund 20 km später tauchen wir in die ländliche Idylle von Birdwood Downs Station ein, ein exzellent geführter Betrieb mit einem tollen Campingplatz. Zu empfehlen ist neben den Bangers (Hotdog) am gemeinsamen Campfire auch der 4 km lange Spaziergang durch die Wiesen zu den Baobab-Bäumen.
Die Affenbrotbäume gibt es lang und schlank, kurz und kräftig, mit und ohne Bauch, mit und ohne Blätter, solche mit Früchten behangen und solche ohne, manche lieben die Einsamkeit als Solitär und manche schätzen ihr Dasein zu zweit oder zu dritt oder sogar zu viert, nahe beieinanderstehend, aber auch wie siamesische Zwillinge verbunden. Manche haben eine ausladende Krone, andere wiederum ragen beinahe ohne Verzweigungen gegen den Himmel. Dasselbe Muster gilt auch für die Rinde, während bei einigen ihr Kleid glatt wie ein Baby-Popo ist, ist sie bei anderen reich bestückt mit Warzen und Verwachsungen …. Der Vielfalt sind keine Grenzen gesetzt.
18.5. – Kimberley’s – Bell Gorge
Wetter: Blauer Himmel bei 32°C
Aus der einst so einsamen und sagenumwobenen, abenteuerlichen Gibb River Road (648 km lang) ist 25 Jahre später eine viel befahrene gute und breite Gravel Road geworden, auf der die Aussies lange Wohnwagen hinter sich herziehen und mit 60 – 70 Sachen über die Piste rasen. Bis 2028 soll sie vollständig geteert sein – heute sind es die ersten 120 km von Derby kommend und die ersten 33 km von Osten bis zur Abzweigung El Questro sowie alle steilen Anstiege und Abfahrten. Dementsprechend wurden die Campingplätze erweitert und die Infrastruktur verbessert: heute werden Mann/Frau Toiletten mit Wasserspülung und Duschen sowie Feuerstellen zur Verfügung gestellt.
Die Bell Gorge blieb unverändert schön, beinahe wie eine in Hollywood entworfene, kitschige Kulisse für eine Romanze.
19.5. – Kimberley’s – Lennard River Gorge
Wetter: Blauer Himmel bei 31°C
Nicht lieblich, sondern brachial ist die Lennard River Gorge. Der Weg dahin führt an
einem Bach entlang über Stock und Stein.
Der Blick von der Besichtigungsplattform in die Lennardschlucht ist beeindruckend. Die Kräfte, die zu diesem pittoresken Naturwunder geführt haben, werden dem Betrachter auf eine eindrucksvolle Weise vor Augen geführt. Heute haben wir auch das Glück, dass es Wasser hat und wir die beiden Wasserfälle sehen können. 1999 waren die Landschaft und die Fälle komplett ausgetrocknet.
Das Auge verwöhnt auch das dunkle, beinahe schwarze Doleritgestein, das ganze Hügel ja sogar Hügelketten ziert oder ab und zu in hübschen Formationen keck aus dem gelben, fast mannshohen Gras guckt.
19.5. – 22.5 – Kimberley’s- Mount Hart Wilderness Lodge
Wetter: Blauer Himmel bei 29°C
In der Mount Hart Wildernses Lodge lassen wir für zwei Tage und drei Nächte die Seele baumeln. 50 km von der Gibb River Road entfernt hat sich dieser Ort unter Aussies zu einem Geheimtipp für gehobenes Campen entwickelt. Wir denken, diese Auszeichnung gilt es etwas zu differenzieren.
Der Campingplatz ist wunderbar am Barker River gelegen, in dem man auch baden kann. Der Platz ist schattig und falls man mit Glück gesegnet ist, kann das Zelt unmittelbar am Fluss aufgestellt werden. Der Rasen wird bewässert, so dass er den allgegenwärtigen, pudrig feinen Staub etwas in Grenzen hält, falls nicht ein PS-versessener Gast seinem Fahrzeug etwas gar viel Auslauf gibt – Hannibal verhält sich hier vorzüglich und trottet mit den vorgeschriebenen 5 km/h stoisch dahin.
