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Valderrobres: der Bischofspalast
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  • Beitrag zuletzt geändert am:Februar 3, 2025
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Spanien 2022: Reisetagebuch

3. - 11. Mai

Tarragona - Valderrobres

 

Das Wichtigste in Kürze:

Unser Besuch bei Ursula und Peter in deren Ferienhaus in Cambrils, wo wir nach Strich und Faden mit lokalen Köstlichkeiten verwöhnt werden. Die langen Fussmärsche im «Parc Natural de la Serra de Montsant» rund um Ulldemolins. Das Burgdorf Siurana, das auf einem Felsenvorsprung wie ein Adlerhorst liegt. Ein von rotem Mohn durchsetztes Getreidefeld auf dem Weg nach Valderrobres. Die Altstadt von Valderrobres mit ihrem monumentalen Bischofspalast und der gotischen Kirche «Santa María la Mayor».

 

 

Dienstag – Mittwoch 03. – 04. Mai: Cambrils
Wetter: Aprilwetter (sonnig alternierend mit Regenschauern). Der lästige kalte Wind folgt uns weiterhin wie ein hungriger herrenloser Hund.

Temperatur: 9 – 21°C

Cambrils, ein im Frühling noch verschlafener Ferienort an der Küste. Kilometerlange Strände zum Teil gesäubert, zum Teil naturbelassen und gesäumt von Ferienanlagen mit noch herunter gelassenen Jalousien. Vereinzelt promenieren verlorene Touristen und Einheimische mit Ihren Hunden an der Uferpromenade. Die geöffneten Geschäfte und Restaurants buhlen um ihre Gäste. Kellner und Kellnerinnen stehen mit der Menükarte ihres Restaurants auf dem Trottoir und versuchen die vorbeilaufenden Touristen von den Vorzügen «ihrer» Küche zu überzeugen.

Gänzlich verlassen ist der alte Kern von Cambrils. Der Mercat ist bereits um 13.00 geschlossen und viele Geschäfte scheinen ihre Geschäftstätigkeit eingestellt und die Tore und Fenster für immer verbarrikadiert zu haben. Eine Entwicklung, die sich vor allem im Zuge von Corona, in den historischen Zentren beschleunigt zu haben scheint. Darüber hinweg tröstet uns auch das vorzügliche und preiswerte Menü in einem italienischen Ristorante nicht.

Das eigentliche Highlight ist jedoch unser Besuch bei Ursula und Peter, deren Ferienhaus sich in einer rund 50-jährigen Migros-Siedlung, die von Hotelplan gebaut wurde, befindet. Hier werden wir nach Strich und Faden mit lokalen Köstlichkeiten verwöhnt: grillierte Spargeln mit Mandeln, dann leckere Gambas a la Plancha gefolgt von einem Pulpo-Risotto und zum Abschluss Schokolade Mandeln und Flûtes. Que Rico! Nach angeregten Gesprächen und vielen Informationen über die lokalen Gegebenheiten machen wir uns zu Fuss auf den Nachhauseweg. Hannibal wartet im luxuriösen Camping la Llosa auf uns.

 

Donnerstag – Montag 05. – 09. Mai
Wetter: Schleierwolken am frühen Morgen, dann sonnig mit vorüberziehenden Wolken, Temperatur: 10 – 23°C (es wird merklich wärmer … endlich!)

Als wir diese Zeile schreiben, befinden wir uns bereits in der Nähe von Valderrobres (Hauptort der Comarca Matarraña Franja de Aragón am Rio Matarraña). Wir haben die letzten 4 Tage im «Parc Natural de la Serra de Montsant» verbracht. Ulldemolins mit seinem gemütlichen Campingplatz «Montsant Park» war unsere Basis, von der aus wir die Umgebung in teilw. langen Fussmärschen erkundet haben.

Die Landschaft ist von Rebbergen (wir befinden uns im Weingebiet von Montsant an der Grenze zum berühmteren Priorat), Mandeln- sowie Haselnussplantagen und den unverzichtbaren Oliven Heinen geprägt. Vor Ulldemolins erstreckt sich eine Talsenke, die von Bergen mit fast senkrechten Felsformationen «umzingelt» ist. Ein Paradies für Kletterer! In der Mitte hat sich der Fluss Riu de Montsant in Jahrmillionen eine tiefe Schlucht «gefräst». Am Freitag erwandern wir diese Schlucht auf einer Gesamtlänge von 10 km (nur Hinweg!) bis zum Congost de Fraguerau. Bizarre Felsenformationen formen die Wände der Schlucht. Sie erinnern uns je nach Ausprägung an die zwiebelförmigen Dächer von russisch-orthodoxen Kirchen oder an einen Turban tragenden Mauren, aber auch an gigantische Murmeln sowie an die runden, dickgewölbten Bäuche von Buddhastatuen. Wir sind allein unterwegs … den ganzen Tag treffen wir nur auf singende Vögel, pfeifende Steinböcke, quakende Frösche und surrende Insekten. Weit über den Felsen unterhält sich ein Kuck-Kuck mit einem Specht. Ob sie sich verstehen?