Ein wunder Punkt sind die etwas vernachlässigten sanitären Anlagen. Wir erhalten bereits beim Check-in den Eindruck, der Campinggast sei nicht der Zielkunde, sondern eher der Glamping- oder Homestead-Gast, der zusätzlich eine Helikopter- oder 4×4-Tour bucht. Am ersten Abend jedoch werden unsere Erwartungen weit übertroffen: ein italienischer Koch zaubert für uns einen vielseitigen und sehr sehr sehr leckeren Dreigänger. Grazie mille e viva l’Italia!
Am zweiten Tag erkunden wir die Attraktionen der Farm. Annie‘s Creek ist ein idyllisches Bächlein und wir haben es etwa eine halbe Stunde für uns, bevor es von einer geführten Gruppe heuschreckengleich überrannt wird. Nach 5 Minuten ist der Spuck vorbei und wir können uns weiter dem Plätschern und den Spiegelungen des Wassers hingeben. Wir entdecken einen gewaltigen Baobab, einen Steinwurf vom Bach entfernt, der einst von den Aborigines als Versammlungsort gebraucht wurde. Er bietet einer grossen Ansammlung genügend Schatten.
Bei der Matthew Gorge sind wir etwas zu spät. Die Sonne hat sich grösstenteils zurückgezogen. Dennoch sind wir von der ursprünglichen Schönheit dieser Schlucht hingerissen. Es berührt und fasziniert uns immer wieder, wie viele Kleinode sich in dieser auf den ersten Blick harschen und menschenfeindlichen Natur finden.
22.5 – Kimberley’s – Windjana Gorge
Wetter: Blauer Himmel bei 29°C
Windjana Gorge, ein trocken gelegtes Korallenriff, das vor 360 Millionen Jahren entstanden ist. Heute geprägt von Sedimenten, Faltung und Erosion. Beim Nachvollziehen dieses Prozesses erhitzen sich unsere Gehirnwindungen. Beim Schreiten durch und entlang der Schlucht verschlägt es uns vor Staunen die Sprache. Selbst das Süsswasserkrokodil sinniert auf dem Felsen ruhig vor sich hin.
Es lohnt sich auf dem NP-Campingplatz mit sauberen Duschen und Wasserklo eine Nacht zu verbringen. Die Atmosphäre, das dunkle Riff vor den sanft wogenden, gelben Grashalmen sowie der Sternenhimmel sind hier einmalig schön.
23.5 – Shire of Halls Creek – Mimbi Caves
Wetter: Blauer Himmel bei 31°C
Bombastisch sind die 50 km Fahrt am Devonian Reef entlang – zu dem auch die Windjana Gorge gehört – Richtung Tunnel Creek bzw. Süden.
Diese Strecke sind wir noch nie gefahren. Zum Glück tuckern wir heute durch diese so alte und so wunderschöne Landschaft, entlang des einstigen Meeresgrundes. Das im Morgenlicht, hellgrüne Gras sowie die silbrig bis rot glänzenden Stämme der Baobabs vor dem dunklen oder auch roten scharfkantigen Korallenriff machen die Landschaft lieblich. Die Natur ist wieder einmal das beste Vorbild für ein perfektes Projekt eines Landschaftgärtners.
Die rund 160 km Fahrt auf der Northern Highway sind bis kurz vor der Abzweigung zu den Nimbi Caves, wo wir am frühen Nachmittag eintreffen, monoton und langweilig. Die Touren zu den Höhlen sind heute und morgen ausgebucht. Schade.
Das neu angelegte kleine Camping ist hübsch, bietet jedoch ausser im Camping-Küchenbereich kaum Schatten. So vertreiben wir uns den Nachmittag mit der Zubereitung eines Couscous-Salats, den wir selbstverständlich auch verspeisen, und lümmeln sonst noch etwas herum, bevor sich neben Hannibal ein genügend breiter Streifen Schatten gebildet hat, um die Zeit bis zum Abend zu verbringen.
Das Himmelszelt fährt heute mit einem stark leuchtenden Vollmond auf, der die Sterne verblassen lässt. Dafür werden wir mit zwei grossen Sternschnuppen belohnt. Wir können stundenlang Richtung Himmel schauen, ohne den geringsten Anflug von Langeweile.
24. – 27.5. – Shire of Halls Creek – Elvire River: Goldprospecting
Wetter: Blauer Himmel bei 31°C
Magisch. This is the place to be!
Von weitem ist die Landschaft paradiesisch schön. Doch sie weiss ihre Lieblichkeit gut zu schützen mit Bachbetten, die sich tief in die hügelige Landschaft eingefressen haben und zu Fuss und mit Hannibal fast unüberwindbar werden. Mehr dazu später.
Was macht eine „Goldsprospecting-Witwe“ mit dem Tag? Sich langweilen? Mit Nichten! Am ersten Tag studiere ich die Unterlagen zu der im Juli startenden CSR-Tour (Canning Stock Route). Dieser Viehtrieb-Track zwischen Wiluna und Halls Creek ist mit 1800 km der längste und abgelegenste der Welt. Damit dieses Unterfangen für Tier und Mensch überhaupt möglich wurde, mussten zuerst 52 Brunnen ausgehoben werden.
Am zweiten Tag mache ich Inventur von unseren Lebensmittelvorräten, berechne anhand der letzten Einkäufe den Verbrauch, erstelle einen Menüplan für 29 Tage und die entsprechende Einkaufsliste.
Was macht ein Goldsucher während zwei Tagen? … Ja eben … Gold suchen! Einfacher gesagt als getan. Die hüglige Landschaft verbirgt tiefe Schluchten, oft verdeckt von hohem Gras. Man muss sehr aufpassen, um nicht zu stolpern und zu stürzen. In dieser Gegend wurden Unmengen von alluvial Gold gewonnen. Davon ist nichts mehr übriggeblieben. Ich habe stundenlang den Detektor geschwungen … ein paar Nägel, die zerschmetterten Teilen von Gewehrkugeln und die allgegenwärtigen Bier- und Sardinen-Dosen bildeten die magere Ernte. Wenn man sieht wie die Pioniere und die, die danach gekommen sind, «sauber» gearbeitet haben, kommt man schon ins Grübeln. Wie ist es möglich, dass nichts mehr zu finden ist? Nicht einmal ein Krümelchen! Es handelt sich hier nicht um einen Tisch, den man sauber abwischen kann … es gibt Felsen, Bäume, Steine … die Oberfläche ist nicht glatt … im Gegensatz.
Ich muss mich damit abfinden … es ist einfach so. Dafür habe ich das Privileg, hier zu sein und dem zu frönen, was ich liebe. Wäre es einfacher, wäre keine Spannung da.
Nach dem Abendessen steigen Fabrizio und ich auf einen Hügel und dokumentieren mit Fotos die spektakulären Farben, die wunderbaren Bauwerke der Termiten und die den Himmel zierenden Wolken kurz vor Sonnenuntergang. Die Aufnahmen sind gut, die Wirklichkeit um vieles besser!
Übrigens die hochbegabten Architekten, die Termiten, sind nicht mit den Ameisen verwandt, sondern haben mehr mit den Kakerlaken gemein. Nach Einbruch der Nacht wandert unser Blick zuerst zum Horizont und dann zum Himmel hoch. Wir werden Zeuge eines spektakulären Mondaufgangs. Der uns nächste Himmelskörper leuchtet die Nacht aus. Die Sterne verblassen daneben und die Satelliten sind schwer erkennbar
27.5. – Elvire River: Rückweg nach Halls Creek
Wetter: Blauer Himmel bei 31°C
Der Weg zurück in die Zivilisation testet Hannibal and the Monkeys. Die steilen Passagen in die Bachläufe hinein haben es in sich und wir bleiben stecken. Zuerst muss ein Baum gefällt werden und dann dreht das rechte Vorderrad leer im Sand, während Hannibals Po in der Böschung aufsitzt und das Drehen seiner Hinterräder ausbleibt.
Es braucht mehrere Versuche, das Einschalten der vorderen und hinteren Differentialsperren sowie das Ausbuddeln der Vorderräder, um den steilen Winkel etwas auszuweiten. Das Dreamteam meistert erfolgreich diese missliche Lage.