Grösstenteils befindet sich der Wanderweg im Schatten der Bäume und des Gebüschs. Es ist angenehm kühl. An den sonnenexponierten Stellen, versorgt uns der Fluss mit einer frischen Brise. Nach knapp 21 km kehren wir etwas «geschafft» zum Camping zurück. Die Waden schmerzen ein wenig und der Magen knurrt. Mit einer Portion «Papas Brava», zwei Tellern frischem gemischten Salat, einem grosszügigen Glas Wermuth (einer Spezialität der Gegend, die mit einem Martini mit einem Schuss Portwein vergleichbar ist) und einem Glas Bier lassen wir den Abend ausklingeln.

Nachdem wir schon am Vortag von Morera de Montsant eine haarsträubende, Kraft raubende Kletterpartie unternommen und auch abgebrochen haben (Glaube nie vollumfänglich den Wikiloc-Bewertungen) brauchen wir am Samstag ein Schonprogramm. Wir fahren ins nächste Dorf einkaufen und dann hoch zu der spektakulären Siedlung Siurana. Sie liegt wie ein Adlerhorst auf einem Felsvorsprung. Die Anzahl Parkplätze lässt uns den Touristenansturm im Sommer erahnen. Dennoch war dieser pittoreske Weiler den 16 km langen Umweg wert. 

Die Erkundung hat Spass gemacht und dem Schrittzähler-App knapp 10’000 Einheiten hinzugefügt. Tagesziel wieder erreicht! Bereits nach zweieinhalb Wochen merken wir, dass wir unser Temperament zügeln müssen. Die vielen Eindrücke und Emotionen können von uns sonst nicht verarbeitet werden. So wandern wir am Sonntagnachmittag einfach drei Stunden durch das wunderschöne Tal und lassen unsere Seele baumeln.

 

Montag – Donnerstag 09. – 12. Mai: Valderrobres und Umgebung
Wetter: Fast wolkenloser blauer Himmel.
Temperatur: 12 – 24°C

Mit dem Wochenbeginn reissen wir uns von diesem idyllischen Tal los. Als wir langsam entlang der engen und kurvenreichen Strasse gondeln, fragen wir uns, ob wir Katalonien nach knapp drei Wochen nicht zu schnell den Rücken kehren und uns Richtung Aragon mit seinen vielen (verlassenen) hübschen und geschichtsträchtigen Dörfern aufmachen. In Gedanken versunken fahren wir am ersten zur Besichtigung empfohlenen Dorf, Calaceite, nonchalant vorbei.

Mit dem Herzen sind wir erst wieder bei der Reise, als wir ca. nach 100 km auf einen Landweg abbiegen, der uns entlang von kleinen Feldern, Haselnuss- und Mandelpflanzungen führt. Wow, ein von rotem Mohn durchsetztes Getreidefeld lässt uns abrupt stoppen. Monet hätte hier seine Staffelei ausgepackt und eines seiner wunderbaren Landschaftsgemälde gemalt. Wir zücken unsere I-Phones und versuchen, die Natur auf Filme und Fotos zu bannen.

Ebenso hübsch ist das kleine an einen Hang gebaute Dorf Fresneda. Für die Grösse des Dorfes (knapp 450 Einwohner) sind die palastartigen Bauten und die Arkadengänge entlang der Hauptgasse beeindruckend. Wir geben uns aber mit der Besichtigung der Calle Mayor nicht zufrieden und kämpfen uns hinauf bis zum höchsten Punkt, wo eine zerfallene Eremita steht. Von da aus überblicken wir das verlassene Dorf. Zwischen 14.00 und 16.00 sind die Gassen leer und die Geschäfte geschlossen.  Wir rätseln, ob sich die verriegelten Fensterläden der Häuser am Abend öffnen werden oder es sich vor allem um Wochenend- oder Ferienbehausungen handelt, die erst im Sommer wieder zum Leben erwachen.

Da in Fresneda der gleichnamige, hübsche Campingplatz bis auf die letzte Reihe besetzt ist (an den Anzahl NL-Nummernschildern handelt sich hier um eine niederländische Enklave) fahren wir bis zum 10 km entfernten Valderrobres. Wir haben dieses Dorf im letzten September auf unsere Rückfahrt in die Schweiz im Regen rechts liegen gelassen und sind an ihm nachlässig vorbeigefahren.

 

Dienstag, 10. Mai: Valderrobres
Wetter: Wieder wolkenloser blauer Himmel, Temperatur: 12 – 27°C (wir kommen erstmals ins Schwitzen!)

Valderrobres wird von einem monumentalen Bischofspalast gekrönt, der mit der gotischen Kirche Santa María la Mayor über eine enge und sehr steile Treppe verbunden ist. Unzählige Stufen und steile Gassen gilt es zu überwinden bzw. hinaufzusteigen, wenn man bis zum Palast vordringen will. Man muss fit sein, um dieses aragonische Dorf zu besichtigen. Die Plaça Mayor mit dem Rathaus und mehrerer palastartigen Herrenhäuser erreicht man hingegen bequem über eine prächtige „Steinbrücke“.

Der Bischofspalast und die Kirche sind in einem sehr guten Zustand. Es sind zwar nicht sehr viele Exponate in den Räumen ausgestellt, aber ein Besuch wert sind sie allemal. Übrigens: von der Terrasse des Bischofspalasts geniesst man eine prächtige Fernsicht auf die umliegende Landschaft.

Wir haben Hunger … What else! In Elías Bodega Bar, etwas ausserhalb des Zentrums, geniessen wir zur Vorspeise eine Portion Tomatensalat, die mit einem exzellenten Olivenöl beträufelt ist, danach lassen wir uns «Confit de Pato» (Ente-Confit) und «Escabeche de Conejo» (Kaninchen mariniert) kredenzen. Beide Gerichte riechen und munden köstlich. Wir schliessen das Mittagsessen mit einer Glace aus Vanille und Jogurt mit einem «Sprutz» Honig ab.

 

Mittwoch, 11. Mai: Béceite und El Parrizal
Wetter: Wieder wolkenloser blauer Himmel.
Temperatur: 12 – 28°C

In unserem Roadbook ist für heute eine Wanderung zur Schlucht El Parrizal vorgesehen. Diese ist bekannt, da sie teilweise nur über Holzstege, die in den Felsenwänden verankert sind, zu bewandern ist. Unser niederländischer Nachbar auf dem Campingplatz macht uns aufmerksam, dass es nötig sei, ein Ticket für die Zulassung zum Wanderweg online und im Voraus zu erwerben.  Das tun wir.

Da die Holzstege eng sind, werden pro Tag nur wenige Besucher zur Schlucht zugelassen. Gegen 14:30 machen wir uns auf den Weg und besuchen zuerst das kleine Dorf Béceite, das sich gerade 6 km vor dem Schluchtzugang befindet.

Die Wanderung ist sehr schön. Unter den Holzstegen machen sich an manchen Stellen kristallklare türkisblaue Wasserteiche breit und kurz darauf strömt das Wasser rauschend unter uns hinweg. Langbeinige Insekten schweben, dank der Oberflächenspannung, auf der Wasseroberfläche. Sie scheinen Schlittschuh zu fahren. Die Sonne projiziert ihren stark vergrösserten Schatten auf den Teichgrund und lässt sie wie Wesen von einem anderen Planeten erscheinen. Die Atmosphäre ist idyllisch. Es sind wenige Besucher unterwegs, was das Kreuzen auf den Holzstegen einfacher macht. Wir wagen nicht zu denken, wie es hier im Sommer zu und her gehen mag, wenn mehr als 500 Personen zugelassen werden. Nach knapp 2 Stunden sind wir am Ende der 4km langen Schlucht angelangt. Ein kleiner Wasserfall und ein älteres belgisches Paar empfangen uns. Von hier aus ist der Wanderweg gesperrt. Hoch über unseren Köpfen sonnen sich die gezackten Bergspitzen in den letzten Strahlen der Abendsonne. Die Felszacken wirken wie die Zähne eines gigantischen Krokodiles.

Auch heute haben wir unser Ziel von 10’000 Schritten bei Weitem übertroffen. Unser Wochendurchschnitt liegt zurzeit bei 15’000 Schritten. Nicht um sonst schmerzen uns die Beine und Knie.

 

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