Sind wir etwa zu weit an unsere Grenzen gegangen? Was einen möglichen Sachschaden angeht JA. Unser Leib und Leben war jedoch nicht in Gefahr. Wir waren etwa 5-6 km von einer viel befahrenen Piste entfernt und wir haben auch ein Notsignal, das wir von unserem GPS senden können, worauf ein Suchtrupp losgeschickt wird (… werden sollte). Danach stoppen wir zur Entspannung bei einer historischen Goldmine und bei der sogenannten China Wall, einer an den Tag getretenen Quarzader.
In Halls Creek betanken wir Hannibal mit Diesel und Wasser für die nächsten 5-6 Tage entlang der Tanami-Piste bis Alice Springs.
27. – 29.5 – Tanami Road: Goldprospecting
Wetter: Blauer Himmel bei 31°C
Heute und morgen stehen Bewegungstage an. Fabrizio schwingt seinen Detektor an einem neuen Ort (vielleicht wird er fündig) und ich bin ihm auf den Fersen, beobachte die im Wind sich wie ein Streichquartett sich bewegenden Grashalme des Spinifex, die Gesteine, die aus dem Spinifex aufgescheuchten Vögel, Eidechsen und Heuschrecken … und natürlich auch die winzig kleinen Blütenstände der uns umgebenden Flora, die nur auf eine Entdeckung warten.
Gespannt warte ich auf Fabrizios Pickelgeräusche. Denn die frischen sogenannten „detector holes“ (mit Pickel ausgehobene Löcher) sind der Beweis für kürzlich gemachte Funde. Während ich entlang ungezeichneter Pfade schreite, meditiere ich zu Lebensfragen, sinniere über Freundschaften, Bücher …
Zurzeit lesen wir den berührenden Roman „Jasper Jones“ von Craig Silvey – ein Geschenk von Fridja, an dieser Stelle nochmals ein herzliches Dankeschön. Es ist eine australischen Huckleberry Finn Geschichte, feinfühlig und von einer grossen Sprachgewalt. Und dann wiederum rankt sich eine feine Staude gegen den Himmel mit Blüten kaum so gross wie eine Stecknadel. Um hinter die Geheimnisse der australischen Natur zu kommen, braucht es Zeit und Geduld.
Zeit und Geduld braucht auch Fabrizio. Die Erde will und will nicht ihre Schätze preisgeben. Er findet zwar Schrottkugeln, Draht, Teile von Konservendosen, aber kein Edelmetall.
Und dann am 29.5 um 10:15 ist es soweit: Hipp Hipp Hurra, das erste Nugget und in den nächsten 1 1/4 Stunden folgen weitere 5 (auf einer Fläche von nicht einmal fünf Quadratmetern). Die Belohnung für Geduld und Hartnäckigkeit! Uns so wie das Gold gekommen ist …. Ist es schon wieder weg. Wir nehmen am Nachmittag die gleiche und die umliegende Fläche nochmals akribisch unter den Detektor … nichts. Ich bin vom vielen Laufen und Detektor-schwenken müde … bei mir ist nach sechs Tagen die Luft raus. Ich höre auf … aber wir kommen in einem Monat zurück, geladen mit neuer Neugierde und Energie.
Wir packen Hannibal und gönnen uns den letzten Abend in der Wildnis. Das Wetter verheisst nichts Gutes. Die ersten dunklen Wolken sind im Anmarsch, die Fliegen spüren das und sind besonders lästig. Dafür bleiben die Moskitos fast aus.
Während der Nacht regnet es bereits. Er kommt in Schüben, einmal leise, einmal kräftig. Wir sind über die morgige Fahrt nach Alice Springs besorgt. Ein schlechtes Omen, das sich leider bewahrheiten wird.
30. – 31.5 – Tanami Road nach Alice Springs
Wetter: Dunkler Himmel, danach starker Regen bei 18°C
Sind wir heute zu weit an unsere Grenzen gegangen? Die Antwort lautet eindeutige JA. Unser Leib und Leben waren nicht unmittelbar in Gefahr, jedoch konnten wir nur mit viel Glück einen groben Sachschaden vermeiden.
Wir haben einige Regeln verletzt. Bevor man eine über 1000 km lange, kaum besiedelte Strecke unter die Räder nimmt, sollte man die Wettervorhersage überprüfen und sich bei den lokalen Stellen über den Strassenzustand informieren. Unsere Prognose war vier Tage alt und die Qualität der Piste extrapolierten wir aus unserer Erfahrung von 1999, wo der Tanami sich in einem exzellenten Zustand präsentierte und der in den letzten zwei Monaten sich gefestigten Beurteilung, dass alle Hauptpisten sehr sehr gut unterhalten werden. Dies war ein grosser Irrtum, wie sich herausstellen sollte.
Nach einer Nacht mit etwas Nieselregen und noch am Morgen tief hängenden Wolken hätten wir nie aufbrechen dürfen. Doch Regen war nach der alten Vorhersage erst am übernächsten Tag angesagt … so fahren wir los.
In den frühen Morgenstunden kreuzen wir innerhalb von 2-3 Stunden 15 4×4, einige mit schweren Wohnwagen im Schlepptau und zwei Roadtrains. Dies besänftigt unser ungutes Gefühl und wir folgern daraus, dass es nur an unserem Ende der Piste etwas geregnet hat. Eine weitere Fehlannahme.
Nach etwa 7 Stunden Fahrt treffen wir auf einen von der Strasse gekippten LKW mit vier Anhängern. Unsere inneren Alarmglocken beginnen wieder zu klingeln … was ist passiert? War zu schnelles Fahren oder Unaufmerksamkeit der Grund? Wohl kaum, wie wir etwas später selber herausfinden werden.
Wir fahren nach einer längeren glitschigen Schlammpassage auf einen Damm. Rundherum soweit das Auge reicht Wasser. So etwas haben wir im sonst knochentrockenen Landesinneren von Australien noch nie gesehen. Und auf einmal wird uns bewusst, dass uns seit längerer Zeit kein Fahrzeug mehr entgegengekommen ist.
Was nun? Umkehren? Dafür sind wir schon zu lang gefahren. Der Himmel in Richtung Westen ist rabenschwarz. Wir setzen die Fahrt Richtung Osten fort. Die nächsten 250 – 300 km sind eine einzige Schlitterpartie, wie auf Eis, aber im Schlamm. Einmal dreht Hannibal eine 360-Grad Pirouette am abfallenden Pistenrand. Hannibal drohte zu kippen … uiuiui
Was nun? Umkehren? Zu gefährlich! Wir müssen aus dieser Situation herauskommen, bevor es noch heftiger zu regnen beginnt – zurzeit tröpfelt es leicht. Nach 5-6 Stunden ohne Gegenverkehr sichten wir ein Fahrzeug. Wir stoppen es. Der Fahrer ist der Flughafenmanager der immensen Granite Mine. Er rät uns dringend weiterzufahren. Die Wetteraussichten sind sehr schlecht und er meint, dass die Piste morgen nicht mehr befahrbar ist und wir im Schlamm stecken bleiben werden. Einen Lichtblick gibt es, die geteerte Strasse ist nur noch 180 km entfernt.
Die 180 km – wir sind schon über 9 Stunden unterwegs – werden zu einem einzigen Höllenritt. Es ist ein Rennen gegen das Wetter, die Dunkelheit und den Strassenzustand.
Nach knapp drei Stunden erreichen wir entkräftet den Asphalt. Noch eine weitere Stunde vergeht, bevor wir einen geeigneten wilden Stellplatz finden. Nach über 13 Stunden schalten wir den Motor aus und geben uns und Hannibal die mehr als überfällige Nachtruhe. Mittlerweile hat es kräftig zu regnen begonnen.
Am nächsten Morgen muss ein deftiges Frühstück her. Im 55 km entfernten Roadhouse sind wir die ersten Gäste. Fabrizio erfreut sich an zwei Steaks mir drei Spiegeleiern und Toast und ich an einer Omelette mit Instantkaffee.
Ereignislose drei Stunden später sind wir in Alice Springs, schrubben eine Stunde Hannibal sauber und stocken unsere Lebensmittelvorräte auf. Nach diesem Stress benötigen wir für unsere Nerven eine Pasta Bolognese und eine gute Flasche Wein.
Wir versprechen uns von nun an vorsichtiger zu sein. Mit der Natur in Down Under ist nicht zu spassen!
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